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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die
Autoren: Ulrich Peltzer
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denkt!«
    »Ach ja?« fragte Mertens gedehnt.
    »Er hat das Bild mit Sicherheit net«, nuschelte Belasc von der Türe.
    »Er sicher nicht. Ausnahmsweise hast du recht, Franz«, sagte Mertens.
    Steenbergen konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, von dem man nicht wußte, ob es gemein, hinterhältig, erbärmlich oder alles zusammen war. Lacan zog seinen Kopf ein.
    »Was habt ihr mit meinem Vater gemacht?« schrie Florence, und diesmal war es wirklich trockene Hysterie.
    »Du verläßt das Thema, meine Liebe«, sagte Mertens tonlos. »Im Augenblick suchen wir ein kleines Bild, später beschäftigen wir uns dann mit deiner Familie.«
    Steenbergen sah Mertens zornig an. Florence zitterte so sehr, daß sie nicht mehr an ihrer Zigarette ziehen konnte. Steenbergen erhob sich und legte einen Arm um ihre Schulter.
    »Du mußt mir glauben«, sagte sie verzweifelt, was für Lacan fast überzeugend klang.
    »Dann war also alles nur ein kleines, nein, ein großes Mißverständnis«, sagte Mertens, aber man beachtete ihn nicht.
    »Rührend!« sagte er lauter.
    Florence wand sich aus Steenbergens Arm.
    »Diesmal bist du wirklich zu weit gegangen.«
    Steenbergen nickte, als habe er die Verdächtigung, die er gerade noch gegen sie gerichtet hatte, schon vergessen, oder als habe ihn ihr Auftritt von ihrer Unschuld überzeugt. Mertens wurde unruhig.
    »Was soll diese elende Komödie?« Hilflos suchte er nach dem Blick eines Verbündeten, doch Lacan betrachtete versunken die Schnitzerei an der Truhe. Mertens streckte pathetisch einen Arm aus.
    »Ich habe dir ein Geschäft vorgeschlagen, Herrgott, vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, aber es war ein Geschäft …«
    Keiner antwortete ihm.
    »Dein Vater …« – er preßte verachtend Luft aus – »… willst du die Geschichte wirklich hören? Willst du? Alt genug bist du ja.«
    Lacan sah auf. Florence wartete mit bleichem Gesicht unmittelbar vor Mertens.
    »Was?« fragte sie flüsternd.
    Mertens hatte keine Wahl mehr; er lachte.
    »Was denkst du denn? Was denkst du, warum er Pleite gemacht hat, der alte Schwachkopf?«
    »Wilhelm!« brüllte Steenbergen.
    »Ah, jetzt wieder Wilhelm, der gute Wilhelm.«
    In Florence’ Augen war nichts als Haß, wie er sie verführte, der mit einem Taschentuch zusammengebundene Kiefer ihres toten Vaters.
    »Dein Vater war ein Idiot. Dein Vater, gestatte, daß ich lache! Und deine Mutter, du kannst dich wahrscheinlich nicht mehr an sie erinnern, aber ich hatte mal das Vergnügen, sie in ihrem Etablissement in Amsterdam kennenzulernen …«, Mertens wurde von einem Glucksen geschüttelt.
    Steenbergen stand wie gelähmt neben Belasc.
    »Was ist mit meiner Mutter?« fragte Florence so ruhig, als erkundige sie sich auf der Straße nach dem Weg.
    »Frag ihn doch!« Mertens wies zu Steenbergen. »Ich glaube, in seinem Puff hat sie dein Alter auf Geschäftsreise zum erstenmal getroffen.« Mertens atmete schwer. »Der Kaufmann, der ehrbare, einfältige Kaufmann und die … Hure«
    Weiter kam er nicht.
     
    So hört es sich also an, wenn ein Schädel platzt, dachte Lacan teilnahmslos, und dann schlug Florence noch zweimal zu, bis der schwere Kristallaschenbecher auseinanderbrach.
    Mertens’ Kopf war schon nach dem ersten Hieb leblos nach hinten gesackt, aus der klaffenden Wunde an seiner Stirn strömte Blut über sein Gesicht und seinen Hals. Seine Lippen öffneten sich unwillkürlich, dann fiel sein Arm von der Lehne des Sessels und baumelte hin und her. Florence’ schwarzes Kleid war von seinem Blut kaum sichtbar gesprenkelt, schaudernd sah sie an sich hinab und strauchelte zu Boden.
    Steenbergen stürzte hinzu, kniete sich neben Florence, barg ihren Kopf in seinem Schoß und streichelte über ihr Haar. Sie zitterte und schluchzte ohne Tränen. Belasc beugte sich angewidert über Mertens und hob mit dem Daumen ein Augenlid.
    »Der is’ hin«, sagte er.
    »Anzunehmen«, sagte Lacan und stand auf.
    »Nach der Attacke, ja!« Franz Belasc war ein alter Boxer.
    Lacan wollte sich auch um Florence kümmern, aber Steenbergen stieß ihn zurück. Er half ihr hoch und führte sie zum Sessel. Florence umklammerte ihre Füße, den Kopf hatte sie auf ihre Schenkel gelegt. Steenbergen ging im Kreis.
    »Gib mir deine Pistole!«
    Zögernd reichte ihm Belasc die Beretta. Steenbergen reinigte sie mit einem Taschentuch und schob sie in Mertens’ Hand. Danach lief er ins Nebenzimmer und kam mit einem Bündel Geldscheinen, die er im Gehen zählte, zurück.
    »Hier
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