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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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1. Ankunft
     
    Die beiden Leuchtfeuer standen so hoch am nächtlichen Himmel, dass ich kaum glauben wollte, dass die dunklen Türme der Seemauern, auf denen sie standen, wirklich von Menschenhand erschaffen worden waren.
    Ich befand mich zusammen mit den anderen auf dem Achterkastell der Sturmtänzer , einem kaiserlichen Schwertschiff, das uns vor wenigen Tagen vor einem nassen Grab bewahrt hatte. Als die dunklen Schatten der mächtigen Seemauer näher kamen, konnte ich kaum fassen, dass die lange Reise endlich zu Ende war.
    Erst als wir langsam durch das mächtige Seetor fuhren, erkannte ich das ganze Ausmaß der riesigen Anlage: Die Seemauer schien mir fast breiter als die Sturmtänzer lang. Vor uns öffnete sich der Hafen der alten Kaiserstadt, und ich kam mir vor wie ein kleiner Junge, der staunend etwas betrachtete, das er weder verstehen noch glauben konnte. Der Hafen von Aldar war mir groß erschienen, der der Feuerinseln noch größer, aber das alles war nichts gegen den Anblick, der sich mir nun bot, denn dieser Hafen allein war größer als meine Heimatstadt Kelar!
    In der Ferne sah ich mächtige Mauern aufsteigen, und noch weiter hinter diesen Mauern ragte ein hell erleuchtetes massives Rund in den klaren Nachthimmel.
    »Was …«, begann ich, doch ich fand die richtigen Worte nicht.
    »Das ist Askir«, sagte Serafine leise an meiner Seite. »Doch was du hier siehst, ist nur der kleinste Teil der Stadt, der Hafen. Dort hinter der Mauer, die den Hafen umschließt, liegt die Zitadelle, der Sitz der Macht des Alten Reichs.«
    Ich nickte nur, sah mich staunend um und suchte nach Zeichen dafür, dass diese mächtige Stadt kürzlich angegriffen worden wäre, doch ich fand keine. Dafür bemerkte ich gut ein halbes Dutzend Jagdboote, die uns mit schäumenden Rudern entgegenkamen. Ein heftiger und kühler Wind wehte, und mich fröstelte.
    Von hinten schmiegte sich Leandra schon fast Schutz suchend an mich. »Ich glaube«, sagte sie fast flüsternd, »wir sind endlich angekommen.«
    »Wenn ihr mich fragt«, meinte Zokora, »wurde es auch langsam Zeit.«
    Damit hatte sie unbestritten recht. So lange waren wir schon unterwegs, dass ich Mühe hatte, die Tage und Wochen auseinanderzuhalten. Waren es wirklich nur sechs Wochen gewesen? So viel war geschehen, dass sie mir wie Jahre vorkamen.
    Ich spürte den warmen Atem Leandras in meinem Nacken, während ich meinen Umhang fester um mich zog. Nach der Zeit in Bessarein war mir dieses Klima entschieden zu kühl.
    Eine schlanke Gestalt kam den Aufgang hoch und gesellte sich zu uns, um dann forschend in die Nacht zu spähen. »Endlich zu Hause«, seufzte sie, und ihre Stimme klang belegt. Dies war Schwertmajorin Elgata, Kommandant der Schneevogel . Vor wenigen Tagen erst war das stolze Schiff gesunken, nachdem es Stürmen, Wyvern, Nekromanten und der größten Welle getrotzt hatte, die es wohl jemals gegeben hatte. Sie hatte nicht nur ihr Schiff verloren, sondern auch den größten Teil ihrer Mannschaft, darunter gute Freunde wie ihr Erster Offizier Leutnant Mendell und ein Korporal namens Amos, der mir erst den Schädel eingeschlagen und dann das Leben gerettet hatte.
    Mendell besaß Familie hier. Doch diesmal würde niemand auf ihn warten. Seine Angehörigen wussten bereits, dass er den Tod auf See gefunden hatte.
    Nicht nur er.
    Kurz nachdem wir mit Hilfe der Elfen, die seit Neuestem eine Allianz mit Bessarein eingegangen waren, von den Feuerinseln hatten fliehen können, war der Vulkan, der diesen Inseln ihren Namen gab, in einer mächtigen Eruption ausgebrochen. Seitdem die Sturmtänzer uns aufgenommen hatte, waren ständig Nachrichten mit den Semaphorentürmen entlang der Küste ausgetauscht worden, und so wussten auch wir mittlerweile vom ganzen Ausmaß dieser Katastrophe.
    Während wir die letzten Tage ohne Probleme und Störungen hinter uns gebracht hatten, hatte das Alte Reich schwer gelitten. Janas, die Küstenstadt des Turms, nur wenige Seemeilen von dem Vulkan entfernt, hatte es am schlimmsten getroffen. Eine Woge, so hoch wie fünf Häuser, war über die Stadt hinweggefahren, hatte sie in Trümmer gelegt und alles vor sich hergetragen, was man sich denken konnte. Anders als die Städte meiner Heimat war Bessarein dicht besiedelt, und nach dem, was wir gehört hatten, waren unzählige Menschen in den Fluten umgekommen.
    Die Welle hatte entlang der gesamten Küste des Alten Reichs Tod und Verderben gebracht; selbst in der viele Seemeilen entfernten Stadt Aldar,
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