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Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Titel: Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
Autoren: Edda Minck
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diese Art von Diskussion hatte sie mit Hölderling schon des Öfteren geführt. Mittlerweile war daraus fast schon so etwas wie eine Tradition geworden. Sie analysierte ihn – er hörte nicht zu.
    «Wie spät?», fragte Hölderling und schlurfte auf die Küchentheke zu.
    «Zwanzig sechzehn.»
    «Vierundvierzig Minuten.»
    «Und es werden kontinuierlich weniger.»
    «Sowieso. Doppelten Espresso, bitte.»
    «Haben Sie das Telefonat etwa mitgekriegt?»
    «Der liebe Gott hört alles, Sophie», sagte Hölderling, nahm ein großes Stück Kirschstreusel, drehte wieder ab und stolperte in Richtung Badezimmer. Auf dem Weg entledigte er sich seines Mantels, schob den Kuchen in den Mund und knallte hinter sich die Tür zu. «Oh, Entschuldigung», kam es aus dem Bad.
    «Nicht der Rede wert, die Tür ist ja grad erst repariert worden. Welchen Anzug soll ich rauslegen?»
    «Den mit Weste.»
    Sophie verdrehte die Augen, füllte Espresso in die Maschine und drückte den Startknopf. «Sie haben nur Anzüge mit Weste, Herrgott noch!»
    «Nadelstreifen. Anthrazit …»
    Die Dusche rauschte, und Sophie Wackernagel hörte schon nicht mehr hin, sondern ging ins Schlafzimmer und öffnete die Schranktüren. Sie legte den dunkelbraunen Tweed mit den Lederflicken auf den Ärmeln heraus sowie farblich passende, warme Socken, ein Hemd mit Button-down-Kragen und ein paar Budapester mit dicker Sohle, die farblich auf den Anzug abgestimmt waren. Neben das Ensemble legte sie einen Zettel, auf den sie schrieb: «Ich weiß, dass in Ihrer Welt ein Gentleman nach 18 Uhr eigentlich schwarze Schuhe trägt, aber die Auswahl ist dem legeren Charakter des Treffens an Jobst Freitags Küchentisch geschuldet. LG Sophie. PS: Hinterlassen Sie bitte eine Nachricht auf meinem AB, ob ich Sie morgen wecken soll.»
    Danach goss sie den Espresso in eine kleine Tasse, gab einen Löffel Zucker dazu und stellte alles vor die Badezimmertür. Sie klopfte und rief: «Ich bin dann mal weg.» Eine Antwort wartete sie nicht ab. Sie war sauer auf Viktor Liebermann, der dieses Treffen bei Jobst arrangiert hatte. Vermutlich mal wieder, ohne die Konsequenzen zu überdenken. Er müsste sich ja am nächsten Tag nicht um das Aufkehren von Gregor Hölderlings Seelenscherben kümmern, die, wie Sophie dachte, diese Begegnung hinterlassen würde. Und ihr Chef war sowieso geschwächt: Zwanzig Meter – das konnte einen Gregor Hölderling in die totale Erschöpfung treiben. Den Helden zu spielen ist eine Sache – ein Held zu sein eine ganz andere.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 15
    Der Zeiger von Jobst Freitags Küchenuhr schritt unerbittlich weiter. Viktor Liebermann beobachtete diese Tatsache mit stillem Entsetzen, während er Annelies Seydelbast, die mit gutem Appetit einen von Jobst Freitags unübertroffenen Eintöpfen in sich hineinschaufelte, den tatsächlichen Ablauf des vorangegangenen Tages zu erklären versuchte.
    Der Zeiger passierte die Markierung 21:15 Uhr und schien sich ab da schneller zu bewegen. Kaum hatte Viktor einen Satz gesagt, war die verdammte Mechanik schon wieder einen Schritt weiter. 21:19 Uhr. Annelies verlangte es nach mehr von dem selbstgebackenen Brot, Viktor verlangte es nach seinem Freund Gregor Hölderling.
    Als Jobst das Brot gebracht hatte, sagte Annelies: «Also, Viktor. Um das Ganze mal abzukürzen – ich weiß längst, dass es Gregor war, der Thomas überhaupt in die Lage versetzt hat, mich aus dem Schuppen zu holen. Ich weiß das – du musst mir das nicht erklären. Obwohl ich deinen Versuch, Gregor den Heldenkranz zu winden, ganz erbaulich finde.»
    «Ich wollte dir das nur sagen. Er war es, der nicht lockergelassen hat. Wir sind durch Eis und Schnee gehetzt. Er hat beinahe meinen Wagen zu Schrott gefahren, und wir haben die Attacken von Krähenfüßchens Vater überlebt. Und nicht nur das – Gregor hatte den richtigen Riecher, wie immer. Und noch eines, stell dir nur vor, Gregor ist gerannt. Richtig gerannt! Ich meine, erwärmt dir das nicht das Herz?»
    «Das täte es, wenn ich eins hätte. Aber bevor du den nächsten Satz sagst, sage ich: Misch dich da nicht ein, mein Freund.»
    Viktor schüttelte den Kopf, und wieder ließ er den Löffel in die Suppe zurücksinken. «Jetzt erklär mir mal eins: Was hat Struck, das Gregor nicht hat?»
    «Nichts.» Annelies schob sich noch ein Stück Brot in den Mund und beobachtete das Entsetzen, das sich auf Viktors schmalem Falkengesicht breitmachte.
    «Kann er kochen?»
    «Nein.»
    «Aber du doch auch
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