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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib
Autoren: Andreas Franz
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dahingeworfenen Worten, wie ein paar vergammelte Fleischhappen, die man einem verrotteten Köter zuwirft.
    Liane hatte nicht gemerkt, wie er ihr gefolgt war, wie er beobachtete, dass sie zu einem älteren Mann in einen Porsche einstieg und diesen lange und innig küsste, bevor sie losfuhren.
    Danach hatten sie sich nur noch bei der Arbeit gesehen, sie hatten sich hin und wieder unterhalten, Kaffee getrunken, und er hatte ihr erklärt, dass sie wohl recht gehabt hatte mit ihrem Vorschlag einer Auszeit.
    Aber er hatte sie weiterhin beobachtet, sie wie ein Phantom auf Schritt und Tritt verfolgt, ohne dass sie davon etwas ahnte. Und immer traf sie sich mit diesem Mann, der mindestens fünfzehn, eher zwanzig Jahre älter war und ganz offensichtlich steinreich. Er hatte ihn in einem Porsche, einem Jaguar, einmal sogar in einem Bentley kommen sehen. Ein dekadenter alter Mann, dessen Geld für Liane wie ein Aphrodisiakum gewirkt haben musste.
    Er war geduldig und ließ fast vier Monate verstreichen, bevor er sie an einem späten Mittwochabend, nachdem ihr Liebhaber gegangen war, zu Hause aufsuchte. Es war so leicht gewesen, er hatte um kurz nach halb elf geklingelt und gefragt, ob er kurz hochkommen könne, es ginge um etwas Berufliches und sei sehr dringend, er bräuchte unbedingt ihre Meinung. Er würde ihre Zeit auch nicht allzu lange in Anspruch nehmen.
    Er solle hochkommen, hatte sie gesagt und die Tür geöffnet und ihn angelächelt. Ein Lächeln, das wie ein Zauber auf ihren Lippen lag und doch nicht aufrichtig war. Ein Lächeln, so verlogen wie alles an und in ihr. Das verlogene Lächeln eines Miststücks, einer geldgeilen Hure, die sich mit einem wie ihm nie länger abgeben würde. Zum Zeitvertreib war er gut genug gewesen, aber nur, damit sie keine Langeweile hatte. Wie in seinem ganzen Leben zuvor fühlte er sich auch von ihr benutzt.
    Er trat in die Wohnung, in der er schon so oft gewesen war, wo sie sogar einmal miteinander geschlafen hatten, und nun kam es ihm so vor, als hatte sie ihn testen wollen, ob er gut genug für sie war. Oder sie hatten es einfach nur miteinander getrieben, weil sie ein paar Gläser Wein zu viel getrunken hatten. Für ihn war es trotzdem schön gewesen, weil er das erste Mal in seinem Leben richtig mit einer Frau geschlafen hatte.
    »Was gibt es so Wichtiges?«, fragte sie und schenkte sich ein Glas Wein ein, ohne ihn zu fragen, ob er auch eines möchte. Ihre Stimme klang kühl, ein wenig abweisend sogar.
    »Nur eine Kleinigkeit, bin auch gleich wieder weg.«
    Er war nur knapp zehn Minuten geblieben.
    Ihre Leiche wurde am nächsten Tag entdeckt. Zwei Messerstiche in Bauch und Herz. Vom Täter fehlte jede Spur. Alle, die mit ihr zu tun gehabt hatten, wurden von der Polizei vernommen, auch er. Die Befragung dauerte fünf, vielleicht sechs Minuten, dann wandten die Beamten sich anderen Kollegen zu. Bis heute hatte niemand auch nur die leiseste Ahnung, dass er sie umgebracht hatte.
    Dieser Mord, den er in Darmstadt begangen hatte, lag nur knapp fünf Monate zurück, doch in den letzten Wochen, eigentlich schon seit Weihnachten, hatte eine unerklärliche Unruhe von ihm Besitz ergriffen, die er nicht unter Kontrolle bekam.
    Die hübsche Bedienung kam an seinen Tisch und fragte ihn lächelnd, ob sie ihm noch einen Kaffee bringen solle. Seine düstere Miene hellte sich schlagartig auf, und er antwortete, dass er gerne noch einen Kaffee hätte. Sie ging an den Tresen, ein junger Mann schlich sich von hinten an sie heran, gab ihr einen Kuss auf den Hals und fasste sie kurz, doch kräftig an den Po. Sie lachte auf und meinte so leise, dass kaum einer es hören konnte, dass er sich das für später aufheben solle.
    Sie brachte ihm den Kaffee, er bat um die Rechnung. Als er nach einer weiteren Viertelstunde das Café verließ, war ihm klar, dass er gewisse Gefühle und Triebe nie würde unterdrücken können. Und er wollte es gar nicht mehr, zu lange hatte er es versucht.
    Auf dem Weg nach Hause begegnete er drei Menschen, die er kannte. Er unterhielt sich mit ihnen, war freundlich und zuvorkommend wie immer. Eine Maske, die er schnell aufgesetzt hatte und von der keiner wusste, dass es nur eine Maske war. Eine Maske, hinter der sich Abgründe auftaten.
    Zu Hause angekommen, legte er eine CD ein, Ravels
Bolero
. Er dachte an den Film
Zehn – die Traumfrau
mit Dudley Moore und Bo Derek und schloss die Augen. Er würde es tun, er musste es tun. Und je länger diese Gedanken ihn beherrschten, desto
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