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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod
Autoren: Amanda Cross
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deine mysteriösen Biographen – ich meine, über das hinaus, was ich gleich selbst sehen werde.«
    »Ich habe gerade einen Brief von Archer bekommen, dem er eine, wie er es nennt, enzyklopädische Schilderung von Patrices Leben beigelegt hat. Er schreibt:
    ›Wir alle wissen, daß diese »Fakten« nichts oder weniger als nichts aussagen, aber vielleicht verhelfen sie Ihnen doch zu einem klareren Bild von Patrice. Eigentlich hatten Herbert und ich vor, Sie nur einmal zu konsultieren – wegen Ihres Zusammentreffens mit Patrice auf dem Flughafen, aber jetzt fragen wir uns, ob wir nicht den unerhört unverschämten Wunsch äußern dürfen, einige wichtige Fragen mit Ihnen zu besprechen. Ich will Ihnen nicht vormachen, daß wir Sie darum bitten, weil Sie eine Frau sind – aber vielleicht bitten wir Sie, weil Sie eine besondere Frau sind, die bei der Frage von »typisch oder untypisch weiblich« nicht gleich auf Abwehr geht. (Sie werden sehr genau wissen, was ich meine, liebe Kate, und sich nicht beleidigt fühlen.)‹ Er und Herbert freuen sich, mich und den beneidenswerten Reed zu sehen…«
    »Er klingt ein bißchen weltentrückt«, sagte Reed, »was entweder hinreißend sein kann oder sehr strapaziös; je nachdem.«
    »Er ist hinreißend, wirklich. Archer lebt sein Leben, als bewege er sich in einem Text von Cole Porter, und wie Cole Porters Liedertexte wirkt sein Leben leichter, als es ist.«
    »Und hast du den enzyklopädischen Artikel über Patrice gelesen?«

    11

    »Nur überflogen, aber immerhin weiß ich jetzt, daß ihr Mann bei einem Raubüberfall getötet wurde.«
    »Lieber Himmel, dacht’ ich mir’s doch, daß ich diesen ausgefallenen Namen Umphelby schon irgendwo gehört habe, aber ich konnte ihn nicht einordnen. Wir waren mit dem Fall befaßt. Zwei Halbwüchsige haben den Mann erschossen, als er sie daran hindern wollte, seine Uhr zu stehlen. Die Brieftasche hat er ihnen gegeben. Reine idiotische Dickköpfigkeit natürlich, aber o Gott! Die Kerle bekamen ihre Strafe, aber was nützt das schon. Hätten sie keine Pistole gehabt…
    aber warum damit anfangen. Wie schrecklich für Patrice. Das wirst du wohl bei allem, was du mit Archer und Herbert besprichst, berücksichtigen müssen. Und da, glaube ich, kommen sie auch schon.«
    Sowohl für Archer wie für Herbert schien der Konsum von Alkohol zu den täglichen Gewohnheiten zu gehören. Aber Archer, den Kate schließlich mit einem Lied von Cole Porter verglichen hatte, machte diesem Vergleich alle Ehre, indem er den schnöden Genuß ins Zeremonielle zu wenden wußte; Herbert schloß sich ihm an. Mit Laphroaig, dem sie ein wenig gekühltes Wasser hinzugefügt hatten –
    nicht einmal das, erinnerte sich Kate, war auf dem schrecklichen Flughafen zu haben gewesen – stießen sie auf Patrice und ihre Biographie an.
    »Ich habe gerade erfahren«, sagte Reed, »daß Patrice Umphelbys Mann bei einem Überfall ums Leben kam. Ein solches Ereignis ist für jede Biographie bestimmt von großer Bedeutung.«
    »Natürlich«, sagte Herbert, »war das ein Wendepunkt in ihrem Leben; nach einer Zeit von Trauer und Kummer vollzog sich bei ihr ein tiefer Wandel, wie so oft bei Menschen, die mit dem Tod in Berührung gekommen sind. Die ganze Werteskala verschiebt sich plötzlich: Oberflächliche Geselligkeit verliert an Bedeutung, Gespräche und Ereignisse dagegen, die Intensität versprechen, werden wichtiger. Das Leben wird zugleich wertvoller und wertloser. Dies in dieser Biographie herauszuarbeiten, ist allerdings einer der schwierigsten Punkte und jedesmal, wenn ich davon anfange, sieht Archer gequält drein und befürchtet die schlimmsten religiösen Abhandlungen.« Herbert lächelte Kate an.
    »Über Auden, mit dem er viele Stücke zusammen schrieb, hat Christopher Isherwood mal gesagt, er habe immer genau auf ihn aufpassen müssen, damit nicht alle Charaktere auf die Knie fielen. Wir sind in einer ähnlichen Lage«, kommentierte Archer.
    »Ich fürchte, ich kann nicht folgen«, sagte Reed. »Eben noch sprachen wir von Raubüberfall und Trauer, jetzt scheint es um religiöse Fragen zu gehen. Habe ich irgend etwas nicht mitbekommen oder handelt es sich um die Art Gedankensprünge, die typisch für Leute aus Kates Berufssphäre sind? Konntest du folgen, meine Liebe?«
    »Ich glaube, Herbert meint, daß Patrice nach dem plötzlichen und gewaltsamen Tod ihres Mannes ein anderer Mensch wurde. Aber niemand ändert sich 12

    vollkommen. Selbst wenn einem das Leben den
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