Suna

ich mit meinem klaren und rationalen Verstand erklären konnte – und hatte den Mut, es einfach anzunehmen.
    Ich habe nach meinen Wurzeln gesucht, nach meinen und nach deinen, mein Kind, denn ohne Wurzeln kann das Herz nicht wachsen.
    Ich habe einen weiteren Namen bekommen, und mit diesem Namen und dem Wissen um die Geschichten all meiner Eltern ist Ruhe eingekehrt in mir. Kein Flickwerk mehr. Und kein Abstreifen meines vorherigen Lebens, wenn ich aufstehen möchte und hineingehen will in etwas Neues.
    Morgen geht unser Flugzeug in die Türkei. Wir werden unserer türkischen Familie begegnen, über sechshundert Verwandten. Alle werden sie dort sein und alle haben schon immer gewusst von Suna und geweint um sie und preisen das Wunder, dass sie lebt.
    Tante Ipek wird schon in Yozgat auf uns warten, ihre Taschen voller Erfrischungstücher und Börek.
    Und sie wird über deine Haare streichen und sagen, was sie immer sagt:
    Schau dir dein Kind an, Suna.
    Was ist mit meinem Kind?
    Siehst du das nicht, Suna?
    Was soll ich sehen?
    Ihre Seele.
    Um ihre Seele weiß ich, Tante.
    Behüte sie gut, wird sie sagen, behüte sie, hörst du?
    Dann wird sie sich abwenden und ausführlich in ihrer Tasche kramen und eines ihrer wunderbar duftenden Päckchen hervorzaubern. Sie wird es öffnen und mir auffordernd entgegenstrecken.
    So, jetzt nimm dir ein Börek, und wenn du satt bist, erzählst du uns noch einmal, wie du uns gefunden hast, Suna.
    Fang am Anfang an, ganz am Anfang.

wohin des wegs?
    den schildkrötenspuren nach
in die kathedrale hinein
in die berge die berge in mir
    auf dem boden nebelnester teilen
mit weben zwischen den händen dann
    von einem baum zum andern
bis schnee fällt in meine stille
    vor die tür zum teppich klopfen
vom staub der stadt auf die felder
aufs land aufs land mit mir
    auf dem boden hundefelle teilen
mit knäueln zwischen den händen dann
    von einem baum zum andern
bis regen fällt in meine stille
    in spiegelaugenseen tauchen
fremdvertraute weiten entlang
ins ich ins du ins wir
    auf dem boden mit menschen teilen
mit losen fäden zwischen den händen dann
    von einem baum zum andern
bis wir alle einander still in den weg fallen
    so zärtlich wildes getier
    von Lilith Adami

Danksagung:
    Dieses Buch wäre nicht entstanden ohne Christine Koschmieder, die schon beim allerersten Planungsgedanken an Suna und mich geglaubt hat.
    Sie hat den Staffelstab abgegeben an Ulrike Ostermeyer vom Ullstein Verlag, die mit kleinsten Worten und Gesten inspirieren kann, und an meine Lektorin Kristine Kress, die mich durch (mannigfaltige!) Höhen und Tiefen der Manuskriptphasen (immer mehr als man denkt!) unerschrocken begleitet hat.
    Dank geht darüber hinaus an das ganze Team vom Ullstein Verlag, das immer und in allen Fragen für mich da ist.
    Aus ganzem Herzen bedanken möchte ich mich bei Christine Götz, Christian Schnohr, Hans und Klara Rommel, Judith Thiery, Katja Scheuer, Kai Strittmatter, Robert Laux, Silvia Reck, Steffi Husslein, Susanne Ackstaller, Ursula Brandt, Ulrike Wortmeyer und Yvonne Mich für Test­lesen (und mehr!) in allen Stadien, und ganz besonders bei Ulrike Hartmann für ihr Wissen, ihre Geduld – und ihre Freundschaft. Und für die Klarheit, immer wenn es nötig war »alles schön, aber…« zu sagen.
    Zuletzt gilt mein besonderer Dank meiner ganzen Familie, meinen Kindern – und meinem Mann.