Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)

Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)

Titel: Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
Autoren: Aaron E Lony
Vom Netzwerk:
durchschritten, war er stehen geblieben und hatte sich umgedreht, um zu warten. Unmittelbar, nachdem er Chrissie den Turm hat hinauf hasten sehen, drehte er sich der vordersten Bankreihe zu. Sein Blick fixierte einen blondhaarigen Jungen, der vielleicht gerade sechzehn Jahre alt war.
    „Hol sie mir!“, zischte er ihn an. Sekunden darauf verschwand der Junge lautlos hinter der Tür.
    Anfangs versuchte Chrissie keine Geräusche zu verursachen, doch mit jeder Stufe, die sie hinter sich ließ, stärkte sie das Gefühl, ihrer Freiheit ganz nahe zu sein. Aber mit jeder Stufe, die sich weiter empor wendelte, wurde ihr bewusst, dass sie sich im Kirchturm befinden musste. Ihre Lunge begann schon vor Anstrengung zu schmerzen, als der sternenklare Nachthimmel vor ihren Augen auftauchte. Im selben Moment, in dem sie die letzte Stufe erreicht hatte, sah sie Rons verstümmelten Körper an der Brüstungsmauer lehnen. Die Armstummel waren auf den Boden gesetzt, so als würde er sich darauf abstützen. Sein halbes Gesicht war dem Treppenaufgang entgegen gerichtet, die aufgerissenen Augen starrten sie an.
    Chrissie war entsetzt! Sie wollte schreien, einfach losschreien, aber kein Ton, keinen Laut, nichts brachte sie hervor. Obwohl Rons Gesicht zu einer Fratze verunstaltet war, erkannte sie ihn wieder! In ihrem Blickwinkel sah sie die abgerissenen Hände, die auf die Brüstung genagelt waren. Langsam wanderte ihr Blick von Ron auf die Brüstung. Plötzlich vernahm sie ein leises Knarren hinter sich.
    Jäh fuhr sie herum. Die blonden Haare des Jungen tauchten aus dem Dunkel des Turmes auf. Verwirrt blickte sie von ihm auf die Brüstung – und auf die Bäume, deren Baumwipfel sie in gleicher Höhe, etwas weiter entfernt, abzeichneten. Zögernd wich sie einige Schritte zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    „Niemals“, zischte sie ihm entgegen, drehte sich blitzschnell um und stürmte die wenigen Schritte zur Brüstung. Sie wollte sich darüber stürzen, den Tod diesem unmenschlichen Ritual vorziehen.
    „Spring nicht“, vernahm sie auf einmal seine sanfte Stimme. Überrascht drehte sie sich um. Er war stehen geblieben. Einfach stehen geblieben und sah sie nur an.
    „Nicht in den Tod“, sprach er weiter. „Er wird mich töten, wenn ich nicht das tue, was er von mir verlangt.“
    Chrissies Kopf bewegte sich hin und her, aber sie erwiderte nichts.
    „Ich bitte dich, spring nicht“, wiederholte er, seine Stimme zitterte dabei. „Ich will nicht sterben. Ich will leben.“
    „Weißt du, was er von mir will?“, fragte Chrissie leise.
    „Er will ein Kind von dir“, kam es ebenso leise zurück.
    „Weißt du auch, was das für mich bedeutet?“ Chrissie konnte nicht anders. Sie kam ihm einen Schritt entgegen.
    „Er wird nicht nur mich töten“, entgegnete er, wobei sich sein Kopf senkte, so dass sie seine Augen nicht mehr sehen konnte. „Uns alle wird er umbringen.“ Ein leises, kaum hörbares Schluchzen drang aus ihm hervor. „Er hat uns versprochen, wegzugehen, wenn dies geschehen ist.“ Langsam richtete er seinen Kopf wieder auf. „Bitte – bitte tu es nicht.“
    Chrissies Atem ging schwer. Sie wusste nur zu gut, dass es so sein wird. Nun lag es an ihr. In ihrer Hand, in ihrer Entscheidung lagen viele unschuldige Menschenleben.
    „Wie heißt du?“, fragte sie, in dem sie ihn mit offenen Augen anblickte.
    „Harold“, kam es schwermütig zurück.
    „Was soll ich tun, Harold?“, fragte sie leise, doch gut verständlich. „Soll ich jetzt da hinuntergehen und mich von diesem Scheusal vergewaltigen lassen? Soll ich das tun?“
    „Und wir?“, schluchzte Harold nur und sah auf Ron. Unweigerlich folgte sie seinem Blick und sie musste an ihren Vater denken, an Arnold Larsen und an Henriece, und an all die anderen, die bestimmt alles versuchen würden, sie zu finden – sollten sie noch am Leben sein.
    „Wenn Gott es so will, dann soll es geschehen“, sagte Chrissie nach einer Weile.
    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und wandte sich Harold zu, der sie erwartungsvoll anblickte. „Er soll mich haben“, flüsterte sie nur noch, schritt an ihm vorbei dem Treppenabgang entgegen. „Was hab ich denn noch zu verlieren?“ Ein tiefes Schluchzen drang aus ihr hervor, als sie ihren Fuß auf die erste Stufe setzte.
    Unheimlich still war es in der Kirche und alle konnten sie das Knarren der Holzstufen vernehmen, das mit jedem Tritt, den Chrissie ihrem Schicksal näher kam, lauter wurde. Harrys Blick war unentwegt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher