Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted
Autoren: Jessica Verday
Vom Netzwerk:
»Das bist du«, flüsterte ich. Er trug ein kariertes Hemd und eine braune Hose und sein breites Lächeln gab den Blick auf eine große Zahnlücke frei. »Ich hatte recht. Hinreißend.«
    Er drehte sich zu mir und lächelte genauso wie auf dem Foto. Ich kicherte. »Ich hab’s gewusst, du bist noch immer neun!«
    Caspian nickte und fuhr noch einmal mit der Hand über das Glas. »Kommt mir vor wie eine Ewigkeit.« Seine Stimme klang wehmütig, doch dann änderte sie sich abrupt. »Ich muss dir noch etwas zeigen. Draußen.«
    Wir gingen hinaus und er führte mich zu einem kleinen, umzäunten Spielplatz. Er war ziemlich schäbig und offenkundig nicht besonders gut gepflegt. An dem rot-gelben Klettergerüst blätterte die Farbe ab und es gab nur zwei Schaukeln mit rissigen Holzbrettern. In einer Ecke des Spielplatzes stand eine kleine Zuschauertribüne, die aus schlichten Brettern zusammengezimmert worden war. Von dort aus konnte man einen Baseballplatz überblicken.
    Caspian führte mich dorthin.
    Er bückte sich und sah unter einen Sitz in der ersten Reihe. »Hier.«
    Ich bückte mich und entdeckte einen Wirrwarr aus eingeritzten Initialen unter der Sitzfläche. Nur mit Mühe erkannte ich ein CV. »Du warst hier«, sagte ich. »Ich sehe deine Initialen.«
    »Die habe ich an meinem ersten Schultag eingeritzt. Ich habe gesehen, wie ein paar ältere Jungs das Gleiche machten, und die haben mir ihr Taschenmesser geliehen.«
    »Wie alt warst du da?«, fragte ich.
    »Sechs, glaube ich. Alt genug, um eine Spur auf dieser Welt zu hinterlassen.«
    Ich fuhr mit den Fingern über das CV und nahm mir vor, dieses Gefühl, das ich dabei hatte, nie zu vergessen. Vorsichtig stellte ich die Zigarrenschachtel ab. »Zu schade, dass wir kein Messer dabeihaben. Ich würde gern meine Initialen dazufügen. Das nächste Mal vielleicht.«
    »Wenn es ein nächstes Mal gibt.« Caspian sah mich ernst an und die Stimmung wurde gedrückt. Ich wollte nicht, dass es so blieb, deshalb rief ich: »Wer als Erster am Klettergerüst ist!«
    Ich war schneller und hing bereits kopfüber daran, als er mich einholte. Mir wurde ein bisschen schummrig, weil mir das Blut in den Kopf schoss. »Lange halte ich das nicht mehr aus«, meinte ich. »Mir wird schwindelig.«
    Er beugte sich nach unten, sodass sein Gesicht gleich neben meinem auftauchte, und schenkte mir ein unbeschreibliches Lächeln. »Ich kenne dieses Gefühl«, sagte er. »Mir wird bei dir immer sofort schwindelig.«
     
    Gegen zwei verließen wir den Spielplatz und ich wunderte mich, dass ich noch keinen Hunger hatte. Wir kehrten zur Hauptstraße zurück und Caspian deutete auf eine kleine Tankstelle an einer Ecke. »Hol dir dort was zu essen.«
    »Aber ich will nichts.«
    »Du hast seit gestern Abend nur einen Bissen Pizza und einen Burrito gegessen. Du musst mehr essen. Geh und schlag dir den Bauch voll. Ich warte hier auf dich.«
    Ich wollte immer noch protestieren, aber er hatte recht. Und der Geruch nach Hotdogs mit leckeren Soßen, der mir aus dem Laden entgegenwehte, begann langsam, meinen schlafenden Appetit zu wecken.
    Ich holte mir eine Tüte Chips, einen Hotdog und eine Limo. Das Essen verschlang ich mehr oder weniger mit einem Satz, was deutlich machte, dass ich doch hungriger gewesen war, als ich gedacht hatte. Dann ging ich noch einmal an die Theke und kaufte eine Packung Kaugummi.
    Ich steckte einen Streifen des nach frischer Minze duftenden Kaugummis in den Mund und kaute gründlich, in der Hoffnung, den Hotdoggeruch in meinem Atem loszuwerden. Caspian wartete vor dem Laden, die Sonne spiegelte sich in seinen weißblonden Haaren, sodass es aussah, als würden sie glühen. »Sollen wir weiter?«, fragte ich ihn.
    »Wohin als Nächstes?«
    »Zum Friedhof.«
    Er ging voran und ich folgte ihm schweigend. Unterwegs schob sich eine Wolke vor die Sonne, es wurde dunkler um uns herum und seine Haare glänzten nicht mehr.
    Ich versuchte, mir den Weg zu merken, aber schon nach kurzer Zeit verlor ich die Orientierung und hatte keine Ahnung mehr, in welche Richtung wir gingen. Caspian lief schnell, schließlich gelangten wir zu einer Schotterstraße und ich musste fast joggen, um mit ihm Schritt halten zu können.
    Eine weiße, mit Schindeln gedeckte Kirche tauchte vor uns auf und direkt gegenüber lag ein kleiner, von einem dunklen Metallzaun eingezäunter Friedhof. Am Eingang hing ein verbeultes Schild.
    »Willkommen auf dem Friedhof Sankt Joseph«, sagte Caspian. »Meiner letzten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher