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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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deutlich. Er könnte es mir nie verzeihen, daß ich noch lebe. Für ihn bin ich ein Denkmal geworden – sein Leben aber ist weitergegangen und nähert sich einem neuen Höhepunkt, der für ihn Vera Friedburg heißt. O mein Gott, wie höllisch ist dieses Leben!
    Die Stimme Donanis riß sie empor.
    »Sie haben heute einiges gehört, Vera, was Ihnen Rätsel aufgeben muß«, sagte er. Zum erstenmal nannte er sie Vera. Es war eine Vertrautheit, die jetzt, in dieser Stunde, so selbstverständlich wie nichts anderes war. »Sie wissen, daß ich meine Frau Carola durch einen schrecklichen Autounfall verloren habe. Ich habe meine Frau sehr geliebt, ich habe sie für meinen privaten Engel gehalten, ich habe nur für sie und die Kinder gelebt, gearbeitet, mich aufgezehrt. Ich kannte nur sie … so groß die Welt ist, für mich bestand sie nur aus Carola. Das war vielleicht ein Fehler. Ich erhob einen Menschen zu einem Halbgott, aber dieser Halbgott wollte nur als Mensch behandelt werden. Diese Erkenntnis kam mir zu spät, als nichts mehr zu retten war. Während ich an Carola glaubte mit der Inbrunst einer Liebe, die halb im Wahnsinn wurzelt, entglitt sie mir unter den Händen. Ich habe das nie gemerkt, ich war blind, weil ich mir zu sicher war, weil es in meinen Gedanken gar nicht die Möglichkeit gab, Carola könnte von mir gehen. Aber sie tat es, ich weiß es jetzt –«
    Er schwieg einen Atemzug lang. Um Carola begann sich das Zimmer zu drehen, die Flammen im Kamin züngelten zu ihr hinauf und schienen sie zu verbrennen. Die Beichte Donanis wurde zu der flammendsten Anklage, die je eine Frau von ihrem Mann gehört hatte. Eine Anklage, unter der Carola zusammenbrach.
    »Der Tod Carolas löste dieses Problem nicht«, fuhr Donani fort. »Er unterbrach es nur. Meine Verzweiflung war jetzt so groß wie vorher meine Blindheit. Carola tot, das war einfach nicht begreiflich. Und dann kam dieser Kommissar Weghart und schüttete in den Schmerz Gift. Er heilte nicht meine seelische Wunde, er riß sie auf und verätzte sie. Wissen Sie, was es heißt, wenn man erfährt, daß ein Engel nur ein Mensch ist, daß das einzige Lebewesen, aus dem eine Welt besteht, zu einem Betrug fähig war?«
    »Ja«, sagte Carola tonlos. »Ich … ich kann es verstehen –«
    »Ich habe lange gebraucht, um damit fertig zu werden. Ich habe eine Zeitlang geglaubt, es nie zu können. Ich war am Rande des Wahnsinns, denn ich erkannte jetzt in der Rückerinnerung hundert Anzeichen, die ich früher nie bemerkt hatte. Ich sah plötzlich, daß ich falsch gelebt hatte und daß das Engelbild Carolas sich verzerrte zu einer Fratze –«
    »Nein«, sagte Carola kaum hörbar. »Nein, das dürfen Sie nicht sagen. Carola hat Sie ebenso tief geliebt wie Sie Ihre Frau –«
    »Das war meine große Hoffnung. Bis zuletzt. Bis zu dem Augenblick, wo ich ihrem Liebhaber gegenüberstand –«
    In Carola explodierte das Herz. Sie sank nach hinten, ihr Blick verlor alles Leben … sie starrte Donani an und wünschte sich, jetzt, jetzt in dieser Sekunde sterben zu können. Donani sah sie nicht an, er stierte in die Flammen des Kamins, indem er weitersprach.
    »Der Liebhaber ist ein junger Geiger. Jean Leclerc heißt er. Ein unreifer, begabter, aber charakterschwacher Junge, ein Typ, der auf Frauen wirkt, weil er Jugend, Unbefangenheit, Lebenslust und jene charmante Verworfenheit verkörpert, die auf Frauen wirkt wie Rauschgift. Mit ihm wollte sie mich und die Kinder verlassen, bei Nacht und Nebel – wie man so sagt – einfach verlassen. Da geschah das Unglück, sie starb. Aber der Tod löschte nicht aus, was ich jetzt weiß: Sie starb nicht mehr als meine Frau, sondern als Geliebte dieses Leclerc. Als der Tod sie griff, hatte sie sich innerlich längst von mir gelöst … ich habe damals nichts verloren. Nicht mehr ihre Seele, sie war schon woanders, nicht mehr ihren Körper, er gehörte bereits diesem Leclerc. Ich habe nur einen Namen verloren, den Namen Carola Donani, verloren in dem Augenblick, wo sie auf dem Wege war, ihn selbst wegzuwerfen wie eine faulende Apfelsine.« Donani lehnte sich in den Sessel zurück und faltete die Hände. »Das alles weiß ich nun. Und es ist merkwürdig … jetzt ist Ruhe in mir. Jetzt kann ich vergessen, kann neu anfangen. Und der Anfang hat begonnen, als ich Sie, Vera, hier vorfand … im richtigen Augenblick vorfand, denn ich kam gerade aus der Hölle meiner Selbstzerfleischung – aus Monte Carlo, von diesem Jean Leclerc.«
    Er konnte nicht
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