Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

lebenslänglich, außerdem wurde auf Sicherheitsverwahrung plädiert. Den beiden Hauptanklagepunkten – Mord aus niederen Beweggründen und schwere Vergewaltigung – standen nicht wenige Anklagen zur Seite, die von der Verteidigung geschickt niedergeschmettert wurden. Doch das änderte nichts an dem Höchststrafmaß für die beiden Vergehen, die für Staatsanwaltschaft und Richter durch Aussagen und Indizien hinlänglich bewiesen galten.

    Gegen ehemalige Mitglieder der Black Wheels laufen keine Prozesse mehr. Durch den Verlust beider ehemaliger Rädelsführer verloren sich die letzten Strukturen des Clubs. Die, wie sich herausstellte, hoch verschuldete Werkstatt von Lutz Wehner im Hafenviertel steht derzeit zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben.

    Verschiedene Prozesse gegen Mitglieder der Mogin Outlaws wurden im Laufe der Monate angestrebt, ein Verbot des Clubs wurde allgemein erwartet. Durch die lange Zeit, in der Ruben Boeckler nicht vernehmungsfähig war, verlief sich die Aufmerksamkeit der Medien jedoch noch vor dem ersten Prozesstag im Sand. Außerdem fanden sämtliche Verfahren unter hohen Sicherheitsvorkehrungen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es sollte fast ein Jahr dauern, bis es endlich so weit war, dass der eingetragene Verein mit sofortiger Wirkung verboten wurde. Doch an seiner Stelle wird sich ein neuer finden, so war es immer, und so wird es immer bleiben.

    Julia Durant nahm sich noch während ihrer Autofahrt nach München, die lange genug dauerte, um über vieles nachzudenken, vor, ihre Ängste künftig nicht mehr zu ignorieren. Seit ihrer halbherzigen Therapie, die sie mit Alina begonnen hatte, war eine Menge Zeit vergangen. Zu viel Zeit. Es waren keine Wechseljahrbeschwerden, die Julia heimsuchten, es waren die Gespenster der Vergangenheit. Davon war sie mittlerweile überzeugt
    »Du kannst sie nicht vertreiben und schon gar nicht vor ihnen fliehen«, hatte Alina sie gemahnt, »aber ich werde dir helfen, ihnen die Stirn zu bieten.«
    Darauf konnte die Kommissarin sich einlassen, und sie tat das nicht einmal widerwillig, denn insgeheim war sie vor allen Dingen erleichtert, dass das Thema Wechseljahre für sie noch keine Rolle zu spielen schien.
    Am 5. November 2013 feierte Julia Durant dann ihren fünfzigsten Geburtstag. Es war die erste richtige Party, wenn man es so nennen wollte, die sie in ihrer Wohnung gab, in der sie immerhin seit 2007 lebte und die sie dennoch gelegentlich als »meine neue Wohnung« bezeichnete. Sogar Susanne Tomlin reiste aus Südfrankreich an, und natürlich kam auch Claus Hochgräbe. Frank und Nadine Hellmer waren da, ebenso Alina Cornelius, Doris Seidel und Peter Kullmer. Selbst Peter Brandt gab sich an diesem Abend kurz die Ehre, was Julia Durant sehr freute. Auch Julias Vater hatte sich kurzentschlossen dazu bereit erklärt, noch einmal die Reise nach Frankfurt anzutreten. »Für einen hochbetagten Mann fast eine Weltreise«, hatte der Pastor scherzhaft zum Besten gegeben, und ein wenig schwermütig musste Julia sich eingestehen, dass er tatsächlich in den vergangenen Jahren unglaublich schnell gealtert war. Doch hochbetagt? »Du übertreibst mal wieder maßlos«, lächelte sie.
    Die Einzige, die Julia Durant an jenem Abend vermisste, war Sabine Kaufmann.

In eigener Sache
    W ie es in den anderen Bänden rund um Julia Durant und Peter Brandt üblich war, habe ich natürlich auch hier reale Elemente und Fälle einfließen lassen. Dabei war es nicht immer ganz leicht, die nötige Distanz zwischen Realität und Phantasie walten zu lassen, denn ganz plötzlich berichteten die Medien – scheinbar pausenlos – über große Rockerprozesse, Ermittlungspannen, V-Leute und Clubverbote.

    Aus den USA erreicht uns derzeit eine recht erfolgreiche Serie rund um einen fiktiven Biker-Club, bei dem es selbstverständlich um alles andere als ums Motorradfahren geht. Hierzulande erlangte das Thema V-Leute zum wiederholten Mal eine wenig glorreiche Berühmtheit.
    Diese Dinge beeinflussten natürlich auch meine Recherchearbeit, denn es schien beinahe, als würde ein jeder sofort alarmiert aufhorchen, sobald ich die Begriffe »Biker«, »Rocker« oder »Undercover« in den Mund nahm. Von daher kann ich allen Quellen, die sich mir öffneten, nur herzlich danken und denen, die sich nicht äußern wollten, mein Verständnis aussprechen.

    Nicht jeder schweigt zu diesem Thema. Parallel zum Tagesgeschehen veröffentlichen derzeit Aussteiger, Ermittler und Kronzeugen ihre