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syrenka

syrenka

Titel: syrenka
Autoren: Elizabeth Fama
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wird, wenn sie nicht unbedingt muss. Während ich nach dem College gegen meinen Willen bei ›Captain Dave Boats‹ anheuern und die fünfte Generation meiner Familie sein werde, die in Plymouth stirbt.«
    »›Captain Dave Boats‹ kümmert sich doch nicht nur um Touristen mit Sonnenbrand! Ihr leistet einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz!«
    »Ach, vergiss es.« Peter schüttelte den Kopf. »Darüber wollte ich eigentlich gar nicht reden.«
    »Über was denn?«
    »Ich möchte dir sagen ...« Er verstummte. »Ich habe das Gefühl, du ...«
    »Noch zwei Minuten, dann lasse ich diese Hölle hier hinter mir!«, warnte sie ihn.
    Er runzelte die Stirn, dann stieß er in einem Atemzug aus: »Genau das meine ich! Warum läufst du immer davon?«
    »Du weißt doch, dass ich Partys hasse.«
    »Weil du die Leute nicht an dich heranlassen willst. Du hast vor irgendetwas Angst.«
    »Ich finde mich okay, so wie ich bin.«
    »Das ist mir klar. Und du bist sogar mehr als okay. Du bist klug und du bist witzig.« Er grinste. »Und nachdem ich jetzt dein Gesicht sehen kann: Du bist gar nicht mal so unansehnlich, wie ich dich in Erinnerung hatte.«
    Hester lachte, wich aber gleichzeitig einen Schritt zurück.
    Er hob die Augenbrauen, als wollte er sagen: »Siehst du?«
    Vielleicht hatte Peter sogar recht. Immer wenn er ernst wurde, hatte sie tatsächlich das Bedürfnis, sich zurückzuziehen. Und vor größeren Zusammenkünften floh sie grundsätzlich.
    Hester zwang sich nun also, ruhig stehen zu bleiben und ihm zuzuhören.
    Peter sprach ruhig und sehr klar. »Ich sage dir das, weil ich dich mag. Ich möchte, dass du ein ganz normales Leben führst – damit meine ich nicht, dass du nicht normal bist. Sondern nur, dass du sonst vielleicht das ganz große Glück verpasst. Irgendwann musst du mal jemand an dich heranlassen und zulassen, dass dich jemand mag.«
    Der ruhige Song der Band hatte sich zu einem donnernden Durcheinander aus Schlagzeug und Gitarre gewandelt – um die Gäste zu begrüßen und sie ganz offenbar in Stimmung zu bringen. Und es funktionierte! Peter musste lauter sprechen, um sich gegen den Lärm durchzusetzen. »So, das klang jetzt schlimm. Aber ich musste es einfach einmal loswerden.« Er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Ehrlich gesagt komme ich mir jetzt vor wie ein Idiot. Darum gehe ich lieber. Wir sehen uns.«
    Hester blickte ihm bis zum Parkplatz hinterher. Dann drehte sie sich um und warf sich mit dem Rücken gegen den Baumstamm. Ihre Augen brannten verdächtig. Sie rieb sich die Nasenwurzel, um die Tränen zu unterdrücken. Nicht mehr lange, dann würde sie ihn verlieren. Aber das war nun mal der Lauf der Dinge, nicht wahr? Sie sollte sich lieber für ihn freuen, dass er aufs College gehen und neue Freunde kennenlernen konnte. Und dass er dort irgendwann und unausweichlich eine Freundinfinden würde. Ein entzückendes Mädchen, diese Freundin, ganz bestimmt – entzückend innerlich wie äußerlich. Keine Frage.
    Hester sah zum Meer und atmete tief ein. An diesem Abend schmeckte die Seeluft nach Salz und feuchtem Sand. Und augenblicklich erwachte die Sehnsucht. Sie sah den unterhalb der Wiese liegenden Strand vor sich. Es war, als wenn er sie riefe. Er war der Gegenpol, den sie zu dieser Party brauchte! Sie löste sich aus dem Schatten des Baums, überquerte die Wiese und lief die kühlen Steinstufen zum Wasser hinab. Die Ebbe hatte einen breiten Streifen Sand freigelegt. Hester öffnete die alte Eisenpforte am Fuß der Treppe und trat auf den Strand hinaus.
    Je weiter sie lief, umso leiser wurde die Musik und verklang zu einem entfernten Dröhnen und umso mehr fing Hester sich wieder. Noch ein bisschen weiter und sie hörte nur noch das beinahe lautlose Wasser; keinerlei Wellen, die sich überschlugen, nur der wunderbar gedämpfte Klang eines weiten Himmels, der sich mit dem Horizont vereinte. Hester wusste, dass diese Ruhe eine Illusion war. Unter der Meeresoberfläche gab es Delfine, Tümmler, Wale, Fische, Krustentieren, Anemonen – eine verborgene Welt, die damit beschäftigt war zu existieren.
    Hester kam jetzt an einen Abschnitt der Steilküste, die durch Aufschüttung verstärkt worden war: grobe Granitblöcke, die man aufgehäuft hatte, um die Küste vor Erosion zu schützen. Ein Wellenbrecher aus demselben Material, die »Buhne« genannt, erstreckte sich zu Hesters Linken in die Bucht hinein. Hester sah nach vorn, und ihr ging auf, dass ihre Flucht sie geradewegs zur »geheimen Grotte«
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