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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger
Autoren: Marian Keyes
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als sie den Zorn in Ashlings Stimme hörte. »Das habe ich mich auch schon oft gefragt.«
    »Und? Bist du zu irgendeinem Schluss gekommen? Schwierige Phase in der Ehe? Die gibt es überall, musst du wissen.«
    Clodagh schluckte. »Ich glaube nicht, dass es das allein war. Ich hätte Dylan niemals heiraten sollen. Das kommt dir wahrscheinlich komisch vor, aber ich glaube, ich war nie richtig in ihn verliebt. Ich dachte einfach, er ist der Typ Mann, den man heiratet - er sah gut aus und war charmant, er hatte einen guten Job und war so verantwortungsvoll...«
    Sie sah ängstlich zu Ashling hinüber, deren finstere Miene nicht gerade ermutigend war.
    »Ich war zwanzig und egoistisch und hatte von nichts eine Ahnung.« Clodagh wollte unbedingt verstanden werden.
    »Und was war mit Marcus?«
    »Ich hatte ein riesiges Bedürfnis nach Spaß und Aufregung.«
    »Du hättest Bungee-Springen machen können.«
    Clodagh nickte unglücklich. »Oder Wildwasser-Kanufahren.« Aber Ashling lachte nicht. Clodagh hatte ernsthaft damit gerechnet.
    »Ich war unerfüllt und frustriert«, versuchte Clodagh es erneut. »Manchmal hatte ich das Gefühl, ich müsste ersticken -«
    »Viele Mütter langweilen sich und sind frustriert«, fuhr Ashling sie an. »Viele Menschen sind es. Aber sie fangen keine Affäre an. Schon gar nicht mit dem Freund ihrer besten Freundin.«
    »Ich weiß, ich weiß, ich weiß! Ich verstehe das jetzt, aber damals hatte ich keinen Schimmer. Es tut mir Leid, ich fand einfach, mir stand alles zu, weil ich so unglücklich war.«
    »Aber warum Marcus? Warum mein Freund?«
    Clodagh wurde rot und senkte den Blick in den Schoß. Sie ging ein großes Risiko ein, als sie zugab: »Es hätte wahrscheinlich jeder sein können.«
    »Aber du hast meinen Freund genommen! Weil du keinen Respekt vor mir hattest.« Ashling kam zum Kern der Sache.
    Beschämt gestand Clodagh: »Nicht genug. Ich verabscheue mich dafür. Ich habe mich die letzten Monate so schuldig und scheußlich gefühlt. Ich würde mir meine linke Brust abschneiden, wenn du mir verzeihen könntest.«
    Nach einer langen, schwierigen Pause sagte Ashling mit einem schweren Seufzer: »Ich verzeihe dir. Schließlich, wie komme ich dazu, über dich zu richten? Ich bin auch nicht unfehlbar. Du hattest ganz Recht, ich war immer das Opfer.«
    »Oh, es tut mir Leid.«
    »Nicht nötig, du hattest Recht.«
    Clodaghs Gesicht hellte sich auf. »Heißt das, wir können wieder befreundet sein?«
    Noch eine lange Pause. »Nein«, sagte Ashling. »Ich verzeihe dir, aber ich vertraue dir nicht. Einen Freund zu verlieren ist Pech, aber zwei ist ein Zeichen von Sorglosigkeit.«
    »Aber ich habe mich verändert, wirklich.«
    »Das tut nichts zur Sache«, sagte Ashling traurig.
    »Aber...«, wandte Clodagh ein.
    »Nein!«
    Clodagh erkannte, dass es keinen Zweck hatte. »Okay«, flüsterte sie. »Ich gehe dann besser. Es tut mir wirklich Leid - ich möchte, dass du das weißt... Bis dann.«
    Als sie ging, merkte sie, dass sie zitterte. Es war nicht so verlaufen, wie sie gehofft hatte. Die letzten Monate waren extrem unangenehm für Clodagh gewesen. Sie war schockiert und auch überrascht , wie schmerzlich sie ihr neues Leben fand. Nicht nur ihre neuen, düsteren Lebensumstände als allein erziehende Mutter, sondern auch die Einsichten in ihr selbstsüchtiges Verhalten, denen sie sich nicht verschließen konnte.
    Zerknirschung war eine neue Erfahrung für sie, und sie hatte damit gerechnet, dass man ihr verzeihen würde, wenn sie erklärte, dass sie ihre Selbstsucht erkannt hatte, und beteuerte, wie Leid ihr alles tat. Sie hatte erwartet, dass ihr Leben fortan wieder im Lot sein würde. Aber sie hatte Ashling unterschätzt, und sie hatte eine neue Lektion gelernt: Bloß weil ihr Verhalten ihr Leid tat, hieß das noch lange nicht, dass die anderen ihr verziehen. Und wenn sie ihr verziehen, hieß das nicht, dass es ihr besserging.
    Traurig und einsam und immer noch von der Last ihrer Zerstörung gebeugt, fragte sie sich, ob es ihr je gelingen würde, all das, was sie kaputtgemacht hatte, wieder heil zu machen. Würde das Leben je wieder normal sein?
    Als sie bei Hogans vorbeikam, sah eine Gruppe junger Männer hinter ihr her; sie pfiffen und riefen ihr Komplimente nach.
    Erst ignorierte sie sie, dann warf sie ihr Haar über die Schulter und bedachte die Männer mit einem strahlenden Lächeln, worauf die noch lauter grölten. Mit einem Mal wurde ihr leichter ums Herz.
    He, das Leben geht
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