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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das alles so, dachte er. Warum? Wer ist sie wirklich? Wer verbirgt sich in diesem herrlichen Körper, hinter diesem wundervollen Gesicht?
    Er ging voraus ins Kinderzimmer, und sie folgte ihm zögernd, wie von einem großen Magneten gezogen.
    Am Abend saßen sie wieder vor dem Kamin und aßen belegte Brote. Der Jubel der Kinder war vorbei, sie schliefen nun, glücklich, daß die Tante wieder zurückgekommen war. Bombalo hatte Erna Graudenz überredet, mit ihm ins Kino zu gehen. Er hatte sogar versprochen, sich anständig zu benehmen.
    Mit der Dunkelheit war auch über Carola wieder die Angst gekommen. Sie wußte, daß es aus dieser Nacht kein Entrinnen mehr gab. Donani hatte versprochen, die nötige Zurückhaltung zu wahren. Er würde sein Versprechen halten, das wußte sie zu genau. Aber sie war nicht mehr in der Lage, hart zu sein, wo alles in ihr danach drängte, mit Hingabe den Himmel eines neuen Lebens für Donani aufzureißen.
    Sie saßen still, nur ab und zu ein paar belanglose Worte wechselnd. Sie tranken ein Glas Wein, sahen sich in den Wortpausen lange und mit verschleierten Augen an. Dann erhob sich Donani, küßte Vera Friedburg die Hand und wünschte ihr eine gute Nacht und einen sorglosen Schlaf. Es war ein Schuß ins Schwarze. Er spürte es am Zittern ihrer Hand, die er noch immer festhielt. Während er die Treppe hinauf in das obere Stockwerk schritt, fühlte er ihren Blick in seinem Nacken. Aber er drehte sich nicht um, er ging mit ruhigen Schritten weiter und drückte die Tür des Schlafzimmers hinter sich zu. Erst hier verließ ihn die Haltung … er hieb mit der rechten Faust in die linke Hand, trat ans Fenster und verfluchte sich und seine steife Moral. Sie ist zurückgekommen, dachte er. Sie wird hier bleiben. Und ich werde sie nie fragen: Wer sind Sie wirklich? Warum tragen Sie den Namen einer Toten? Ich werde in ihrem Bannkreis leben, ich werde wie ein Kaninchen von der Schlange gelähmt sein, ich werde sie anstarren und innerlich anbeten … und ich werde nichts tun, gar nichts, weil ich gegen eine Wand renne, die ich mir selbst aufrichte. Sie wird Unglück bringen, denn sie ist eine Hochstaplerin. Sie trägt ein Geheimnis mit sich, das der Tod deckt.
    Unruhig ging er im Zimmer hin und her. Er hörte Bombalo und Erna Graudenz heimkommen, er hörte sie unten noch lachen, sie aßen noch etwas, dann wurde es still im Haus. Die lange Nacht begann, eine Nacht der Qual … die erste von vielen.
    Ein Windzug ließ ihn herumfahren. Die Tür hatte sich geöffnet und lautlos wieder geschlossen. Gegen die weiße Tür hob sich in der Dunkelheit eine Gestalt ab … nur ein Umriß, schemenhaft … aber es war atmendes Leben, das dort wartete.
    Donani spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. Schnell knipste er die Nachttischlampe an.
    Vera Friedburg hob den Arm und legte ihn über die Augen, als sei sie geblendet. Sie trug ein langes, zart violettes Nachthemd aus dünnem Nylon, die schwarzen Haare flossen um das schmale, bleiche Gesicht. Unter dem hauchdünnen Gewebe erkannte Donani ihren Körper … ein Elfenkörper unter einem wehenden Schleier.
    »Bitte … mach das Licht aus …«, sagte sie kaum hörbar. Sie trat einen Schritt ins Zimmer und hob ihm beide Arme entgegen.
    Mit einem Laut, der wie ein erstickter Schrei klang, stürzte Donani ihr entgegen, hob sie auf seine Arme, drückte sie an sich.
    Der durchsichtige Stoff spannte sich um ihren Körper … und unter der linken Brust, ganz deutlich, sah Donani das runde, pfenniggroße dunkle Muttermal –
    »Carola!« schrie er auf. Seine Beine knickten ein, der Körper fiel aus seinen Armen auf das Bett, er sank in die Knie und vergrub sein Gesicht in ihrem Schoß.
    »Carola!« stammelte er. »Du bist Carola … du bist es … du bist es …«
    *
    Er wachte auf, weil ihm die Sonne ins Gesicht schien. Er dehnte sich, streckte die Arme und gähnte. Dann erinnerte er sich, und setzte sich mit einem Schwung auf.
    Carola saß vor dem Frisierspiegel und kämmte sich die schwarzen Haare. Sie hatte über ihr Nachthemd einen Morgenmantel gezogen, und es war der Morgenmantel der früheren Carola Donani, der noch immer im Schrank gehangen hatte. Auch die Pantoffeln trug sie, und sie drehte sich zu ihm um, lächelte ihn an und sagte: »Guten Morgen, mein großer Junge!«
    »Guten Morgen, mein Engelchen.«
    Pause. Sie sahen sich an und lächelten still. Dann sagte er heiser:
    »Es ist kein Traum? Wirklich? Ich träume nicht?«
    »Nein, mein Lieber –«
    »Und was
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