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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die
Autoren: Ulrich Peltzer
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sind dreißigtausend Mark«, er packte das Geld in Lacans Jackentasche, »nicht für den Oelze, sondern dafür, daß wir uns nie gesehen haben.«
    Lacan sah zu Florence, die noch immer in dieser zusammengekrümmten Haltung dasaß. Steenbergen zog ihn zur Tür.
    »Wo ist das Bild?«
    Mertens rutschte mit einem schleifenden Geräusch aus dem Sessel. Sein blutiges Gesicht lag zur Decke gedreht, und Lacan schluckte bitter. Der Schlüssel klebte unter einem Heftpflaster in seinem Strumpf.
    »Bahnhof Zoo. Ein Schließfach.«
    Pieter van Steenbergen nickte.
    »Wir werden uns nie mehr wiedersehen.«
    Das hoffe ich auch, dachte Lacan.
    »Gehn wir jetzt«, sagte Belasc und schlug ihm auf den Rücken. Lacan stolperte aus der Wohnung. Im Treppenhaus wurde ihm schlecht. Er stand im Dunkeln und würgte. In der letzten Stunde hatte Lacan entschieden zuviel Blut gesehen. Er atmete tief durch und lauschte, dann rannte er nach unten.
     
    Der Gemüsehändler Siebert verschloß seinen Laden, ging in die »Kant-Quelle« an der nächsten Ecke und bestellte Bier und Klaren.
    Mahmut, der Syrer, räumte Ladenhüter aus, mit denen er sich morgen früh auf den Flohmarkt stellen würde.
    Der Juwelier des An- und Verkaufs auf der Potsdamer Straße trank, wie jeden Abend, Raki in dem türkischen Imbiß.
    Rote, grüne und blaue Neonreklamen erleuchteten die Straßen. Vor einem Kino reihten sich die Besucher in einer Schlange. Die Tische der Restaurants waren gedeckt, die große, müde geteilte Stadt erwartete das Wochenende.
    Lacan fuhr nach Friedenau. Vielleicht wollte er sich bei Hartmann bedanken, vielleicht wollte er Abschied von ihm nehmen.
    Zuerst dachte Lacan, er hätte sich in der Straße geirrt oder den Wagen seines toten Freundes übersehen, aber zum guten Schluß gab es keine Zweifel mehr: Der Jaguar war weg, man hatte Hartmann gefunden.
     
    Am Nachmittag hatte Westhov über den Fernschreiber eine Adressenliste bekommen. Petra Hartmann hatte seinen Kollegen in München alle Personen genannt, mit denen ihr Mann in Berlin Verbindung aufgenommen haben könnte. Lacan stand an dritter Stelle, Westhovs Leute waren schon unterwegs.
     
    Bernhard Lacan hielt neben einem Gully. Er holte Hartmanns Brieftasche aus dem Handschuhfach und ließ sie durch das Gitter fallen; dort unten wäre sie vermodert, bevor sie jemand fände. Dann fuhr er zur Stadtautobahn.
     
    Oberst Nikolai Koljatow lag auf seinem Bett und träumte.
     
    Umberto und May lagen auch auf ihrem Bett und träumten und froren.
     
    Und wer war da noch: Ilona, Leschek, die beiden Polizisten, Eddie und Assidertürke, dessen Nase in der Ambulanz am Kleistpark geschient worden war, Jan und Keitel und und und. So viele Menschen, so viele Geschichten.
     
    Schon von weitem sah man die mattgrün scheinenden Fenster des Kontrollturms. Durch einen ansteigenden Tunnel führte die Autobahn zu den Parkplätzen im Inneren des Flughafensechsecks. »Flughafen Tegel« stand über dem Haupteingang. Auf dem Postamt buchstabierte Lacan ein Telegramm für Irene. Von einem Monitor flimmerten die nächsten Flüge: Düsseldorf, Las Palmas, Paris, Detroit, Saarbrücken, Rom. 20  Uhr 46 , British Airways nach Rom.
    Lacan kaufte sich ein Ticket.
    Das Mädchen hinter dem Schalter lächelte ihn an.
    »Ihr Gepäck, bitte!«
    »Kein Gepäck«, sagte Lacan und lächelte auch.

Impressum
    © S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013
    Covergestaltung: Hißmann/Heilmann, Hamburg
    Coverabbildung: David Armstrong
    Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
    Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
    ISBN 978-3-10-402268-0



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