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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib
Autoren: Andreas Franz
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Hautabschürfung ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Was immer du an ihrem Hals auch siehst, es ist nur schwach ausgeprägt. Er hat nicht auf sie eingeschlagen oder eingestochen oder sonst was mit ihr getan …« Sie machte eine Pause, als müsse sie ihre Gedanken sortieren, strich sich mit einer Hand über die Stirn und sagte mit einer Stimme, die so kühl war wie der Raum: »Sei’s drum, als Laie würde man nichts Auffälliges entdecken, und ein in der äußeren Leichenschau unkundiger Allgemeinmediziner würde, hätte man die Leiche zu Hause in der Badewanne gefunden, möglicherweise auf dem Totenschein eine natürliche Todesursache ankreuzen. Sie sieht, und das musst du zugeben, praktisch unversehrt aus, was mit ziemlicher Sicherheit dafür spricht, dass sie nicht schon vor vier oder fünf Tagen umgebracht wurde, sondern vielleicht erst vor ein bis zwei Tagen, und dann hat der Täter sie einfach am Main entsorgt. Aber auch das finden wir schnell raus. Jetzt …«
    »Wurde sie vergewaltigt?«, wurde sie von Brandt unterbrochen, dem nicht der Sinn nach einer ausführlichen Erläuterung stand und schon gar nicht nach einem Streit mit seiner ehemaligen Fast-Ehefrau, nur weil er vielleicht eine falsche Bemerkung machte. Seit ihrer Trennung war sie Single pur, und soweit er wusste, lebte sie momentan allein für ihre Arbeit.
    »Wenn du mich ausreden lassen würdest«, entgegnete sie schnippisch, wie so oft, wenn sie sich begegneten, was zum Glück nicht mehr allzu oft vorkam. Sie atmete einmal tief durch und fuhr fort: »Ich habe sie zwar erst seit drei Stunden auf dem Tisch, habe aber bereits eine erste äußere Leichenschau vorgenommen und kann deine Frage verneinen. Nein, sie wurde nicht vergewaltigt, und ob sie Geschlechtsverkehr hatte, nun, das wird die Obduktion ergeben. Genaueres nach der Leichenöffnung. Das Protokoll bekommst du, sowie wir fertig sind und es getippt ist. Eins kann ich aber schon jetzt sagen, sollte sie Verkehr gehabt haben, dann war es kein erzwungener: kein gewaltsames Eindringen, keine entsprechenden Spuren im Vaginal- und Analbereich und so weiter. Und um deine mögliche nächste Frage auch gleich zu beantworten: Ich kann nicht sagen, ob sie auf den Strich gegangen ist. Das herauszufinden ist deine Aufgabe, Herr Hauptkommissar«, sagte sie bissig, ein Ton, den sie in den letzten knapp zwei Jahren häufig ihrer Stimme beimischte, wenn sie auf Brandt oder Elvira Klein traf. Eine Bissigkeit, die einzig und allein eine Ursache hatte – das Ende ihrer Beziehung und seine neue Liaison mit Elvira, Andreas einst bester Freundin. Aus der Freundschaft war Feindseligkeit geworden, obwohl Elvira Klein alles tat, um Andrea versöhnlicher zu stimmen. Sie hatte ihr mehrfach angeboten, sich unter vier Augen ausführlich auszutauschen, um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, doch Andrea hatte jedes Angebot kategorisch ausgeschlagen.
    Dabei war es Andrea gewesen, die die Beziehung beendet hatte, mit einem ausführlichen Brief, in dem sie Brandt klarmachte, dass sie eine Auszeit benötige und ihre Zukunft ohne ihn zu gestalten beabsichtige. Doch als sie von seiner nur kurz darauf begonnenen Beziehung zu Elvira Klein erfuhr, wurde sie fuchsteufelswild und stellte es von nun an so dar, als habe Brandt Schluss gemacht.
    Zwar war das mittlerweile Vergangenheit, dennoch gab es weiterhin unüberbrückbare Spannungen, die in erster Linie von Andrea Sievers ausgingen. Ihm tat es leid, dass ihre Beziehung so abrupt geendet hatte und der negative Nachhall bereits so lange anhielt.
    Brandt war langsam und schweigend um den Tisch herumgegangen. Die Tote wirkte tatsächlich nahezu unversehrt, es sah fast so aus, als schlafe sie nur, wäre da nicht die auffällige Blässe der marmorierten Haut und der Lippen. Warum musstest du sterben?, dachte er, ohne sich seine Gedanken anmerken zu lassen. Warst du zur falschen Zeit am falschen Ort? Bist du einem Soziopathen zum Opfer gefallen? Aber so schön, wie du bist, könnte es auch sein, dass Eifersucht das Motiv war. Wir werden sehen. Nein, dachte er weiter, du warst nicht zur falschen Zeit am falschen Ort und da war auch kein Psychopath am Werk, sonst würdest du nicht so aussehen. So einer hätte dich traktiert und misshandelt und dich nicht vollständig bekleidet am Main abgelegt. Es muss etwa anderes geschehen sein. Aber was?
    »Du, ich hab zu tun, falls du das noch nicht bemerkt hast«, riss Andrea ihn ziemlich rüde aus seinen Gedanken, ihr Blick war
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