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Tausendundeine Nacht mit dir

Tausendundeine Nacht mit dir

Titel: Tausendundeine Nacht mit dir
Autoren: Annie West
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Körperwärme spürte. Sein Rücken verdeckte das Licht der Taschenlampe, deshalb konnte sie sein Gesicht nicht genau erkennen, aber sie fühlte seinen Atem auf ihren Wangen, und sein Duft stieg ihr in die Nase.
    Irgendwo tief in ihrem Innern rührte sich etwas.
    „Sie sind verletzt, Miss Winters“, sagte er geduldig. Nun, fast geduldig. „Sie haben alles getan, was Ihnen in Ihrer Lage möglich war. Lassen Sie uns den Rest übernehmen.“
    Es machte durchaus Sinn. Selbst für jemanden, der so verzweifelt von hier wegkommen wollte wie sie. Also nickte sie stumm.
    „Gut.“ Er griff nach der Decke und wickelte sie ihr um die Schultern, als Schutz gegen die wirbelnden Sandkörner. Belle zuckte zusammen, als sie den Stoff an den aufgerissenen Hautstellen fühlte.
    „Ich lasse Ihnen eine Taschenlampe hier.“ An der Tür drehte er sich um. „Ich komme gleich zurück.“
    Damit verschwanden die beiden Männer mit Duncan auf der Trage in die tosende Dunkelheit.
    Allein in der Hütte, hatte Belle Zeit sich zu fragen, wer die beiden sein mochten. Oder besser, wer er war. Der Mann, dessen Stimme einer Liebkosung gleichkam. Wäre da nicht dieser Hauch eines Akzents, könnte man ihn für einen Engländer halten. Einen Engländer aus gutem Hause. Doch seinem Äußeren nach zu urteilen war er eindeutig Araber.
    Nicht, dass man Q’aroum als typisch arabischen Staat bezeichnenkonnte. Stolz auf die Unabhängigkeit bedacht, war der Inselstaat im Arabischen Meer seit Jahrhunderten Freibeutern und Abenteurern aus dem Mittleren Osten, Afrika und anderen Staaten Heimat gewesen.
    Seine stolze Haltung, sein energischer Gang ließen ihn wirken wie einen Mann, der sich von niemandem etwas befehlen ließ. Er erinnerte sie an die Prinzen aus längst vergangenen Zeiten. Oder an einen wilden Korsaren.
    Es wurde dringend Zeit, ihrer Fantasie Einhalt zu gebieten! Belle zog sich die Decke enger um die Schultern. Wenn sie doch nur das Heulen des Sturms ausblenden könnte! Aus Erfahrung wusste sie, dass das hier nicht nur ein simples Gewitter war, nein, es war der Vorbote für wirklich hundsmiserables Wetter. Und bevor das zuschlug, würde sie gern auf der Hauptinsel zurück sein.
    Es dauerte einen Moment, bevor ihr klar wurde, dass ihr Pirat wieder zurück war. Seine Schritte hatte der Sturm verschluckt. Er blieb in der Tür stehen, seine Miene regungslos, aber Belle spürte, dass etwas nicht stimmte.
    „Was ist denn?“ Die Angst war zurück, schnürte ihr die Kehle zu, ließ ihren Mund trocken werden. Die Taschenlampe leuchtete auf sein Gesicht, doch dieses Mal wirkte der Anblick nicht beruhigend auf Belle.
    Er kam in die Hütte hinein, kreuzte die Beine und ließ sich in einer fließenden Bewegung vor Belle auf dem Boden nieder. „Es gibt da eine kleine Komplikation bei unserem Plan.“
    Belle schluckte. Sie wollte nichts von Komplikationen hören. Aber sie blickte in seine Augen und versuchte sich von seiner Kraft beruhigen zu lassen. Sie war nicht mehr allein. Alles andere würde sie jetzt auch schaffen. „Welche?“, fragte sie nach.
    „Dawud und ich sind mit einem Schlauchboot hergekommen“, ließ er sie wissen. „Es ist ein kleines Boot.“
    Sie nickte ungeduldig. Sie wusste, wie Schlauchboote aussahen.
    „Ich meine, wirklich klein. Zu klein für vier Leute, vor allem, da Mr. MacDonalds Trage der Länge nach darauf festgeschnallt ist.“
    „Ich verstehe.“ Die Enttäuschung kam mit solcher Wucht, dass sie am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Absolut albern. Sie brauchten nichts anderes zu tun, als auf Dawuds Rückkehr zu warten. Geduld, Belle. Nur noch ein bisschen länger. „Dann werden wir eben warten, bis Dawud zurückkommt.“
    Er zögerte, bevor er den Kopf schüttelte. „Ich fürchte, ganz so einfach ist das nicht.“
    Das mulmige Gefühl durchfuhr sie von Kopf bis Fuß. Unwillkürlich sank sie tiefer in den Schutz der Decke zurück.
    „Ein Sturm kommt auf uns zu.“ Seine Stimme klang ungerührt und sachlich. „Ein Zyklon.“
    Belle ballte die Hände zu Fäusten, bis die Fingerknöchel weiß hervortraten, und zwang sich, nicht zu zittern.
    „Dawud ist unterwegs. Er müsste den Hafen erreichen, bevor es zu gefährlich wird. Aber es wäre Selbstmord für jeden, der versuchen sollte, heute Nacht noch zurückzukommen.“ Der Korsar musterte sie, als suche er nach Anzeichen der Schwäche. „Wir sitzen hier fest, bis der Wirbelsturm vorübergezogen ist. Das kann vierundzwanzig Stunden dauern.“
    Vierundzwanzig
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