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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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sehen, aber das war nicht nötig.
    »Ich glaube, wir können sie heute ausnahmsweise mal wecken.«
    Margaret schlug die Decken zurück und hob das weiße Bündel aus dem Bett. Unter verschlafenen Lidern kamen langsam rauchig-braune Augen zum Vorschein.
    »Hallo!« Hanks Stimme war unsicher.
    »Hallo!« Die Antwort des Babys klang entschiedener.
    Er hatte davon gehört, natürlich, aber es selbst zu erleben, war etwas ganz anderes. Voller Eifer wandte er sich an Margaret. »Kann sie wirklich…?«
    »Natürlich kann sie, Schatz. Aber, was noch wichtiger ist, sie kann auch ganz normale Sachen, wie andere Babys auch, selbst dumme. Guck, wie sie krabbelt!« Margaret setzte das Baby auf das breite Bett.
    Einen Augenblick lang lag die kleine Henrietta da und schaute ihre Eltern zweifelnd an.
    »Krabbeln?« fragte sie.
    »Ja, ganz recht. Für deinen Vater ist das alles neu hier, weißt du. Er will, daß du ein bißchen vor ihm angibst.«
    »Dann dreh’ mich auf den Bauch.«
    »Ja, natürlich.« Zuvorkommend drehte sie das Baby um.
    »Was ist los?« Hanks Stimme war noch immer gelassen, aber sie hatte einen Unterton, der eine gewisse Spannung im Raum verursachte. »Ich hatte geglaubt, daß sie das als erstes machen, sich umdrehen.«
    »Dies Kind«, Margaret schien die Spannung nicht zu bemerken, »DIES Kind macht alles dann, wenn es das will.«
    Der Vater dieses Kindes beobachtete mit feuchten Augen, wie der Kopf sich vorreckte, der Körper sich nach oben bog und sich über das Bett schob.
    »Oh, das Schlingelchen.« Er brach in befreites Lachen aus. »Sie sieht aus wie beim Sackhüpfen. Ist mit den Armen schon aus den Ärmeln.« Er langte nach ihr und packte den Knoten am Ende des langen Nachthemds.
    »Laß nur, ich mach das.« Margaret suchte ihm zuvorzukommen.
    »Sei doch nicht albern, Maggie. Das ist vielleicht DEIN erstes Baby, aber ich habe schließlich fünf kleine Brüder gehabt.« Er schob sie lachend zur Seite und langte mit der anderen Hand nach dem Band, mit dem der eine Ärmel zugebunden war. Er löste den Knoten und tastete nach einem Arm.
    »Du zappelst so«, richtete er sich streng an das Kind, als seine Hand auf einen beweglichen Fleischauswuchs an der Schulter traf, »daß man meinen könnte, du seist ein Wurm, der seinen Bauch zum Krabbeln braucht, anstatt Hände und Füße.«
    Margaret stand dabei und schaute lächelnd zu. »Warte nur, bis du sie singen hörst, Schatz…«
    Seine Hand wanderte von der Schulter bis zu der Stelle hinab, wo er meinte, daß ihr Arm sein müßte, wanderte weiter und immer weiter, über feste kleine Muskeln, die sich wanden in dem Versuch, sich dem Druck seiner Hand zu entziehen. Er ließ seine Finger wieder zur Schulter hinauf gleiten. Mit unendlicher Vorsicht öffnete er den Knoten am Ende des Nachthemds. Seine Frau stand neben dem Bett und sagte: »Sie kann ›Jingle Bells‹ singen und…«
    Seine linke Hand tastete sich den weichen Strickstoff des Nachthemds entlang bis zu der Windel, die glatt und weich über das Hinterteil seines Kindes gefaltet lag. Keine Falten. Kein Strampeln. KEINE…
    »Maggie!« Er versuchte seine Hand von der sauberen Falte der Windel wegzuziehen, von dem sich windenden Körper. »Maggie!« Seine Kehle war ausgetrocknet, die Worte kamen mühsam, leise und rauh. Er sprach sehr langsam und stellte sich dabei den Klang jedes Wortes vor, um sich zu zwingen, es auszusprechen. In seinem Kopf drehte sich alles, aber er mußte es WISSEN, bevor er sich dem überließ. »Maggie, warum… hast du… mir nichts gesagt?«
    »Was gesagt, Schatz?« Margaret nahm die ewige Haltung der Frau gegenüber dem kindischen Ungestüm des Mannes ein. Ihr plötzliches Lachen klang wunderbar mühelos und natürlich in diesem Zimmer; jetzt war ihr alles klar. »Ist sie naß? Ich wußte es nicht.«
    SIE WUSSTE ES NICHT. Unkontrolliert fuhren seine Hände auf der weichen Haut des Babykörpers auf und ab, dem glatten, gliederlosen Körper. O GOTT, GUTER GOTT! – in seinem Kopf schwankte es, und seine Muskeln zogen sich in einem schmerzlichen Krampf von Hysterie zusammen. Seine Hände schlossen sich fester um sein Kind – O GOTT, SIE WUSSTE ES NICHT…
     
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Franziska Zinn
     

Checker sind passé
    (SCANNERS LIVE IN VAIN)
     
CORDWAINER SMITH
     
     
    Martel war wütend. Er machte sich nicht einmal die Mühe, seinen Blutdruck zu regulieren. Mehr ahnend denn sehend stapfte er durchs Zimmer. Als er sah, wie der Tisch zu Boden stürzte und
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