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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit
Autoren: Michael Crichton
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wie wir uns mit unserem gesunden Menschenverstand die Welt erklären. Sie postuliert eine Welt, in der Computer arbeiten, ohne eingeschaltet worden zu sein; in der Dinge gefunden werden, ohne daß man nach ihnen sucht. Ein unvorstellbar leistungsstarker Computer kann aus einem einzigen Molekül entstehen. Ohne die Hilfe von Drähten oder Netzwerken bewegen sich Informationen ohne Zeitverzögerung zwischen zwei Punkten hin und her. Computer stellen ihre Berechnungen in anderen Universen an. Und Teleportation — »Beam mich hoch, Scottie« — ist alltäglich und wird auf viele verschiedene Arten eingesetzt.
    In den neunziger Jahren zeigte die Quantenforschung erste Ergebnisse. 1995 wurden quantenkryptographische Nachrichten über eine Entfernung von fünfundsechzig Kilometern verschickt, was darauf hindeutet, daß im kommenden Jahrhundert ein Quanteninternet entstehen könnte. In Los Alamos maßen Physiker die Dicke eines Haars mit Hilfe von Laserlicht, das dieses Haar nie wirklich traf, sondern nur hätte treffen können. Dieses bizarre, jeder Intuition widersprechende Resultat stand am Anfang eines völlig neuen Forschungseinsatzes, dem der wechselwirkungsfreien Erfassung; »Etwas zu finden, ohne es zu suchen«, wie ich es vorher nannte.
    1998 wurde weltweit in drei Laboratorien die Quantenteleportation demonstriert: in Innsbruck, Rom und am CalTech, dem California Institute of Technology. 1 Der Physiker Jeff Kimble, Leiter des CalTech-Teams, sagte, daß man die Quantenteleportation auch auf feste Körper anwenden könnte. »Der Quantenzustand eines Objekts könnte in den eines anderen Objekts übertragen werden … Wir glauben zu wissen, wie das geht.« 4 Kimble verstieg sich natürlich nicht zu der Behauptung, sie könnten ein menschliches Wesen teleportieren, aber er sagte, er könne sich vorstellen, daß jemand es mit einer Bakterie versucht.
    Diese Quantenmerkwürdigkeiten, die den Gesetzen der Logik ebenso widersprechen wie dem gesunden Menschenverstand, haben in der allgemeinen Öffentlichkeit bis jetzt noch wenig Aufmerksamkeit erregt, aber das wird sich ändern. Nach einigen Schätzungen wird im Verlauf der ersten Jahrzehnte des neuen Jahrhunderts die Mehrheit der Physiker an diversen Aspekten der Quantentechnologie arbeiten. 5
    Es ist deshalb nicht überraschend, daß sich Mitte der neunziger Jahre einige Konzerne der Quantenforschung zuwandten. 1991 wurde Fujitsu Quantum Devices gegründet. IBM bildete 1993 ein Quantenforschungsteam unter der Leitung von Charles Bennett. 6 Bald darauf folgten AT&T und andere Firmen, Universitäten wie die CalTech und Regierungseinrichtungen wie Los Alamos, ebenso eine Forschungsfirma in New Mexico mit dem Namen ITC. Nur eine Stunde von Los Alamos entfernt, machte ITC schon früh in diesem Jahrzehnt bedeutende Schritte nach vorn. Inzwischen ist bekannt, daß ITC bereits im Jahr 1998 als erste Firma eine brauchbare, funktionierende Anlage besaß, die fortgeschrittene Quantentechnologie verwendete.
    Rückblickend betrachtet war es ein Zusammentreffen besonderer Umstände – plus beträchtliches Glück –, das ITC diesen Vorsprung in einer spektakulären neuen Technologie verschaffte. Obwohl die Firma die Position vertrat, daß ihre Entdeckungen völlig harmlos und dem Menschen nur nützlich seien, zeigte ihre sogenannte Rettungsexpedition die Gefahren nur zu deutlich. Zwei Menschen starben während einer Expedition, eine Person verschwand, eine weitere erlitt schwere Verletzungen. Die jungen Doktoranden, die die Expedition unternahmen, erfuhren es am eigenen Leibe: Diese neue Quantentechnologie, die Vorbotin des einundzwanzigsten Jahrhunderts, ist alles andere als harmlos.

Alistair I.M. Rae, Quantenpysik: Illusion oder Realität, Stuttgart: Reclam 1966. Siehe auch Richard Feynman, Vom Wesen physikalischer Gesetze, München: Piper 1990; und Rae, Quantum Mechanics, Hilger, Bristol 1986
John Horgan, An den Grenzen des Wissens, München: Luchterhand 1997. Siehe auch Gunter Stent, Paradoxes of Progress, New York: W. H. Freeman 1978.
Dik Bouwmeester et al., »Experimental Quantum Teleportation«, Nature 390 (11. Dez. 1997), 575-9.
Maggie Fox, »Spooky Teleportation Study Brings Future Closer«, Reuters, 22. Okt. 1998.
Colin P. Williams and Scott H. Clearwater, Explorations in Quantum Computing , New York: Springer Verlag, 1998. Siehe auch Gerard J. Milburn, Schrodingers Machines , New York: W. H. Freeman, 1997 und The Feynman Processor , Reading, Mass.: Perseus, 1998.
C. H.
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