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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond
Autoren: L Burton
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Ledercouch und ließ den Kopf in die Hände sinken. Als er die Maschine schließlich ausgeschaltet und die Kanüle entfernt hatte, sagte ich: »Sprich mit mir, Dad.«
    »Man nennt es idiopathische Lungenfibrose«, sagte er sachlich, während er den Plastikschlauch wieder zusammenrollte. »Idiopathisch bedeutet, dass sie die Ursache nicht wissen. Meine Lungen haben sich extrem entzündet, und die Narbenbildung führt zu Versteifungen. Ich werde in der Universitätsklinik in Clermont-Ferrand ambulant behandelt, und sie haben mir Kortison und Immunsuppressiva gegeben, die bisher keinerlei Wirkung gezeigt haben. Ich bin zu alt für eine Lungentransplantation – die Altersgrenze liegt bei sechzig. Sie haben mir gesagt, dass die Krankheit sich bei mir außergewöhnlich aggressiv entwickeln würde und dass ich höchstens noch ein Jahr zu leben hätte.«
    » Was?«
    »Laut dem Lungenspezialisten steht meine Lebenserwartung in direktem Zusammenhang mit dem Level an Stress und Belastung in meinem Leben. Ich soll mich entspannen, meine Reisen auf ein Minimum reduzieren …«
    »O mein Gott«, unterbrach ich ihn. Tränen traten mir in die Augen.
    »Wenn du anfängst zu weinen«, sagte er leise mit ruhiger Stimme, »muss ich dich bitten zu gehen. Ich kann mit meinen eigenen Emotionen wesentlich erfolgreicher umgehen als mit deinen.«

    »Oh, Scheiße.« Ich holte tief Luft, um meine Tränen zurückzudrängen. Am liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen, aber das hätte ihm überhaupt nicht gefallen.
    »Isabel, meine Liebe, musst du fluchen wie ein Bierkutscher ?«
    »Dad, was zum Teufel ist ein Bierkutscher?«, erwiderte ich. Meine Stimme hatte einen leicht hysterischen Klang. »Das hast du früher schon immer gesagt, und ich habe verdammt noch mal keine Ahnung, was ein Bierkutscher ist.«
    »Jemand, der Bier ausfährt. Und übermäßig flucht.«
    »Adrien weiß es nicht, oder? Und auch sonst niemand?«
    »Du lieber Himmel, nein. Diese Art von Drama kann ich nicht brauchen. Und dir erzähle ich es auch nur, damit du dich auf die Verantwortung vorbereiten kannst, die vor dir liegt.«
    »O mein Gott«, stieß ich erneut aus und sank auf der Couch in mich zusammen. Jetzt war mir auch klar, warum mein Vater mich herbestellt hatte. »Dad … o mein Gott, ich liebe dich so sehr, und ich wünschte … ich wünschte, ich könnte dir sagen, was du hören willst, dass ich willens und bereit bin, den Posten als administrateur anzutreten, aber es ist … es ist einfach nicht das Richtige für mich. Ich werde es nicht machen. Es tut mir leid. Wirklich, aber du wirst andere Vorkehrungen treffen müssen. Ich helfe dir dabei. Ich werde jemanden finden …«
    »Die Archers haben als administrateurs den Hohedruiden von Grotte Cachée gedient seit …«
    »Den Hohe- was?«
    »Du weißt schon, was ich meine.«
    » Druiden? Du meinst keltische Priester? Weißt du, dass Mom sich neuerdings als Druidin bezeichnet? Es ist so verdammt peinlich, ich kann es dir gar nicht beschreiben.«
    »Denk einfach darüber nach, bitte. Ich flehe dich an.«
    »Dad …« Ich schüttelte den Kopf. »Ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich habe ein Leben in New York. Ich habe
Freunde dort, arbeite erfolgreich freiberuflich und wohne zur Untermiete in der schönsten mietpreisgebundenen Wohnung in ganz Manhattan.«
    »Ich bitte dich ja nur, dass du einmal darüber nachdenkst. Tust du das für mich?«
    Ich nickte und sagte ihm, was er hören wollte. »Okay. In Ordnung. Ich denke darüber nach.«

3
    A n jenem Abend saß ich im Pool, genoss das warme Wasser und das Mondlicht, das durch das offene Dach des Badehauses drang, und fragte mich, wie ich meinem Vater helfen konnte, was ich zu dieser ganzen administrateur -Geschichte sagen und was ich tun sollte, um es besser zu machen. Trotz der Scheidung und der Tatsache, dass meine Mutter das Sorgerecht für mich hatte, hatte ich mich meinem Vater immer schon näher gefühlt. Wir hatten eine Beziehung, die ich zu meiner Mutter nie hatte. Er war die Achse meiner Welt.
    Meine Kehle wurde eng, und meine Augen brannten. Dad mochte ja seinen bevorstehenden Tod auf seine typische blasierte Art akzeptieren, aber ich konnte mir nicht vorstellen, was ich ohne ihn tun sollte. Bei der Aussicht, ihn zu verlieren, stürzte ich in einen schwarzen Abgrund. Ich fühlte mich jetzt schon beraubt.
    In der Dunkelheit hinter dem Badehaus sah ich einen winzigen orangefarbenen Punkt, der immer näher kam. Schließlich hörte ich das Geräusch
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