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Teuflische Kuesse

Teuflische Kuesse

Titel: Teuflische Kuesse
Autoren: Teresa Medeiros
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Trauer. Nicht nur über die Jahre, die wegen
seines Vaters Gier und Doppelzüngigkeit verloren waren, sondern auch über die
Jahre, die sein eigener Stolz sie beide gekostet hatte. Er erinnerte sich
daran, wie er neben Laura in der Kirche gekniet hatte und vorgegeben hatte, zu
beten, obwohl er überzeugt gewesen war, dass niemand ihm zuhörte. Nun wusste
er, dass jemand ihn hörte, doch er fand keine Worte für das, was er so
verzweifelt zu sagen suchte. Als kniete er einfach nur da, die Gedanken im
Aufruhr und hilflos das Herz.
    Bis eine
unsichtbare Hand ihm über die Stirn strich und sein Haar zerzauste, obwohl kein
einziges Lüftchen wehte.
    Sterling
schnappte nach Luft, als eine Welle des Friedens ihn überrollte und jeden
leeren Winkel seines Herzens erfüllte. Als er den Kopf wieder hob, sah er Laura
in einiger Entfernung im Schatten einer alten Eiche stehen.
    Langsam
rappelte er sich hoch. »Woher wusstest du, dass ich hierher kommen würde?«
    »Ich wusste
es nicht«, sagte sie sanft.
    Er wies mit
dem Kopf auf den Grabstein. »Ich habe ihre Briefe gelesen.«
    »Alle?«
    »Alle
dreihundertsechzehn.«
    »Sie war
eine sehr pflichtbewusste Briefeschreiberin.«
    »Das war
sie.« Sterling stopfte die Hände in die Taschen. »Sie dachte, ich sei alt
genug, eine wichtige Lektion gelernt zu haben. Aber das hatte ich nicht.
Jedenfalls bis jetzt nicht.«
    »Und was
für eine Lektion soll das sein?«
    »Dass die
Menschen manchmal aus den allerbesten Gründen die falschesten Dinge tun.«
    Laura
schaffte es nicht, den bitteren Unterton aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Bist
du deshalb gekommen? Um mir zu sagen, dass du dich großzügigerweise dazu
entschlossen hast, mir zu vergeben?«
    »Nein. Ich
bin hergekommen, um dich zu bitten, mir zu vergeben.«
    Sie
schüttelte vollkommen ungläubig den Kopf. »Und was soll ich dir vergeben?«
    Sterling
konnte ihrem Reiz nicht länger widerstehen und ging auf sie zu. »Den viel zu
großen Stolz und den viel zu kleinen Menschenverstand. Und dass ich dich
belogen habe, was meine Gründe anging, dich zu heiraten. Dass ich dir vorgemacht
habe, nur einen Erben von dir zu wollen, wo ich es in Wahrheit doch nie
ertragen hätte, wenn du aus meinem Leben verschwunden wärst. Dass ich dich zu
meiner Frau gemacht habe, dich aber wie meine Mätresse behandelt habe.« Als ihr
die Tränen in die ausdrucksvollen braunen Augen stiegen, nahm er ihr Gesicht in
die Hände. »Dafür, nicht zugegeben zu haben, dass deine lachhafte kleine
Scharade das Beste war, das mir passieren konnte. Weil sie mir nicht nur das
Leben, sondern auch die Seele gerettet hat.« Er streichelte mit den Lippen
über ihre seidigen Wangen und wünschte sich, jede Träne wegküssen zu können,
die sie seinetwegen vergossen hatte. Und jede Träne, die sie in ihrem Leben
noch weinen würde. »Doch ich bitte dich vor allem für eins um Vergebung. Dafür,
dass ich nicht den Mut hatte, dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe.«
    Sie entzog
sich seinen Armen und wandte sich ab. Und es gab nur noch eines, das Sterling
tun konnte: nicht lauthals losjammern. Er betrachtete ihren unergründlichen
Rücken und ballte die Hände zur Faust, um nicht wieder nach ihr zu grei fen.
»Wenn dein Herz mir nicht vergeben kann, kann ich dir keinen Vorwurf machen.
Ich weiß, dass ich es nicht besser verdient habe.«
    Sie drehte
sich um und schaute ihn an. »Du hast mir einmal erzählt, dass es eine Sache
gibt, die du niemals verzeihen kannst.« Bevor er noch begriff, was sie
vorhatte, hatte Laura die Arme ausgebreitet wie vor langer Zeit seine Mutter.
    Er zögerte
nicht einen Herzschlag lang und umarmte sie, zog sie fest an sich und grub das
Gesicht in ihr weiches Haar. »0 Gott, Laura. Ich hätte es keine Sekunde länger
ausgehalten. Ich musste dich sehen, dich berühren. Als ich dich hier stehen
sah, habe ich an ein Wunder geglaubt.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn du nicht
hergekommen wärst, um die Blüten aufs Grab zu legen ...«
    »Welche
Blüten?«, fragte Laura verständnislos. Sie lehnte sich, immer noch in seinen
Armen liegend, ein Stück zurück. »Ich habe keine Blumen hergebracht. Ich wollte
hier auf dich warten. Ich dachte, du hättest sie mitgebracht.«
    Sie sahen
einander einen erstaunten Moment lang an, dann drehten sie sich langsam zum
Grab um, wo die Orangenblüten lagen. Ein warmer Windstoß wehte plötzlich durch
den Kirchhof und ließ die zarten Blüten durch die Luft tanzen.
    Sterling
lachte laut, hob Laura hoch und wirbelte sie
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