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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die
Autoren: Ulrich Peltzer
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dahinter.
    Mertens trank ein Radeberger Pilsener und aß Roastbeef, das am Rande des Tellers mit einer aufgeschnittenen Senfgurke verziert war. Vor Florence dampfte ein Mokka.
    »Warum sind wir hier hochgefahren?« fragte sie.
    Mertens quetschte Mayonnaise aus einer kleinen Plastiktüte auf das Fleisch.
    »Um uns in Ruhe zu unterhalten.«
    »Über was?«
    »Dies und das. Über was ich schon immer mal mit dir reden wollte.«
    Florence sah sich nervös um. Beim Buffet hing ein Plakat der »Messe der Meister von morgen«; die Hosteß geleitete eine bulgarische Besuchergruppe an einen freien Tisch. Florence nippte an ihrem Mokka, der schmeckte, als habe man einen trockenen Filter zum zweitenmal aufgegossen. Als Mertens ihr Gesicht bemerkte, fragte er:
    »Nicht gut?«
    »Was soll das?«
    Er sah nach draußen. Florence verspürte große Lust, seinen Kopf in die Mayonnaise zu drücken. Mertens klimperte mit seinen Fingernägeln vor das Glas.
    »Das Bier ist vorzüglich!«
    Florence wollte aufstehen, aber Mertens packte ihren Arm und zog sie wieder auf den Stuhl. Er schüttelte mißbilligend den Kopf.
    »Wir wollten uns doch unterhalten, also hab’ ein wenig Geduld.«
    Florence neigte sich nach vorne.
    »Was willst du wissen?«
    Mertens tupfte mit der Serviette aufreizend langsam seine Mundwinkel und lehnte sich zurück.
    »Hat er das Bild?«
    »Ich habe dir heute morgen schon alles erklärt«, sagte Florence so laut, daß sich die Gäste an den Nebentischen umdrehten.
    »Es genügt, wenn ich dich verstehe«, sagte Mertens und zerknüllte die Serviette.
    Florence strich ihr Haar aus der Stirn.
    »Er hat das Bild nicht!«
    Mertens verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich!« zischte Florence.
    »Ich glaube, er hat es doch, und du, meine schöne Florence, belügst mich nach Strich und Faden.«
    Bevor sie sich empören konnte, fuhr Mertens fort. »Du denkst doch nicht im Ernst, den Oelze-Deal ohne mich zu machen? Oder? Denkst du das? Mich über den Tisch ziehen?«
    Florence winkte der Kellnerin und bestellte einen Cognac.
    »Und wenn ich zufälligerweise weiß, daß er’s hat?«
    »Das wußtest du gestern doch auch schon.«
    So geht’s nicht, dachte Mertens und stützte die Arme auf den Tisch.
    »Ich mache dir einen Vorschlag, hör zu.«
    Er versuchte, ihre Hand zu fassen, doch Florence wich ihm geschickt aus.
    »Machen wir uns nichts vor, ich habe mit ihm gesprochen. Lacan hat das Kleinod irgendwo versteckt und will es loswerden. Und Steenbergen hat Geld genug, es zu bezahlen, zumal die Versicherung ihm die Unkosten ersetzt. Warum biete ich dir das Geschäft an? Weil ich dich mag! Weil ich will, daß du mit einem kleinen Polster aussteigst. Du steigst doch aus?«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Oh, Florence, unterschätze nicht, wie sehr mich das angeht, aber das ist im Augenblick nicht das Problem. Zum letztenmal: Wir machen es gemeinsam oder … gar nicht.«
    »Und Steenbergen?«
    »Der alte Trottel!« lachte Mertens. »Dem ist es doch egal, der will nur sein Bild wiederhaben.«
    »Du kotzt mich an«, sagte Florence zögernd, als suche sie nach den richtigen Worten.
    Die Bulgaren begannen zu singen, und die Hosteß forderte sie auf, die Restaurantordnung einzuhalten. Florence hatte die Augen geschlossen.
    »Steenbergen ist fällig«, sagte Mertens beschwörend und streichelte ihre Hand. »Mach dir keine Gedanken. Wir beide schaffen das schon.«
    Florence schluchzte.
    »Ist doch alles in Ordnung«, sagte Mertens, und ein Rest Ehrgefühl, oder besser Aufrichtigkeit, erwachte in ihm, und wahrscheinlich hätte er so etwas wie Scham empfunden, wenn er sie nicht schon vor Jahren in einer Hotelbar verloren hätte.
    Florence putzte sich die Nase und zog an seiner Zigarette. Ihre Augen waren schmal geworden. Sie trank den Cognac aus.
    »Warum nur willst du Steenbergen ablinken?«
    Mertens sah unbeteiligt aus dem Fenster.
    »Sieh mal, das Brandenburger Tor!«
    Die Drehbewegung der Kugel machte Florence schwindlig, und sie fixierte den Schwenker.
    »Deine Ausdrucksweise gefällt mir nicht.«
    »Du hörst dir selbst nicht zu, wie? Ich verliere langsam die Geduld.«
    »Verlier’, was du willst, aber ich gehöre nicht mehr zu eurem Club. Macht alle Geschäfte ohne mich, Bilder, Computer, was weiß ich. Ich kann nicht mehr.«
    Florence fühlte, wie sie die Kontrolle über ihre Gesichtsmuskeln verlor. Mertens stippte einen Finger in die Mayonnaise und leckte ihn ab.
    »Mein letztes Angebot: Wir holen das
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