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Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Titel: Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
Autoren: Edda Minck
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schmeckte Butter, Zucker und Vanille und eine geheime Zutat, die dem Kuchen das Prädikat «himmlisch» verlieh.
    «Herr Hölderling», flüsterte sie, «ich werde den aufessen. Ganz allein. Klingelchens Streuselchen. Mit Liebe gebacken. Ich werde nichts für Sie übrig lassen.»
    Die erwartete Reaktion blieb aus. Nun war sie sicher, dass man sich Sorgen machen musste. Sie beschloss, Viktor Liebermann anzurufen und ihn um Rat zu fragen. Der Kuchen hatte immerhin so viel magische Wirkung, dass das Telefon klingelte und Viktor Liebermann am anderen Ende war, bevor Sophie sich auf die Suche nach seiner Telefonnummer machen musste.
    «Gut, dass Sie anrufen. Ich glaube, Herr Hölderling wird nicht mehr wach.»
    «Das täuscht. Er wird jetzt gleich auf der Stelle wach, Sophie. Sie müssen ihm nur sagen, dass er zu Jobst Freitag kommen soll. Und zwar um neun. Also 21 Uhr. Sie haben also noch etwas mehr als eine Dreiviertelstunde, um ihn wach zu kriegen.»
    «Ich glaube nicht, dass ihn diese simple Nachricht beeindrucken wird. Ich habe Frau Klingels Kirschstreusel unter seine Nase gehalten, und er hat noch nicht mal gezuckt. Deswegen mache ich mir ja Sorgen.»
    «Sie sehen ein Mitglied der Anwaltschaft sprachlos», sagte Viktor.
    «Was faktisch falsch ist, Herr Liebermann, ich sehe Sie nicht sprachlos, ich höre, Sie sind sprachlos. Zumindest, was die sinnvollen Sachen angeht. Also, was soll ich ihm sagen, das ihn aus dem Bett hebelt?»
    «Ein Manger à trois. Nur Annelies, Gregor und ich. An Jobstens Küchentisch. Ohne Struck, um es noch mal deutlich zu erwähnen. Annelies hat drum gebeten. Sie würde sich sehr freuen, wenn Gregor dabei ist. Sind Sie noch dran?»
    «Ja, ja … ich notiere. Manger à trois, bei Jobst. Mit Ihnen, Herrn Hölderling und Frau Seydelbast. Auf Wunsch von Frau Seydelbast. So. Erledigt.»
    «21 Uhr.»
    «Ja-a. Ich hab’s notiert. Ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber ich verspreche nichts, dies hier ist ein neues Stadium der Hölderling’schen Absage an die Welt. Normalerweise wäre er wenigstens zwischendurch in die Küche geschlafwandelt und hätte den Kühlschrank geleert.»
    «Seien Sie nachsichtig, Gregor Hölderling hat über zwanzig Meter im Laufschritt zurückgelegt. Aber das sage ich Ihnen jetzt im Vertrauen – erwähnen Sie das ihm gegenüber niemals. Viel Glück. Sie machen das schon, Frau Wackernagel.»
    Sophie legte auf, stützte ihre Ellenbogen auf die Küchentheke und dachte: Ja, ja, ich mach das schon. Fragt sich nur, wie. Als sie sich umdrehte, um einen Espresso anzusetzen, erschrak sie beinahe zu Tode. Hölderling stand, wie er vor Stunden aufs Sofa gefallen war, in zerknittertem Mantel, Hemd und Hose fleckig, samt ausgetretenen Socken im Türrahmen. Er schwankte ein wenig, aber er hatte die Augen geöffnet und machte den Eindruck eines Zombies, der auf halbem Weg zu seinem Bewusstsein eine kleine Pause eingelegt hat.
    «Ich bin gerannt», sagte er, als entschuldige dies seinen derangierten Aufzug.
    «Was Sie nicht sagen …», antwortete Sophie Wackernagel. «Scheint Ihnen nicht zu bekommen, Chef.» Hölderlings Prioritätenliste würde sie auch nach den nächsten zwanzig Semestern Philosophie nicht verstehen. Zabel hatte ihr erzählt, dass er eine Tote hatte identifizieren müssen, gottlob nicht auf leeren Magen – das, dachte Sophie Wackernagel, hätte mich ins Wanken gebracht und noch ein paar schlimmere Sachen hervorgerufen. Aber alles, was Hölderling vorbrachte, war, dass er gerannt sei.
    «Ich renne sonst nie, das ist nicht gut fürs Gehirn. Zu viel Energieverlust in eine sinnlose Tätigkeit», dozierte er.
    «Sie müssen sich nicht entschuldigen», sagte Sophie. «Oder wollen Sie etwa gerade jetzt den Sinn oder Unsinn von Bewegung – von Sport wollen wir mal gar nicht reden – diskutieren, und dann auch noch ausgerechnet mit mir? Ich mache sehr viel Sport, und – sehe ich etwa verblödet aus?»
    «Nein. Aber ich spreche ja nur für mich …»
    «Von was auch sonst?», sagte Sophie und lächelte dabei. «Meinen Sie nicht, dass eher der Grund, weswegen Sie gerannt sind, Ihnen den Mumm aus den Knochen gezogen hat? Ich glaube, dass die emotionale Belastung, der Sie ausgesetzt waren, also die Angst um Ihre Annelies, diesen Zombiezustand hervorgerufen hat. Sie dürfen mir zustimmen, ob Sie wollen oder nicht.»
    «Zu viele Worte für die Uhrzeit, Frau Wackernagel. Kaffee, bitte», sagte er mit rauer Stimme.
    «Schon auf dem Weg.» Sophie war keineswegs beleidigt,
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