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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die bis ins Wasser reichen. Der Fluß ist nicht sehr breit, aber sehr strömungsreich.
    Den Himmel sehen wir nicht. Eine dichte Nebelwand trennt uns von der Sonne, aber wir spüren ihre Hitze. Grant flucht wie ein Hafenarbeiter – die Funkanlage ist zu Bruch gegangen. Wir sind von der Außenwelt abgeschnitten. Morgen werden wir sehen, wie wir hier wieder herauskommen.
    Sechster Tag.
    Wir haben das Gelände erkundet und eine Höhle auf halber Berghöhe gefunden, die uns Schutz bietet. Sonst ist die Lage fast trostlos. Um hier wegzukommen, müssen wir uns durch Urwälder und über Berge einen Pfad schlagen. Wenn ich den unvollständigen Karten trauen kann, könnte das ein Jahr dauern. Aber wir haben ja Zeit, sagt auch Grant. Wenn man uns sucht, findet man uns nicht. Zwischen dem Himmel und uns liegt ständig dichter Nebel. Dieses Tal hier muß das ›Tal ohne Sonne‹ sein, von dem so viel erzählt wird. Wir sind also am Ziel, aber was ist aus uns geworden? Grant lahmt noch immer mit seinem Knöchel, und ich habe unseren Berg erstiegen und habe kleine, dunkelbraune, mit Federn geschmückte Menschen gesehen, die anscheinend von einem Kriegszug kamen. Einige hatten auf ihre Speere Köpfe gesteckt. Kopfjäger und Menschenfresser. Wir verhalten uns ganz still und machen auch kein Feuer an, das uns verraten könnte.
    Neunzehnter Tag.
    Es regnet, regnet, regnet. Gut, daß unsere Felsenhöhle am Hang liegt – so läuft das Wasser ab und hinunter in den Fluß. Als wir gestern am Wrack des Flugzeugs waren, war es fast von der Strömung weggerissen. Nur der schwere Motor mit dem Propeller lag noch auf den Steinen. Das Leitwerk, die Kabine, ein Flügel, alles fortgespült. Es gelang uns trotz der Strömung, den linken Flügel zu bergen und hinaufzuschleppen. Grant sagt, daraus machen wir uns eine gemütliche Wohnung. Wandregale, Schränke, eine Bar. Hahaha! Wir haben zwölf Flaschen Whisky gerettet, drei Flaschen Gin und vier Flaschen Kognak. Und wir haben einen Werkzeugkasten, mit dem man alles anfangen kann. Auch im Unerforschten bleiben wir im Schoß der Zivilisation. Ab morgen hämmern wir uns die Einrichtung aus dem Aluminium.
    Dreißigster Tag.
    Heute morgen die erste Begegnung mit den Kopfjägern. Sie standen mit vierzehn Mann oben auf dem Felsplateau, bunt bemalt, mit Federn und Ketten geschmückt, und zeigten auf uns herunter. Wir hatten das Feuer brennen, und es qualmte, weil das Holz naß war.
    Grant legte sich mit dem Gewehr in Deckung und schoß, als die Kopfjäger den Hang herunterzuklettern begannen. Grant erschoß zwei Wilde, glatte Kopfschüsse. Grant ist ein guter Schütze. Es war ein Erlebnis, das dreifache Echo zu hören. Wir wußten bis jetzt gar nicht, daß es hier so was gibt. Die Wilden stoben in panischer Angst davon und nahmen die beiden Toten mit. Es waren die ersten Schüsse, die sie hörten. Es muß einen ungeheuren Eindruck auf sie gemacht haben.
    Neunundsechzigster Tag.
    Keine besonderen Vorkommnisse, außer es wäre erwähnenswert, daß im Bergwald eine Herde Wildschweine haust. Zuerst dachten wir, es seien anschleichende Kopfjäger, und machten uns auf einen Kampf gefaßt. Aber dann erkannten wir die Schweine, gratulierten uns und hatten von nun an Frischfleisch. Das erste Schwein wird heute abend gebraten.
    Neunundachtzigster Tag.
    Wir überlegen, wie wir hier rauskommen. Wir wollen hier ja nicht Wurzeln schlagen. Ein Floß bauen und damit den Fluß hinunter? Irgendwo wird er ja münden. Aber hält ein Floß die Strömung und die Stromschnellen aus? Was ist, wenn er Wasserfälle hat? Ganz gleich, wir müssen es wagen.
    Hundertneunzehnter Tag.
    Die Floßfahrt ist gescheitert. Nägel haben wir nicht genug, und die Stämme mit Lianen zu verschnüren gelingt uns nicht. Wir haben keine Erfahrung darin. Dreimal hat die Strömung uns das Floß auseinandergerissen. Wir haben es dann aufgegeben. Grant ist irgendwie mutlos geworden, sitzt herum und stiert in die Gegend. Ich habe immer noch im Sinn, mich über Land durchzuschlagen. Arbeit ist genug da – das Schrecklichste ist die Stille. Und immer dieser Nebel über der Talsohle, dieses grauweiße Wattemeer. Ein Glück, daß wir ein kleines Kofferradio mitgenommen haben. So erfahren wir, was draußen in der Welt passiert. Da schlägt man sich mit Problemen herum, die gar keine sind, sondern Lächerlichkeiten. Man sollte Politiker mal ein halbes Jahr hier im Urwald aussetzen, dann kämen sie geläutert zurück.«
    Leonora blätterte die Hefte durch. An
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