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Suna

Suna

Titel: Suna
Autoren: Ziefle Pia
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das Wasser.
    Sie reden davon, wie es gehen könnte, dass sie zusammen sein können in Deutschland.
    »Schickst du mir Werkzeug, wenn du wieder dort bist?«, fragt er eines Tages.
    »Sicher«, sagt Julka, »aber wofür brauchst du es hier?«
    »Ich weiß nicht, wie schnell ich kommen kann«, sagt er, »jetzt mit … wie heißt das?«
    »Anwerbestopp.«
    »Wir müssen heiraten, sonst kann ich nicht zu dir und Emine.«
    Er liegt unter einem Waschbecken und schließt den Wasserhahn an, während er das sagt. Schon dreißig Tage ist sie da, dreißig Tage nur mit Kamil.
    »Ich heirate dich«, sagt Julka und küsst ihn.
    Ahmed kommt mit seiner Frau und lobt Kamils Arbeit in den schönsten und besten Worten. Er gibt ein Fest im Garten, mit mächtig Alkohol und lauter Musik.
    »So feiert man in Deutschland«, sagt er zufrieden.
    »Du musst nicht so weit reisen, schon in Istanbul gibt es an allen Ecken Feste«, sagt Kamil. »Schönere und buntere und lautere als in Deutschland«, lacht er.
    »Lautere? Das kann nicht sein«, sagt Ahmed und dreht die Anlage auf bis zum Anschlag, und alle tanzen und fassen sich an den Händen und singen mit.
    Da sieht Julka Ayse am Zaun stehen, allein.
    Kamil hat seine Frau nicht gesehen, er ist mit Freunden irgendwo im Haus.
    Julka geht zu Ayse.
    Die geweint hat, so rote Augen hat sie.
    »Was ist mit dir?«, fragt Julka, kein bisschen verlegen.
    »Hast du Zeit?«, fragt Ayse.
    »Du willst zu mir?«, fragt Julka.
    »Zu dir. Hast du Zeit?«
    Julka geht mit Ayse ein Stück weg vom Haus, sie setzen sich auf einen Feldstein unter den alten Eichenbaum.
    »Ich bin schwanger«, sagt Ayse, und Julka erschrickt.
    »Weiß Kamil Bescheid?«, fragt sie.
    Ayse schüttelt den Kopf. Nein, ihr Mann weiß nichts davon.
    »Warum erzählst du es mir?«, fragt Julka. »Warum kommst du zu mir?«
    »Kamil ist bei dir. Ich bin hier. Ich habe schon zwei. Kannst du mir nicht helfen? Aus dem Dorf will ich niemanden fragen«, sagt Ayse und weint wieder.
    »Du willst, dass ich dir helfe? Das Kind …«
    Julka spricht es nicht aus. Vielleicht hat Ayse das nicht gemeint?
    »Sag das nicht«, sagt Ayse, »sag das nicht so.«
    »Es ist falsch«, sagt Julka, aber ist es nicht auch ganz falsch, sich in eine Ehe zu drängen, ist es nicht schändlich, was sie hier macht?
    »Was soll ich denn tun? Kamil wird gehen, er wird mit dir in Deutschland leben. Denkst du, ich weiß nicht, dass er sich scheiden lassen will? Was soll ich mit noch einem Kind anfangen?«
    »Warum fragst du nicht Ahmeds Frau?«, sagt Julka.
    Die Idee ist nicht so abwegig, wie sie vielleicht klingt. Sogar Ayse überlegt sich das eine Weile.
    »Nein«, sagt sie dann, »das würde Kamil nicht zulassen.«
    Das könnte sogar sein, denkt Julka.
    »Hilfst du mir?«, fragt Ayse. »Weißt du nicht, dass wir wie Schwestern sind? Hilfst du mir, Ehefrau aus Deutschland?«
    Vom Haus hört man Musik, man sieht die Schatten der tanzenden Männer.
    Irgendwo dort ist Kamil, denkt Julka, den sie wiederbekommen hat, für eine Weile nur, wie es aussieht.
    »Wir sind wie Schwestern«, sagt Ayse noch einmal.
    Irgendwo dort ist Kamil, den sie liebt.
    »Kannst du Auto fahren?«, sagt sie zu Ayse.
    Ayse nickt. Sie sieht Julka dankbar an.
    »Wartest du hier?«
    Ayse würde auch drei Tage und drei Nächte hier warten, so sieht sie aus.
    »Du hilfst mir?«
    »Ja«, sagt Julka. »Ich helfe dir. Und mir.«
    Als Julka wieder zurückkommt, trägt sie ihren kleinen Koffer bei sich.
    »Hast du da alles drin?«, fragt Ayse. Kann das sein, sagt ihr Blick.
    »Ja«, lächelt Julka tapfer, »ich habe alles eingepackt. Fahren wir?«
    Sie nehmen den Wagen vom Onkel, ohne zu fragen.
    Leiser und leiser wird die Musik. Die Party ist so laut wie in Istanbul und bunter und schöner als in Deutschland.
    »Wohin?«
    »Erst mal runter zur Hauptstraße«, sagt Julka.
    Ayse fährt.
    »Sehr oft bist du aber nicht gefahren, was?«, sagt Julka unterwegs.
    »Nein, ist es schlimm?«
    »Sehr schlimm«, sagt Julka, »mir ist schlecht.«
    Ayse sieht herüber.
    »Kotz bloß nicht ins Auto«, sagt sie.
    »Ich mach das Fenster auf«, sagt Julka.
    Die beiden Frauen lachen und sind verbunden für diese kurze Stunde in dieser kurzen Nacht.
    »Und jetzt?«, fragt Ayse, als sie auf der Hauptstraße angekommen sind.
    »Jetzt lässt du mich aussteigen«, sagt Julka.
    »Willst du … hier?«, fragt Ayse, die sich umsieht und nichts erkennen kann als eine Bank und ein Schild, nicht weit von der Stelle, an der Zeki überfahren
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