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Waffenhandel

Waffenhandel

Titel: Waffenhandel
Autoren: Andrew Feinstein
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Prolog
    Prinz Bandar bin Sultan bin Abdul Aziz Al-Saud, Saudi-Arabiens Botschafter in Washington, entstieg im August 2002 in Crawford, Texas, seinem in der Sonne glänzenden, silberblauen Airbus. Er war auf dem Weg zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, George W. Bush, der sich in diesen Tagen auf seiner Ranch aufhielt. Der Prinz kam in einer dringenden Sache: Er wollte den engen Freund überreden, Krieg zu führen. Die beiden Männer konferierten eine Stunde lang. Der Präsident konnte die Argumente des Prinzen sehr gut nachvollziehen. Bandars Ermahnung, keinen Rückzieher zu machen, sondern nachzuholen, was sein Vater versäumt hatte, und das Regime Saddam Husseins ein für alle Mal in die Knie zu zwingen, gefiel ihm. Befriedigt über ihr Einverständnis aßen der ebenso gewandte wie geheimnisvolle Prinz und der Cowboy-Präsident gemeinsam mit ihren Frauen und sieben der acht Kinder Bandars zu Mittag.
    Einige Wochen später traf sich Präsident Bush in Camp David mit dem britischen Premierminister Tony Blair. Die beiden Staatsmänner erklärten, sie hätten genügend Beweise, dass der Irak Massenvernichtungswaffen entwickle; damit sei ihr Vorgehen gegen Saddam, ob mit oder ohne Unterstützung durch die Vereinten Nationen, gerechtfertigt.
    Die Rolle, die Prinz Bandar in Washington und London spielte, war einzigartig: Er war Diplomat, Friedensstifter, Geldbote für verdeckte Operationen der CIA und Waffenhändler der Extraklasse. Er stellte besondere Beziehungen zwischen Washington, Riad und London her und wurde dabei sehr, sehr reich.
    Der Airbus im Wert von 75 Millionen britischen Pfund, bemalt in den Farben der Dallas Cowboys, des Lieblingsteams des Prinzen aus der amerikanischen Football-Liga, war ein Geschenk des britischen Rüstungs- und Luftfahrtkonzerns BAE Systems – Ausdruck der Dankbarkeit für die Rolle, die der Prinz als Sohn des Verteidigungsministers seines Landes beim größten Waffengeschäft aller Zeiten gespielt hatte. Der 1985 zwischen Großbritannien und Saudi-Arabien abgeschlossene Al-Yamamah-Vertrag – al-yamamah heißt »die Taube« – mit seinem Auftragswert von mehr als 40 Milliarden Pfund war vermutlich zugleich die korrupteste Transaktion in der Geschichte des Welthandels: Mehr als eine Milliarde Pfund flossen auf von Bandar kontrollierte Konten. Der Airbus – gewartet und geflogen von BAE mindestens bis 2007 – war nur eine kleine zusätzliche Aufmerksamkeit anlässlich des Geburtstags des Prinzen im Jahr 1988.
    Ein großer Teil der Schmiergelder wurde auf Privatkonten und Konten der saudi-arabischen Botschaft überwiesen, die von der ehrwürdigen Riggs Bank auf der Pennsylvania Avenue in Washington, direkt gegenüber dem Weißen Haus, geführt wurden. Das bei Präsidenten, Botschaftern und Botschaften beliebte Bankhaus unterhielt enge Beziehungen zur CIA. Mehrere Mitarbeiter hatten Zugang zu Dokumenten der höchsten Geheimhaltungsstufe. Ein Onkel des Präsidenten, Jonathan Bush, saß in der Geschäftsleitung. Doch sowohl Riggs als auch das Weiße Haus reagierten fassungslos, als sich herausstellte, dass seit 1999 versehentlich Gelder vom Konto der Ehefrau Prinz Bandars an zwei der fünfzehn Saudis geflossen waren, die zu den Attentätern des 11. September gehörten.
    Am Abend des 4. August 2000 stürmten Polizisten in Cinisello Balsamo, einem gesichtslosen Arbeiterstädtchen in Norditalien, wenige Kilometer von Mailand entfernt, das Zimmer 341 eines heruntergekommenen Hotels. Der fettleibige blasse Dreiundfünfzigjährige, den sie vorfanden, lag auf einem Wust von Bett- und Unterwäsche und war von vier Prostituierten umgeben: einer Russin, einer Albanerin, einer Kenianerin und einer Italienerin. Im Hintergrund lief ein Porno. Auf dem Boden verstreut lagen Kokainreste und Diamanten im Wert von einer halben Million Dollar.
    Leonid Minin, Miteigentümer des Hotels Europa, nutzte seine Zwei-Raum-Suite als Schlafzimmer, Büro und Lasterhöhle. Bei einer flüchtigen Durchsuchung stieß man auf brisante Dokumente mit Hunderten von Seiten in englischer, russischer, deutscher, niederländischer und französischer Sprache. Sie enthüllten die Rolle des in der Ukraine geborenen Israeli in einem Zusammenspiel von Rüstungskonzernen, Waffenhändlern, Banken, Tarnfirmen, Drogenkurieren, korrupten Politikern, Agenten, Regierungsvertretern, ehemaligen Nazis und militanten Islamisten. In Minins Korrespondenz ging es explizit und detailliert um den Verkauf von Waffen im Wert von
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