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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht
Autoren: Andrew Holleran
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uns im Sommer vergnügt hatten; er war völlig weggewaschen, und mit ihm der Sommer, die Musik, die Klamotten, die Tänze, die Liebhaber. Die See hatte einen neuen Strand geschaffen mit neuen kleinen Buchten und Bänken.
    Ich drehte mich wieder zum Haus um – das berühmt gewesen war für seine Stromrechnungen (dreitausend Dollar im Monat), für seine Parties, die Leute, die hier her kamen, und ihre Vergnügungen. In einem luftigen Schlafzimmer im zweiten Stock, mit Blick auf Swim ming pool und Ozean, öffneten wir die Schränke und Schub laden und begannen, Malones Kleider herauszu holen.
    Ach, seine Kleider! Ralph Lauren-Polohemden, Ha l ton-Anzüge, Wildleder j acken, TShirts in jeder Regen bogenfarbe, ausgeblichene Pullis und Maler hosen, Holzfällerhemden, durchsichtige Plastikgürtel, Baumwoll-und Fliegerjacken, Kampfanzüge und alte Cordhosen, Sweatshirts mit Kapuze, Baseball-Mützen, und Schuhe in allen möglichen Formen, ein Paar neben dem anderen auf dem Boden aufgereiht. Ein Besucher von Ma l one soll einmal seinen Freunde als einziges erzählt haben können, daß Malone dreiundvierzig Paar Schuhleisten im Schrank stehen habe. Es gab Schub laden über Schubladen voller Trainingsanzüge, Hemden von Ronald Kolodzie, Cremes und Rasier wasser von Est é e Lauder, und Schubladen über Schub laden mit Badehosen, von denen er achtundzwanzig verschiedene in Sport-und Boxerschnitten hatte. Und dann waren da noch die Kommoden mit den Klamot ten, die Malone wirklich trug: die alten Kleider, die er seit seinen Tagen im Internat in Vermont behalten hatte – alte Khakihosen, Hemden mit kleinen Kragen – für jemanden, der mit Top-Designern verkehrte, hatte er eine reichliche Abneigung gegen Stiländerungen –, ein Paar vergammelter Tennisschuhe, eine alte Tweed-Jacke. Eine Kommode war voll mit siebenunddreißig TShirts in verschiedenen Farben, die er selbst ge bleicht oder verändert hatte, warmes Lila und ausge blichenes Rosa, Selleriegrün, und alle Schattierungen von Gelb, seiner Lieblingsfarbe. Er hatte systematisch die ganzen Army-Läden von Lower Manhattan nach TShirts, Unterwäsche, karierten Hemden und alten, ausgewaschenen Jeans abgesucht. Ein Schrank war voll mit zweiunddreißig verschiedenen Holzfäller hem den, und eine Kommode nur mit ausgeblichenen Jeans.
    Schließlich stand ich niedergeschlagen von den gan zen Kleidungsstücken auf – was bewiesen sie schließ lich anderes als die Herzensunschuld von Malone , seine unstillbare Sehnsucht, geliebt zu werden?
    Es gibt in New York Typen, deren Freund an Drogen stirbt, und die seine Kleider ohne Zögern ihrem näch sten Liebhaber schenken. Aber mir kamen die Kleider eines Toten schon immer verhext vor, und deshalb hörte ich auf, seine Klamotten weiter zu sortieren, über ließ alles meinem Begleiter und begann, durchs Haus zu spazieren.
    Das Haus mit seinen unzähligen Anbauten war von einer italienischen Prinzessin gekauft worden, die immer den ganzen Sommer in Manhattan in ihrer klimatisierten Wohnung am Central Park blieb und Hot dogs aß, – und die das Anwesen für nichts anderes brauchte als für den Fall, daß sie eines schönen Som mertages vielleicht doch einmal an den Strand wollte. Sie hatte es gekauft, und Sutherland – mit seinem eigen artigen Gespür für diese bizarren Wohltäter – hatte es in der zweiten Sommerhälfte für sich und Malone benutzen dürfen.
    Aber jetzt war das Haus ganz still, und als ich mich umdrehte und zurück durch die leeren Räume wan derte, waren sie verlassen von all den Geistern, die einmal durch die Räume geschwärmt waren und die ganze, menschliche wie nicht-menschliche Energie ver schwendet hatten. Eine ganze Kette von Haushältern hatte der Besitz erlebt, und sie waren genauso achtlos wie Feuersteine ausgewechselt worden. Einer von ihnen, ein Tänzer aus Iowa, hatte, wie man zufällig feststellte, die Räume unter der Woche einzeln an Fremde für fünfzig Dollar am Tag vermietet. Er wurde später am St.Marks-Place von einem Mafiakiller erschos sen, als er versuchte, eine neue Karriere als Drogenhändler zu starten; sein Begräbnis war glanz voller als jede Party in jenem Winter. Na ja, diese Per so nen waren verschwunden, und nun stand das Haus leer. Und als ich es so durchwanderte, durchzog mich ein wehes Lustgefühl, wie ich es immer an Plätzen erlebe, die von ihren Bewohnern verlassen wurden – ein Schlafsaal am Schuljahrsende, eine Kirche nach dem Gottesdien s t, Ferienhäuser nach der Saison. An
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