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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod
Autoren: Amanda Cross
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übermäßig überrascht über den Tod ihrer Mutter. Sie hatten damit erst später gerechnet, kannten aber die Ansichten ihrer Mutter zum Thema Alter.
    Trotzdem, achtundfünfzig schien viel zu jung. Carl Degler hatte das Vorwort geschrieben zu einem Buch von Charlotte Perkins Gilman mit dem Titel ›Frauen und Ökonomie‹. Dadurch war die Polizei auf seine Spur gekommen. Man vermutete, das Buch könnte weitere Fakten enthalten, die im Zusammenhang mit Patrices Tod von Bedeutung wären, aber offensichtlich war das nicht der Fall.
    Mehr war aus dem Polizeibericht nicht zu erfahren. Dem College wäre es natürlich lieber gewesen, Patrice hätte Chloroform benutzt statt des Sees, was man ihnen aber vielleicht nicht verübeln kann.«
    Kate legte die Füße auf den Kaffeetisch und sah Reed an. »Ich überlege immer noch, was ich von dem Abend, als Archer und Herbert hier waren, halten soll«, sagte sie. »Es sieht dir gar nicht ähnlich, ein persönliches Problem zuerst vor Fremden anzusprechen. Und dann platze ich auch noch mit der beschämenden Tatsache heraus, daß du jünger bist als ich. Ich mache mir Sorgen seit diesem Abend.«
    »Ich auch, meine Liebe, und ich entschuldige mich. Gib deiner Patrice Umphelby die Schuld. Aber ich habe wirklich das Gefühl, daß ich was verändern muß. Und die Perspektive, daß die mittleren Jahre mehr sein können als das Ausagieren unterdrückter Kindheitsbedürfnisse, finde ich sehr inspirierend.

    17

    Patrices Vorstellungen über die mittleren Jahre haben es mir angetan.«
    »Mir auch. Hast du schon eine Idee, was du tun wirst?«
    »Mehrere. Aber natürlich will ich mein Leben nicht in einem Teil der Welt zubringen, wo du nicht bist, und das schränkt die Möglichkeiten erheblich ein.«
    »Reed, macht es denn Sinn, eine Arbeit aufzugeben, die man liebt, gut macht und für die man sich selbst respektieren kann – nur weil niemand sonst über vierzig sie noch macht? Deine Arbeit langweilt dich doch nicht?«
    »Langweilig könnte sie wohl niemand nennen. Wie soll ich mich ausdrücken?
    Es kommt der Moment, und wer weiß das besser als du, wo man einen Schritt nach vorn machen muß – weil Stillstand gleichbedeutend mit Rückschritt wäre. Ich glaube, weil es mir so schwer fällt, mich genauer auszudrücken, habe ich mich sogar gescheut, mit dir darüber zu sprechen. Aber ich hätte es schon rechtzeitig getan, und das weißt du.«
    »Eigenartig, daß Patrice diese Wirkung neulich abends auf dich hatte. Ich habe fast den Verdacht, daß es genau die Art Wirkung ist, die sie auf viele Leute hat.
    Und ich fürchte, aber du darfst Archer und Herbert nie erzählen, was ich jetzt sage, daß sie zu den Menschen gehört, die nach ihrem Tod mit einer Art Heiligenschein umgeben werden, mit denen aber im täglichen Leben nicht leicht auszukommen war. Als regelmäßige Kost sind große Intensität und Originalität vielleicht etwas schwer verdaulich.«
    »Vielleicht. Alles Außergewöhnliche ist schwer verdaulich, wird es einem ständig vorgesetzt. Aber sie hinterläßt ihre Spuren, deine Patrice. Ich bin gespannt auf ihr Tagebuch.«
    »Sie fasziniert mich, Reed. Ich frage mich, warum.«
    »Und ich frage mich, warum du gegen diese Faszination ankämpfst. Ich glaube, du fühlst dich ihr sehr nah, Kate. Warum läßt du das nicht einfach zu? Daß sie mich dazu verleitete, vor ihren Biographen etwas zu sagen, das ich zuerst mit dir allein hätte besprechen sollen, kannst du ihr doch nicht übelnehmen.«
    »Reed, du bist ein Biest. Aber außerdem bist du ein bemerkenswert scharfsinniger Mann. Habe ich dir das in der letzten Zeit eigentlich mal gesagt?«

    18

Drei
    Als ihr klar wurde, daß sie allein sein würde, warf sie alle Gewißheiten ab, die sie bis dahin gehabt hatte und begann bei Null. Als allererstes ließ sie sich die Haare schneiden. Mit derlei Dingen wollte sie sich nicht mehr beschäftigen müssen. Als nächstes versuchte sie, zu einem Entschluß darüber zu kommen, wie sie leben wollte und was ihr wichtig war. Wann bin ich glücklich, und wann bin ich traurig, und was ist der Unterschied? Was muß ich wissen, um am Leben zu bleiben?… Da der Tod keinen Schrecken für sie barg (sie sprach oft mit den Toten), wußte sie, daß es nichts zu fürchten gab.

    Toni Morrison

    Kate öffnete Patrices Tagebuch. »Immer, wenn ich die Geschichte oder Autobiographie einer älteren Frau lese«, begann es:
    »Immer, wenn ich die Geschichte oder Autobiographie einer älteren Frau lese –
    und es
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