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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond
Autoren: L Burton
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gewesen: »Ja, klar, ich ziehe in ein entlegenes französisches Château, um einen Haufen reicher, verwöhnter Irrer zu hüten … wenn es in der Hölle schneit.«
    In jenen Weihnachtsferien hatte Dad mich gewarnt, nicht zu viel Zeit mit den Freaks zu verbringen und vor allem nicht ins Badehaus oder in die Höhle zu gehen. Als ich zwei Wochen da war, hörte ich, wie er zu Inigo sagte: »In einer Woche ist sie wieder weg, es kommen amüsante neue Gäste, und du kannst nach Herzenslust deine ›heroischen Dimensionen trainieren‹, wie du es formulierst. In der Zwischenzeit wäre ich dir sehr dankbar, wenn du aufhören würdest, ständig darüber zu jammern, wie verdammt geil du bist. Vor allem nicht in Isabels Gegenwart. Meinst du, du schaffst das?« Was diese kleine Rede abgesehen vom Gebrauch der Wörter »verdammt« und »geil« so denkwürdig machte, war sein gereizter Tonfall, zumal er normalerweise sowohl mit den Freaks als auch mit Adrien fast ehrerbietig sprach. Inigo jedenfalls war so überrascht, dass er in Lachen ausbrach und sagte: »Gut gemacht, Arch!«
    Ich war mittlerweile an der Tür im zweiten Stock angekommen, die auf die Galerie führte. Links von mir erstreckten sich Reihen um Reihen von Bücherregalen, nur unterbrochen von hohen Fenstern, durch die das weiche Licht der Nachmittagssonne
drang. Rechts von mir war ein langer schmaler Raum, in dem vereinzelt Sesselgruppen auf Perserteppichen standen. In einem dieser Sessel saß mein Vater.
    Dad lächelte mich ein wenig vorwurfsvoll an, als wolle er sagen: »Was machst du denn hier?« Auf seinen Wangen lag ein rosa Schimmer; offensichtlich war es ihm peinlich, dass ich die Szene unten mitbekommen hatte. Er packte das Geländer und erhob sich, als ich näher kam. Sein früher einmal dunkles Haar war grau geworden, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, und sein maßgeschneiderter Savile-Row-Anzug saß nicht so makellos wie sonst. Er war erst dreiundsechzig, aber er wirkte gut zehn Jahre älter.
    »Hey, Dad, hast du kürzlich ein paar gute Pornos gesehen?« Ich küsste meinen Vater auf beide Wangen, was das Äußerste an Körperkontakt zwischen uns war. Er war immer schon ein bisschen distanziert gewesen.
    »Was hast du mit deinen Haaren gemacht?«, fragte er.
    »Es hat zweihundert Dollar gekostet, also sag besser nichts.«
    »Schön, dich zu sehen«, sagte er ernst, »aber mir wäre lieber gewesen, du hättest gewartet.«
    »Hallo, Isabel.« Die Stimme war tief, leise und hatte einen französischen Akzent.
    Das Herz schlug mir auf einmal bis zum Hals. Ich drehte mich um und sah Adrien Morel, den Grund dafür, dass ich neunzehn Jahre lang nicht mehr in Grotte Cachée gewesen war.

2
    A drien stand vor dem Fenster, neben einem Schreibtisch, auf dem sich Bücher und Papiere stapelten. Ein in Leder gebundener Band mit Pergamentseiten lag aufgeschlagen vor ihm. Als mein Blick darauf fiel, klappte er das Buch zu und kam mit ausgestreckter Hand um den Schreibtisch herum auf mich zu.
    Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er ein schlaksiger Siebzehnjähriger gewesen. Er hatte immer noch diese großen, seelenvollen Augen und diese störrischen, scheinbar nicht zu bändigenden braunen Haare, aber er war zu einem Mann gereift. Das Leben hatte Spuren in seinem Gesicht hinterlassen; seine Schultern waren breiter, kräftiger. Er trug eine Kakihose und ein blaues Hemd mit aufgerollten Hemdsärmeln, nicht zu vergleichen mit den weiten Pullovern und zerschlissenen Jeans seiner Jugend.
    »Adrien.« Ich schüttelte ihm die Hand und lächelte ihn an, obwohl es mich all meine Kraft kostete, meine Miene neutral und meine Hand ruhig zu halten. »Es ist lange her.«
    »Ja, in der Tat. Du sprichst mittlerweile Englisch mit einem amerikanischen Akzent.«
    »Nur, wenn ich erregt bin«, erwiderte ich. »Du weißt schon – wütend oder … was auch immer.«
    »Schnitt! «, brüllte Larry von unten. »Emmeline, peitsch ihn fester aus. Und Fanny, jetzt kommst du ins Bild. Tritt hinter Emmeline, und reib dich an ihr, während sie Archie auspeitscht.
Zuerst kommt die Zeile, dass Männer immer mehr Probleme machen, als sie wert sind, und dann knöpfst du ihr Kleid auf und fasst ihre Titten an. Es muss möglichst echt aussehen.«
    Adrien seufzte und sagte: »Ich freue mich, dich wiederzusehen, obwohl ich sagen muss, du hättest auf deinen Vater hören und zu einem passenderen Zeitpunkt herkommen sollen.«
    Ich blickte gespielt gleichgültig auf die Schauspieler und die
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