Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0248 - Spinnenbrut

0248 - Spinnenbrut

Titel: 0248 - Spinnenbrut
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Es dauerte fast eine Minute, bis sie sich von dem Schreck erholt hatte. Mit zitternden Knien stieg sie aus, vergaß aber nicht, die Waffe aus dem Handschuhfach zu nehmen und zu entsichern. Wer Seile über die Straße spannte, plante einen Überfall!
    Langsam ging sie nach vom. Der Wagen war schwer beschädigt. Ob er noch fahrtüchtig war, wußte sie nicht. Ihre Hand berührte das seltsam glitzernde Seil.
    Und blieb daran kleben.
    Entsetzt stöhnte sie auf, versuchte sich loszureißen. Doch es gelang ihr nicht mehr. Die Hand saß fest.
    Sie sah nach links und rechts. Rechts heftete das Seil einfach an einem Baum. Es war nicht herumgeschlungen, sondern nur einfach - angeklebt! Und doch hatte es dem Ruck des mit weit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Wagens standgehalten!
    Und von links - kam etwas!
    Es bewegte sich mit unheimlicher Geschwindigkeit, balancierte über das Seil heran, ohne daran haften zu bleiben. Eine riesige Spinne, so groß wie ein Rind!
    Das nackte Entsetzen sprang die Frau an. Sie hoffte, zu träumen. Aber die Spinne bewegte sich für einen Traum viel zu schnell. Die Frau feuerte das ganze Magazin leer. Sah, wie die Kugeln in den haarigen Spinnenkörper einschlugen, von den Augen abprallten, ohne sie zu verletzen. Die Spinne war im nächsten Moment heran, ohne Wirkung zu zeigen. Ihre mit Borsten besetzten Beine packten zu.
    Die Frau starb vor Ekel und Angst, als die Spinne sie berührte.
    ***
    »Brems mal«, sagte Martin »Zombie« Brock und deutete nach vom. »Da ist etwas.«
    »Was?« fragte Dieter Patrzek. »Ich weigere mich, etwas zu sehen, für das ich bremsen soll.«
    »Brems trotzdem«, empfahl sein Freund. Die beiden jungen Leute machten einen Trip durch Texas. »Mal sehen, wie J. R. Ewing so wohnt«, hatte Dieter vorgeschlagen. In Dallas waren sie dann nicht einmal gewesen. Dafür stießen sie jetzt auf ihrer Urlaubs-Tour nach Norden vor und näherten sich Amarillo. Die Stadt sollte vor hundert Jahren im Wilden Westen ein heißes Pflaster gewesen sein.
    Patrzek trat auf die Bremse. Langsam rollte der alte Chrysler aus, den sie in Galveston für ein paar Dollar gekauft hatten, weil das billiger kam als ein Mietwagen - und sie ihn nicht wieder am Ursprungsort abgeben mußten.
    Mitten auf der Straße stand ein brauner Ford Mustang. Dahinter spannte sich ein Seil über die Straße.
    »Das riecht nicht nur nach einer Falle, das stinkt geradezu danach«, brummte Dieter Patrzek. Der Chrysler stand gut dreißig Meter vom Unfallort entfernt in der Kurve. Dieter schaltete die Warnblinkanlage ein. Vorsichtshalber legte er den Rückwärtsgang ein und hielt den Wagen mit der Bremse fest. »Wer spannt denn schon Seile über die Straße?«
    Martin Brock stellte sein hervorragendes Sehvermögen unter Beweis. »Schau mal nach links, aber ganz, ganz vorsichtig«, murmelte er unterdrückt, als könnte ihn ein dritter hören.
    Dieter Patrzek sah in die angegebene Richtung. Pfeifend stieß er den angehaltenen Atem aus. »Ist das nicht ein Netz? Sag mal, Zombie, spinnen wir beide?«
    »Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen«, sagte Martin Brock leise. »Wie war das mit unserem Horror-Club in der guten alten Heimat? Entweder ist das hier tatsächlich Horror, oder die drehen ’n Film.«
    »Hollywood ist auf der anderen Seite von Amerika«, sagte Patrzek unmutig. »Wenn wir das bei uns in Deutschland erzählen, glaubt uns keiner. Das ist doch tatsächlich ein Spinnennetz, da mitten im Wald.«
    Genau genommen spannte es sich zwischen den ersten Bäumen an der Straße auf, und es war nur zu sehen, weil die Sonne günstig stand und Lichtreflexe auf die Tautropfen zauberte. Das Netz durchmaß mindestens zwölf Meter, und einer der Haltefäden spannte sich über die Straße.
    »Das sehe ich mir aus der Nähe an«, beschloß Martin Brock und stieg aus. Langsam ging er auf den verunglückten Wagen zu. Dabei sah er immer wieder zu dem halb hinter Blättern verborgenen Spinnennetz hinüber. Wenn das wirklich echt war…?
    Aber wer sollte denn nur aus Jux einen Wagen verunglücken lassen?
    Der junge Deutsche glaubte plötzlich etwas im Netz zu sehen, das wie ein menschengroßer, zugesponnener Kokon aussah. Er lief zum Wagen zurück und nahm das Fernglas aus dem Ablagefach. Direkt bis zum Netz zu gehen, hütete er sich. So leichtsinnig war er nun doch nicht…
    Er sah hindurch.
    Dann drückte er seinem Freund das Glas in die Hand. »Schau dir das an, verdammt. Da macht einer den makabren Scherz aber ziemlich echt…
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher