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Tannöd

Tannöd

Titel: Tannöd
Autoren: Andrea Schenkel
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Beamten vor Ort
zeigten sich von der Brutalität, mit der die Schläge
ausgeführt wurden, erschüttert. Die Leichen des Ehepaares
Danner sowie ihrer Tochter Barbara und der Enkeltochter Marianne
wurden von Nachbarn im Stadel des Anwesens, unter einem Strohhaufen
verborgen, entdeckt. Die Leichen der weiteren auf dem Hof
ermordeten Personen wurden im Wohnhaus aufgefunden. Die Familie
lebte zurückgezogen auf dem Anwesen. Maria Meiler hatte ihre
Arbeitsstelle als Magd auf dem Anwesen erst vor kurzem angetreten.
Laut Angaben der zuständigen Polizeidienststelle wurden die
oben genannten Personen vermutlich in der Nacht vom 18.03. auf den
19.03. ermordet. Diese Vermutung bestätigte auch der
vorliegende Obduktionsbericht.
    Bei der ermordeten Barbara
Spangler fanden sich zudem Würgespuren am Hals.
    Es ist nicht
auszuschließen, dass es sich bei der Tat um einen Raubmord
handelt.
    Laut Angaben der Nachbarn war
die zurückgezogen lebende Familie nicht
unvermögend.
    Es sollen sich
größere Mengen Bargeld, Schmuck und Wertpapiere im Haus
befunden haben.
    Angeblich wurden die
Schränke im Schlafzimmer des Hauses
durchwühlt. 

 
    Maria
Lichtl 63 Jahre, Pfarrersköchin
    Wenns mich fragen, der Teufel hats
geholt. Ja der Dei-fel, der hats geholt die ganze Sippschaft. Der
Herr Pfarrer glaubt's mir nicht. Der sagt, ich soll nicht so
gottlos daherreden. Aber es stimmt, die Wahrheit ist's und die darf
man sagen. Seit dreißig Jahren bin ich hier die
Pfarrköchin. Seit dreißig Jahren mach ich den Herrn
Hochwürden immer den Haushalt. Sogar bei unserem alten
Pfarrherrn, dem Herrn Pfarrer Rauch, war ich schon Köchin und
hab den Haushalt gemacht. Immer zufrieden warens mit mir, die
Herren Hochwürden. Ich hab schon einiges gesehen, des
könnens mir ruhig glauben. Und deshalb sag ich ihnen, diese
Sippschaft da draußen ist vom Luzifer geholt worden. Auch
wenn Hochwürden des nicht gerne hört. Gesehen hab ich den
sogar, den Verderber, den Höllenfürst.
    Wie ich von meiner Schwester
kommen bin. Die wohnt in Schamau, da geht der Weg ab nach
Tannöd. Da, genau da, hab ich ihn gesehen. Am Waldrand ist er
gestanden und hat rübergeschaut nach dem Ödhof vom
Danner. Ganz schwarz war er, mit Hut und Feder auf dem Kopf. So
schaut nur einer aus, des war er, der Teufel. So kann nur der
ausschauen, sag ich Ihnen, und wie ich mich noch mal umgewendet
hab, da war er verschwunden. Verschluckt vom Erdboden. Wundern
braucht's einen ja nicht, bei dem verruchten Treiben da
draußen.
    Hörens mir doch auf, wenn's
der Vater mit der Tochter hat und alles geht drunter und
drüber. Und das Gesindel, das der immer am Hof gehabt hat. Da
braucht's einen nicht wundern, wenn er kommt, der Beelzebub und
nimmt alle mit. Vaganten und Verbrecher, Lumpenpack hat der doch
auf sein Hof gehabt. Alles lichtscheues Gesindel. Sein
»feiner Herr Schwiegersohn« ist auch verschwunden, bei
Nacht und Nebel. Den wird der Teufel zuerst geholt haben.
Drüben in Amerika soll er sein, der »feine Herr«.
Dass ich net lach! Zur Legion ist der bestimmt. Da gehen doch alle
hin, die Spitzbuben.
    Auszahlt hat den der Alte. Sagens
alle im Dorf und danach ist der ab zum Franzosen. In die Legion ist
der doch bestimmt gangen, der Lump. Wie alle Lumpen. Wenn den der
Teufel noch nicht geholt hat, so holt der Höllenfürst den
bestimmt auch bald.
    Mit an Brief wars beim Pfarrer,
die Barbara.
    Mit an Brief von den Franzosen.
Nein, gesehen hab ich ihn nicht, den
Brief.
    Aber den Herrn Pfarrer hat sie
sprechen wollen und dann hats ihm zum Dank noch eine Spende
für die Kirch da lassen.
    Das Kuvert, das hab ich liegen
sehen, mit eigenen Augen hab ich's liegen sehen.
    An Ablass von ihren Sünden
hat sie sich bestimmt kaufen wollen. Das schlechte
Gewissen hats druckt.
    Wie die Trud ist's auf ihr
gehockt. Aber zu spät war's, der ewige Verderber hats schon
geholt.
    Eine »ganz eine
Stolze« war des immer und ihr Vater dazu.
    Geredet habens mit keinem, der
ihnen nicht zur Nasen gestanden ist. Mich wundert's, wenn die am
Sonntag in die Kirch sind, dass sich da nicht die Heiligen
abgewendet haben.
    Der kleine Bub von ihr, der war
doch auch von ihrem Vater. Des weiß doch ein jeder am Ort.
Der Hauer, »der Depp«, hat sich doch zahlen lassen
dafür, dass er den Kindsvater macht.
    Aber sagen, oh nein, sagen darf
man so was ja nicht. Der Herr Pfarrer verschließt vor diesen
Sachen gerne seine Augen und Ohren.
    So sind sie halt, die Herren
Hochwürden, glauben immer nur an das Gute in den Menschen.
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