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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)
Autoren: Reinhard Pelte
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werden immer abartiger, aber die Menschen auch. Wenn Sie nicht an Kidnapper, Highjacker und Terroristen geraten, dann an Trunkenbolde, Stinker, Hypochonder, Luftkranke oder hyperaktive und lärmige Typen.«
    »Sie machen Spaß, oder?«
    »Keineswegs. Da hilft nur die erste Klasse. Aber gegen die richtig Bösen hilft die auch nicht.«
    »Auf Charterflügen gibt’s keine erste Klasse«, resignierte Svenja.
    Als sie bei Rendsburg die Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal passierten, hatte der Fahrer sie mit allem bekannt gemacht, was einen Menschen mit Verstand davon überzeugt haben musste, umzukehren und zu Hause zu bleiben.
    Jung hatte die ganze Zeit geschwiegen. Er spürte, dass Svenjas Urlaubsstimmung schweren Belastungen ausgesetzt war. Sie steigerten sich, als der Verkehr nach der Vereinigung mit der A 215 aus Kiel deutlich dichter wurde, der Fahrer aber seine Reisegeschwindigkeit nicht drosselte. Es machte ihm Spaß, seine Fahrkünste und die außergewöhnlichen Fähigkeiten seines Wagens vorzuführen.
    Jungs Gefühle waren zwiespältig. Natürlich wünschte er seiner Frau eine entspannte Reise, schon aus Eigennutz. Er wusste, wie giftig sich die Atmosphäre aufladen konnte, wenn die Unzumutbarkeiten für Svenja überhandnahmen. Dann war es angebracht, sich in ihrer Nähe vorsichtig zu bewegen und kein falsches Wort fallen zu lassen. Andernfalls wurde man schnell zum Blitzableiter. Jung stand dafür zur Verfügung, einfach weil er ihr Ehemann war. Ihr Zorn hätte nicht jeden Beliebigen getroffen. Ihre anerzogene Höflichkeit und Contenance hätten das nicht zugelassen. Jung war aber in der Rolle des Blitzableiters nicht gut. Er taugte nicht dafür, weil er sich zu schnell missbraucht fühlte und zurückgab, was eigentlich besser begraben worden wäre. Sein Verhalten war nicht hilfreich, das hatte er längst begriffen. Es zu ändern, fiel ihm schwer.
    Andererseits hatte er berechtigte Bedenken, vor der Abfahrt zum Flughafen in einen Stau zu geraten. An jedem Werktag um die frühen Morgenstunden wurde in den Verkehrsnachrichten vor Staus auf der A 7 gewarnt. Jung hatte sich oft gefragt, warum dieses Phänomen nicht abzustellen war. Bei der Aussicht, jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit im Stau stehen zu müssen, hätte er sich etwas einfallen lassen. Liebten die Autofahrer etwa ihre Staupause? Er konnte nicht daran glauben.
    Ihrem Fahrer blieb nichts anderes übrig. Der Verkehr kam vor Schnelsen-Nord zum Erliegen, wie es Jung befürchtet hatte. Zu ihrem Glück reichte die herausgefahrene Zeit aus, noch rechtzeitig am Flughafen anzukommen.
    Sie waren die Letzten, für die der Schalter offengehalten worden war. Ihr Gepäck, Svenjas großer Schalenkoffer und seine geräumige Reisetasche, wurden sie ohne Ermahnungen und dumme Sprüche los. Sie atmeten erleichtert auf. Vor dem Boarding blieb genug Zeit, sich ein schnelles Frühstück zu gönnen. Svenja gab zu bedenken, ob sie nicht zuerst die Sicherheitskontrollen hinter sich bringen sollten. Auf dem Weg zum Gate würde eine Tasse Kaffee den optimalen Schlusspunkt hinter diese leidige Prozedur setzen. Zu essen gäbe es später im Flieger auch. Jung war einverstanden.
    Sie stellten sich vor den Sicherheitsschleusen an. Die Reihen waren lang. Svenja stand in der Reihe neben ihm. Sie bewegte sich schneller voran als er. Neidisch sah er zu, wie sie weit vor ihm durch die Magnetschleuse verschwand. Anschließend nahm eine junge Sicherheitsbeamtin sie unter ihre Fittiche.
    Jung wandte sich ab und wartete geduldig in der Schlange. Endlich stand er an dem Fließband und packte seine Utensilien in den bereitstehenden Container. Als er ihn auf dem Fließband hinter der schwarzen Schürze des Durchleuchtungsofens verschwinden sah, erinnerte ihn das Bild an eine Feuerbestattung, der er vor einiger Zeit beigewohnt hatte. Eine von Wichtigkeit durchdrungene Stimme schreckte Jung aus seinen Erinnerungen.
     
    »Legen Sie den Gürtel ab, Sir.«
    »Was?«
    »Gürtel ab, Sir.«
    Was sollte dieses affige ›Sir‹ , fuhr es Jung durch den Kopf. Waren sie hier in Heathrow oder in Fuhlsbüttel? Jung sah die Stimme an. Sie gehörte einem Kaugummi kauenden Glatzkopf ohne Hals, der in einer äußerst knapp sitzenden Uniform steckte. Jung konnte sich nicht bremsen und wurde wütend.
    »Die Scheiße, die Sie reden, wird auch nicht besser, wenn Sie ein ›Sir‹ dranhängen.«
    »Legen Sie den Gürtel aufs Band, Sir.«
    Jung gab auf und löste seinen Gürtel. Zum Glück trug er Jeans, die auch
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