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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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nicht aufgegeben?«
    James schüttelte den Kopf. »Das gestattet er sich selbst nicht. Nachdem er die anderen Gestalten hier drin gesehen hat … Naja. Er ist jetzt wild entschlossen, wieder rauszukommen, das kann ich dir sagen.«
    Und so ließ ich die beiden wieder allein, ließ sie zusammen an einem der düstersten Orte der Welt ausharren wie zwei Kerzen im Sturm und vertraute darauf, dass sie tatsächlich irgendwie da rauskommen würden.
    Kurze Zeit später reiste Kit auf Margots Drängen hin ab. Er musste seine Lesereise fortsetzen, und das Geld wurde auch langsam knapp. Von der Hochzeit war zu meiner Freude fast gar nicht mehr geredet worden. Kit beobachtete, wie Margot sich wieder in New York einlebte, in ein Leben, in das Kit nicht hineinpasste. In ihrer Suite im Ritz-Carlton schlief er irgendwann auf dem Sofa. Stur, wie Margot war, tat sie, als würde sie das gar nicht bemerken.
    Eines Abends, als sie von einem Besuch bei Toby zurückkam, war Kit noch wach und wartete auf sie. Ich wusste, dass sie über nichts anderes gesprochen hatten als darüber, was passieren würde, falls Theo sich schuldig bekannte, dass der Abend nicht im Geringsten romantischer gewesen war als ein Abendessen in einem Leichenschauhaus, aber Kit wusste das natürlich nicht. Er stellte sich wer weiß was vor. Er war eifersüchtig. Fühlte sich in seiner Ehre angegriffen.
    Â»Na, du scheinst dich mit Toby ja wirklich blendend zu verstehen«, erklang Kits Stimme aus der dunklen Ecke, als sie die Suite betrat. Sie zuckte zusammen vor Schreck.
    Â»Ach, hör doch auf, Kit«, sagte sie. »Toby ist Theos Vater, was soll ich denn machen? Ihm aus dem Weg gehen, während unser Sohn wegen Mordes im Bunker hockt?«
    Kit zuckte mit den Schultern. »Du könntest auch einfach mit ihm schlafen.«
    Böse sah sie ihn an. Sie kochte vor Wut.
    Kit fasste ihr Schweigen als Schuldeingeständnis auf. Ich seufzte. »Sag ihm, dass nichts passiert ist«, bat ich Adoni. Er nickte und flüsterte Kit etwas zu.
    Kit stand auf und ging langsam auf sie zu.
    Â»Liebst du mich nicht mehr?« Der Schmerz in seiner Stimme versetzte mir einen Stich.
    Â»Hör zu, Kit«, sagte sie nach einer Weile. »Das ist gerade eine harte Zeit. Für uns alle. Flieg nach Sydney, mach deine Lesereise, und ich komme in zwei Wochen nach.«
    Er stand jetzt ganz nah bei ihr. Die Arme hingen schlaff herunter. »Liebst du mich nicht mehr?«, wiederholte er.
    Ich sah, wie verschiedene Fragen und Antworten in ihrem Kopf herumwirbelten. Liebe ich ihn? Nein. Doch. Ich weiß es nicht. Ich will Toby. Nein, Quatsch. Doch, natürlich. Ich will nicht allein sein. Ich habe solche Angst.
    Sie brach in Tränen aus. Riesige, überreife Tränen fielen ihr wie kleine Bomben auf die Hand und liefen dann an Kits Brust herunter, als er sie in den Arm nahm.
    Nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte, trat sie einen Schritt zurück und wischte sich die Augen.
    Â»Versprich mir, dass du nach Hause kommen wirst«, sagte Kit leise.
    Sie sah zu ihm auf. »Ich verspreche, dass ich nach Hause kommen werde«, sagte sie. Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Stirn. Wenige Minuten später war er weg.
    Eigentlich hätte mich das ja freuen sollen. Aber als ich dann sah, wie Margot die Minibar leerte und die ganze Nacht weinte und Wein trank, kamen mir massive Zweifel. Ich wusste nicht mehr, was das Beste für sie war. Also betete ich.
    Am nächsten Tag folgte ich ihr zu Tobys Wohnung, wie immer mit einem halben Auge nach Tygren Ausschau haltend. Margot klopfte an, aber Tobys Tür stand bereits offen. Er hatte sie erwartet.
    Er stand am Fenster und sah hinunter auf die Straße, jederzeit bereit, hinunterzurennen, falls er eine junge Frau sah, auf die Theos Beschreibung von Valita passte. So hatte er jetzt schon so viele Tage verbracht. In seinen alten Aran-Pullover gekuschelt, keinen Gedanken an Essen oder Trinken verschwendend, strengte er seine Augen so sehr an, bis sie fast zerplatzten. Wie sie ihn so dastehen sah, erinnerte sie sich an jenen Abend auf dem Hudson, an jene Sekunden, in denen sie allein in dem Boot gesessen und darauf gewartet hatte, dass er wieder auftauchte. Genau das Gleiche tat sie jetzt auch. Sie empfand die gleiche Angst und – sehr zu ihrer Beunruhigung – die gleiche Liebe.
    Â»Ich fliege zurück nach Sydney«, sagte sie.
    Er drehte sich um
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