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Lust auf ihn

Lust auf ihn

Titel: Lust auf ihn
Autoren: Kiara Singer
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Maskenball
    Sie waren erst wenige Tage zuvor von ihrer Hochzeitsreise zurückgekehrt, als er ihr abends gänzlich unerwartet ein rotes, auf Taille geschnittenes Lederkostüm in exakt ihrer Größe überreichte, das im Rücken mit einem längeren, fast auf Nackenhöhe endenden Reißverschluss zusammengehalten wurde. Der in leichten Falten fallende Lederrock endete knapp über ihren Füßen. Nachdem sie das Kleid eingehend inspiziert und bewundert hatte, forderte er sie auf, sich noch einmal zu schminken und die Nägel zu lackieren und es dann überzuziehen. Ausnahmsweise solle sie weder Strümpfe noch Strapsgürtel tragen. Im Wagen erhielte sie eine passende Maske zum Kostüm, die sie sogleich überzuziehen hätte, denn sie wären diese Nacht auf einen Maskenball eingeladen.
    Sie wagte es nicht, ihn zur Wahl ihrer Dessous zu fragen, aber da er nichts weiter gesagt hatte, entschied sie sich, lediglich einen Slip, jedoch keinen BH anzuziehen, und ansonsten nur farblich zum Kostüm passende Sandaletten und ein wenig Schmuck zu tragen.
    Im Auto reichte er ihr die Maske, die die Form eines Katzenkopfes hatte und die gleiche Farbe, wie ihr Kleid besaß. Zum unteren Ende hin war sie mit einem ledernen Halsband verbunden, das er ihr um den Nacken legte und verschloss. Außerdem gingen aus ihr mehrere Schlaufen hervor, die er an ihrem Hinterkopf zusammenzog und befestigte. Im ersten Augenblick erschrak sie, denn die Katzenaugen ließen nur einen sehr trüben Blick auf die Umgebung zu, sodass sie während der Fahrt nicht sehen konnte, wo sie gerade waren und wohin er sie fuhr. Allerdings machte sie sich darüber nicht allzu viele Gedanken, da ihr ein entsprechend unwissender Zustand vertraut war. Lächelnd sagte sie zu sich selbst: ‚Bei meinem Orientierungssinn wüsste ich auch ohne Maske hinterher nicht mehr, wo wir entlang gefahren sind.’ Schmunzelnd erinnerte sie sich, wie er sie während ihrer Hochzeitsreise gelegentlich auf den Armgenommen hatte. Beispielsweise meinte er einmal an einer – wie ihr schien – nie zuvor gesehenen und somit für sie bis dato völlig unbekannten Kreuzung: „So, und nun finde wieder allein zurück ins Hotel. Das kann ein emanzipiertes Mädchen, wie du es bist, doch sicherlich völlig problemlos, oder?“
    Hilfe suchend ist sie ihm dann um den Hals gefallen, wohlwissend, dass er wenig später im Hotel eine angemessene Belohnung für seine wieder einmal lebensrettenden Heldentaten einfordern würde, die sie ihm selbstredend unverzüglich zugestand, wenngleich sie sich schon damals über die eine oder andere kleine Nebenbemerkung wunderte, die er bei solchen Anlässen von sich gab. „An ihr schätze und liebe er ganz besonders, dass sie keinerlei Umstände mache, wenn man sie einmal haben wollte“, ließ er sie einmal wissen.
    Um sogleich hinzuzufügen:
    „Damit könntest du sehr viele Männer glücklich machen. Im Grunde wünscht sich jeder Mann, eine Frau wie dich zu besitzen.“
    Am Veranstaltungsort angekommen führte er sie mit sicherer Hand eine breite Treppe hinauf, dann durch mehrere Flure und Gänge und schließlich in einen großen Raum, der so etwas wie ein Ballsaal zu sein schien, und in dem sich bereits recht viele Personen befanden, die sie jedoch hinter ihrer Maske nur schemenhaft wahrnahm. Allerdings kam es ihr so vor, als wenn alle anderen, genau wie ihr Mann und im Gegensatz zu ihr, ausschließlich Schwarz trugen. Sie konnte jedenfalls kein einziges weiteres rotes Kostüm durch den getrübten Blick ihrer Maske erkennen.
    Exakt bei ihrem Eintreffen legte sich das allgemeine Stimmengewirr, und es wurde im Raum urplötzlich so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Rasch eilte ein Kellner herbei, der ihr ein Glas Champagner reichte, was sie auch dankend annahm, und sei es nur, um etwas in der Hand zu haben, an dem sie sich den Abend über unauffällig festhalten konnte. Nervös nippte sie ein oder zweimal am Rand des Kelches, nahm jedoch vorsichtshalber keinen richtigen Schluck,weil sie – wie sie befürchtete – sonst zu schnell angeheitert sein könnte. Nach einiger Zeit kehrte der Geräuschpegel im Saal zur ursprünglichen Stärke zurück, was sie mit äußerster Dankbarkeit registrierte. Sie war sich sicher, dass die Gäste nun endlich das Interesse an ihr verloren hatten. Aber sie konnte sich ohnehin nicht erklären, was an ihr so Besonderes sein sollte. Sie fragte sich, ob ihr Mann Tobias vielleicht einfach nur eine unpassende und
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