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Kein Pfund zu viel!

Kein Pfund zu viel!

Titel: Kein Pfund zu viel!
Autoren: France Carol
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Kein Pfund zu viel!
    ‚Das Leben war verschi ssen und ungerecht‘, dachte sich Federico, als er bei dem sonntäglichen Mittagessen am Tisch seiner Eltern sass und die illustre Gesellschaft unbemerkt beobachtete. Nebst seinem Vater und seiner Mutter fanden sich jede Woche auch sein Bruder Andri und dessen bester Freund Tarek zu diesem Anlass ein. Wieso Letzerer bereits seit Jahren an diesen Familienzusammenkünften teilnahm, wusste Federico nicht wirklich, aber ein Blick in die Runde zeigte, dass dieser viel besser in das Familienbild passte als er selbst.
    Um ihn herum sassen vier Menschen, die vo n der Natur mehr als verwöhnt worden waren, was sich in deren attraktivem Äusseren zeigte. Hinzu kam, dass alle hier Anwesenden - bis natürlich auf Federico selbst - auch in beruflicher Sicht erfolgreich waren. Der Vater war Partner einer Anwaltskanzlei, die Mutter arbeitete Teilzeit als Operationsschwester und sein Bruder betrieb zusammen mit Tarek eine Szenebar, die beim Partyvolk gefragter nicht sein könnte. Nur er war seinem beruflichen Ziel keinen Schritt näher gekommen. Noch immer suchte er einen Ausbildungsplatz, hatte aber bis jetzt kein Glück dabei gehabt, was nicht zuletzt auch daran lag, dass er einfach nicht wusste, welchen Beruf er erlernen wollte.
    Inm itten dieser schönen und  erfolgreichen Leute fühlte er sich zweitklassig, was er - nebst dem inexistenten Berufserfolg - eben auch aufgrund seines Erscheinungsbildes war. Während Andri ganz nach dem Vater kam, und dessen skandinavische Attribute wie gross, blond und blauäugig für sich in Anspruch nehmen durfte, hatte er alles von der Familie seiner italienischen Mutter erhalten. Federico war lediglich 1,75 m gross, hatte kurze schwarze Locken und dunkle Augen. Hinzu kam noch, dass Andri muskulös und sportlich war, während er selbst schon immer mit seinem Gewicht zu kämpfen hatte. Anfangs wurden diese kleinen Fettröllchen noch als Babyspeck abgetan, doch mit mittlerweile neunzehn Jahren sollten sich diese wohl langsam verflüchtigt haben, was jedoch bis heute leider nicht der Fall war.
    Dass die Brüder sich nicht glichen war kein Wunder, denn Andri und er waren nicht blutsverwandt. Während der sechs Jahre ältere Andri aus einer früheren Beziehung des Vaters stammte, war Federico der uneheliche Sohn seiner Mutter. Seit zehn Jahren bildeten sie eine Patchwork-Familie, die ganz gut harmonierte, zumindest nach aussen hin.
    Schnell war Federico seine eigene Unzulänglichkeit gegenüber Andri klar geworden. Es war nicht nur sein mittelmässiges Erscheinungsbild, das ihm das gezeigt hatte, sondern auch das stets bessere Gelingen aller Dinge, die Andri anpackte. Sein Bruder hatte Abi gemacht, Federico jedoch hatte vorzeitig abgebrochen. Andri hatte zwar das Sportstudium ebenfalls abgebrochen, danach aber ein erfolgreiches Lokal eröffnet, während der kleine Bruder immer noch auf Jobsuche war. Tatsächlich schien dem Älteren einfach alles zu gelingen und in den Schoss zu fallen, was Federico diesem insgeheim neidete. Andri war einfach der Gewinnertyp, und das auf ganzer Länge!
    „He, Rico, kannst du mir mal die Kartoffeln rüberreichen?“, wurde Federico in diesem Moment von seinem Bruder angesprochen. Er hasste die Kurzversion seines Namens, aber das hatte Andri noch nie gestört.
    Kommentarlos nahm er die Schüssel und hielt sie in Richtung seines Bruders, ohne jenen anzusehen. Er mochte es nicht besonders angesprochen zu werden und damit die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu spüren. Für ihn galt es immer nur, diese Pflichtessen am Sonntag so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, weshalb er auch kaum an den Gesprächen teilnahm. Eigentlich konnte man diese sonntägliche Farce ganz einfach umschreiben: Federico sass bei diesen Pflichtessen eine Pflichtzeit mit seiner Pflichtanwesenheit ab! Wieso die Eltern darauf bestanden war ihm ein Rätsel, aber er hielt sich an diese Abmachung, weil sie eine der Bedingungen gewesen war, damit sie ihm ein Zimmer in einer WG finanzierten, solange er noch nicht für den eigenen Unterhalt aufkommen konnte.
    „Hier“, hörte er die tiefe Stimme mit dem leichten russischen Akzent von Tarek und sah gleichzeitig , wie die Schüssel wieder in seinem Blickfeld erschien. Kommentarlos griff er nach ihr und wollte sie nehmen, aber Tarek liess sie nicht los. Genervt blickte er auf und sah in die fast schwarzen Augen von Andris Freund, in denen er Belustigung erkennen konnte, was ihm klar machte, dass er
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