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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gewünschte nachgesehen habe.
    Es dauerte zwei Stunden, bis das Telefon wieder schellte. Zwei Stunden, in denen Donani wie ein gefangener Tiger hin und her rannte, Sprudelwasser trank und Bombalo an den Rand der Verzweiflung brachte mit der Bitte: »Ruf noch einmal in Lüneburg an. Sie haben es vergessen. Pietro – ruf noch einmal an.«
    Das Rappeln der Telefonklingel schnitt diesen Monolog ab, Bombalo stürzte zum Schreibtisch und riß den Hörer hoch. »Ja. Hier bei Donani. Dort Lüneburg? Wundervoll! Haben Sie die Adresse von Frau Friedburg?«
    Bombalo griff nach Papier und Bleistift. Die Stimme aus Lüneburg quakte im Hörer, und es war, als betäubte sie den mitschreibenden Bombalo. Er sank auf den Schreibtischstuhl, sein Gesicht wurde blaß, aus völlig ratlosen Augen sah er Donani an und nickte mehrmals, ehe er wieder auflegte. Stumm schob er den Zettel zu Donani, legte die Hände über beide Augen und ließ sich seufzend nach hinten gegen die Lehne fallen.
    Donani überflog den Zettel und die Notiz Bombalos. Auch ihn ergriff es wie ein lähmender Schock.
    »Das ist doch nicht wahr!« schrie er plötzlich und hieb mit der Faust auf den Tisch. »Ist denn alle Welt verrückt geworden? Sie war doch gestern hier. Ich habe sie doch auf das Zimmer getragen! Ich habe sie geküßt! Das ist doch nicht wahr –«
    Der Zettel flatterte auf den Boden.
    Auf ihm hatte Bombalo notiert:
    Auskunft des Standesamtes Lüneburg: Fräulein Vera Friedburg ist vor vier Jahren in Marseille, in der Klinik St. Hubert, an einer Lungenentzündung verstorben. Ihr Grab ist auf dem Stadtfriedhof Marseille.
    Bernd Donani hämmerte mit beiden Fäusten gegen seine Stirn.
    »Ich werde wahnsinnig, Bombalo!« schrie er. »Ich werde wahnsinnig –«
    *
    Bertha Portz hatte nach dem plötzlichen Tod ihrer Tochter Carola Donani das Leben ganz auf einen eigenen, ruhigen Abschluß ausgerichtet. Sie lebte in ihrer Wohnung völlig zurückgezogen, schrieb ab und zu den Kindern Carolas nach Starnberg, schickte einige Süßigkeiten, aber das Haus am See betrat sie nie wieder. Wenn sie auch nach dem letzten Gespräch ihre Tochter verurteilt hatte und Mitleid mit Bernd Donani empfand – der Tod hatte alles verwandelt. Nun gab sie Donani eine psychologische Schuld an dem Unglück. Carola war an seinem Ruhm gescheitert, das war nun ihre feste Ansicht. Ein Mann kann bis zu einer gewissen Grenze seiner Karriere, seinem Beruf, seinem Vorwärtskommen leben … wird diese Grenze überschritten, ist er nur noch Beruf, nur noch Maschine, dann tötet er die Seele seiner Frau und wird – auch wenn er es nicht merkt – zum inneren Mörder des nächsten Menschen, dem sein Leben gehören sollte.
    Als Bertha Portz sich zu dieser Feststellung durchgerungen hatte, sah sie keine Möglichkeit mehr, Bernd Donani gegenüberzutreten. Ihre kleinen Enkel, ja, das war eine neue Welt, die heranwuchs und die eines Tages vielleicht aus den Fehlern der vorherigen Generation lernen würde … vielleicht. Bis jetzt hatte es sich immer gezeigt, daß sich die Fehler von Generation zu Generation wiederholen, nur unter anderen Namen und anderen Vorzeichen.
    Als es bei ihr an der Wohnungstür klingelte, war sie deshalb verwundert und band ihre Schürze ab. 11 Uhr vormittags. Die Post war vorüber, der Milchmann war längst gekommen, eine Freundin konnte es nicht sein, denn heute abend wurde Tarock gespielt, und man würde sich also nach 20 Uhr sehen.
    Sie öffnete die Tür einen Spalt und lugte hinaus. Eine unbekannte, junge, südländisch aussehende Frau stand vor ihr und sah sie aus großen Augen an.
    Frau Portz öffnete die Tür nicht weiter. Südländerin, dachte sie. Man hört so vieles in der letzten Zeit. Sie bieten Teppiche an oder Stickereien, und wenn sie erst in der Wohnung sind, betäuben sie einen und rauben alles aus.
    Die Furcht der alten Damen überfiel Bertha Portz. Sie musterte die Fremde bewußt streng und abweisend und sagte dann hart: »Ja? Bitte?«
    »Darf ich hereinkommen –?« fragte Carola leise.
    Bertha Portz war es, als stürze der Himmel auf die Erde, als ginge die Welt in diesem Augenblick mit einem Schrei unter. Sie schwankte, taumelte zurück, lehnte sich gegen die Wand, schloß die Augen und preßte beide Hände auf ihr Herz.
    Das ist das Ende, dachte sie. So gehe ich nun weg … die Toten stehen auf und holen mich. Sie sieht anders aus … ganz fremd, völlig unbekannt … aber ihre Stimme ist es, und ihre Augen sind es auch, und ihre Hände. – So also ist
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