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Tannöd

Tannöd

Titel: Tannöd
Autoren: Andrea Schenkel
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können, dass in
der Nacht alle auf dem Hof erschlagen werden.
    Heutzutage ist es nicht mehr
einfach, eine zuverlässige Magd zu finden. Es ist nicht mehr
wie noch vor dem Krieg.
    Die jungen Mädchen wollen
jetzt alle in die Stadt, in die Fabrik. Die wollen nicht mehr hier
auf dem Dorf zu einem Bauern in Stellung. In der Fabrik verdienen
die ja auch viel mehr als in der Landwirtschaft. Und dreckig machen sie
sich auch nicht so. Es ist nicht mehr wie früher.
    Die Barbara hat ihre Sachen
gekauft und ist dann wieder aus dem Laden raus. Alles war wie
immer. Von einem Einbruch auf dem Hof? Nein, da weiß ich
wirklich nichts. Einmal ja, im Herbst, da hat mir die Barbara
erzählt, dass auf den Hof einer einbrechen hätte wollen.
Aber das ist schon länger her. Gestohlen, hats damals gesagt,
ist nichts worden. Das war doch der Grund, weshalb die Anna weg
ist. Die Anna war die Magd, die früher auf dem Hof war.
Über den Winter haben sie sich so beholfen, ohne Magd. Im
Winter ist weniger zu tun auf so einem Hof. Ab und an hat bei ihnen
mal einer ausgeholfen, hat mir die Barbara noch
erzählt.
    Ich hab aber nicht nachgefragt,
wer das war. Bei denen waren öfter mal Fremde auf dem Hof. Die
sind dann meist nach kurzer Zeit wieder weg. Gemeldet waren die
bestimmt nicht. Ich hab die Barbara gemocht und über die
Geschichten, die man sich erzählt, weiß ich nichts. Die
gehen mich nichts an. Da hätte ich viel zu tun, was meinens,
was mir die Leute den ganzen Tag erzählen? Bücher
könnt ich schreiben, ganze Bücher. Mich geht das alles
nichts an.
    Die Geschichte über die
Barbara und ihren Vater, da wird viel geredet, aber keiner
weiß was Genaues. Ist ja auch keiner dabei
gewesen.     
    Wie die den kleinen Bub gekriegt
hat. Was glauben Sie, wie da einigen bei uns im Dorf das Mundwerk
gegangen ist. Da war was los. 
    Als bekannt wurde, der Hauer ist
der Vater von dem Kleinen, da ging's erst richtig los. Schlampe und
Hure waren da noch die netteren Sachen, die über die Barbara
gesagt wurden.
    Ich hör mir den Ratsch an und
dann vergesse ich ihn wieder. Ins eine Ohr rein, aus dem anderen
raus. An den Vinzenz, der Barbara ihren Mann, kann ich mich schon
noch erinnern. Der war nichts für die Landwirtschaft. Der
nicht. Der hat's auch gar nicht lange bei denen am Hof ausgehalten.
Wenns mich fragen, dann hat der für diese Arbeit zwei linke
Hände gehabt und war damit beim Tannöder an genau der
falschen Stelle.
    Man kann alles Mögliche
über den Danner sagen, aber gearbeitet hat der. Der war ein
richtiger Bauer, der hat sei Sach zusammengehalten, wenn er auch
ein rechter Sonderling war.
    Ich glaub, der hat da ein bisserl
nachgeholfen, damit er den Vinzenz wieder losgeworden ist.
Ausbezahlt soll er ihn haben, aber das sind dann wieder
Gerüchte.
    Faktum ist, der Vinzenz war von
heut auf morgen weg. Die einen sagen, nach Amerika sei er
ausgewandert. Aber das glaube ich nicht. Der wird halt wieder
rüber sein. Der war doch von drüben. Ein
Flüchtling.
    '45 gleich nach dem Krieg ist der
gekommen. Einquartiert habens ihn beim Danner auf dem Hof. Aber
geblieben ist der kaum ein Jahr. Der war nichts für einen
Bauernhof, der nicht.
    Dass alles so enden musste, ist
abscheulich. Abscheulich. Den ganzen Tag denke ich dran. Nicht aus
dem Kopf will es mir, wer kann nur so etwas machen, frage ich Sie.
Was ist das für ein Mensch? Ach was, Mensch, ein Vieh ist
das. 
    OPFER DES MORDHOFES VON
TANNÖD BEIGESETZT ZU TÄTERN UND MOTIV WEITERHIN KEIN
HINWEIS
    Einhausen/Opf.- Unter großer
Anteilnahme der Bevölkerung wurden am Montag die in der
Einöde Tannöd, Gemeinde Einhausen, ermordet aufgefundenen
Mitglieder der Familie Danner beigesetzt. Die Tat habe
quälende Fragen aufgeworfen, sagte Pfarrer Hans-Georg
Meißner bei der Trauerfeier vor mehr als 400
Gästen.
    »Wir bleiben zurück in
Schmerz und Trauer. Wir stehen fassungslos über diese ruchlose
Tat am offenen Grabe.«
    Wie bereits berichtet, wurden am
vergangenen Dienstag die Leichen des Landwirts Hermann Danner sowie
seiner Frau Theresia, seiner Tochter Barbara Spangler, deren Kinder
Marianne und Josef und die der als Magd auf dem Anwesen
beschäftigten Maria Meiler aufgefunden.
    Alle Personen starben laut
vorliegendem Obduktionsbericht durch massive Gewalteinwirkung im
Kopfbereich, vermutlich benützten der oder die Täter als
Waffe eine am Tatort aufgefundene Spitzhacke. Die Art der
Verletzungen lässt dies laut Stellungnahme der
zuständigen Polizei vermuten. Die ermittelnden
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