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Suehne

Suehne

Titel: Suehne
Autoren: Leif GW Persson
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Sonne über dem Hasselstigen 1 bereits um 3.20 Uhr morgens aufgegangen. Genau zwei Stunden und vierzig Minuten bevor Septimus Akofeli, 25, genau hier eintraf, um die Tageszeitungen einzuwerfen. Septimus Akofeli arbeitete eigentlich als Fahrradbote, verdiente sich aber seit knapp einem Jahr etwas dazu, indem er in einigen Vierteln beim Räsundavägen, unter anderem im Hasselstigen 1, die Zeitungen austrug. Er war ein Flüchtling aus dem südlichen Somalia und stammte aus einem kleinen Dorf, das nur einen halben Tagesmarsch von der kenianischen Grenze entfernt lag. An seinem dreizehnten Geburtstag war er in seiner neuen Heimat eingetroffen, und dass er in Schweden und nicht in einem anderen Land gelandet war, lag daran, dass seine Tante und sein Onkel mit den Cousins und Cousinen fünf Jahre zuvor dorthin geflüchtet waren. Alle seine anderen Verwandten waren tot. Oder besser gesagt ermordet, denn nur wenige von ihnen waren an anderen Ursachen gestorben.
    Septimus Akofeli war kein normaler somalischer Flüchtling, der auf gut Glück nach Schweden gekommen war. Er besaß hier Angehörige, die sich um ihn kümmerten, und es gab schwerwiegende humanitäre Gründe, ihn ins Land zu lassen. Alles schien sich auch gut zu entwickeln. Oder zumindest so gut, wie man es nur erwarten konnte, wenn es um einen Menschen wie ihn ging.
    Septimus Akofeli hatte die schwedische Schule besucht und in den meisten Fächern durchschnittliche oder sogar gute Noten gehabt. Dann hatte er sechs Semester an der Universität Stockholm studiert und einen Magister in Sprachen abgelegt, mit Englisch als Hauptfach. Er besaß einen Führerschein und war mit zweiundzwanzig schwedischer Staatsbürger geworden. Er hatte sich auf zahlreiche Stellen beworben und schließlich auch eine von ihnen bekommen. Er war Fahrradkurier bei Miljöbudet - »Die Kuriere, die die Erde schützen«. Als er die erste Rate seines Studiendarlehens hatte abbezahlen müssen, hatte er sich noch einen zweiten Job als Zeitungsausträger besorgt. Seit einigen Jahren wohnte er allein in einer Einzimmerwohnung im Fornbyvägen in Rinkeby.
    Septimus Akofeli war also ein rechtschaffener Mann und fiel niemandem zur Last. Trotz seines Hintergrundes hatte er mehr erreicht als die meisten, und die meisten mit seinem Hintergrund hatte er weit übertroffen.
    Septimus Akofeli war kein normaler Flüchtling. Zum einen war Septimus ein sehr ungewöhnlicher somalischer Vorname, auch innerhalb der kleinen christlichen Minorität des Landes, zum anderen war er bedeutend hellhäutiger als die meisten seiner Landsleute. Für beides gab es eine einleuchtende Erklärung: Der Pastor der Afrikamission der anglikanischen Kirche, Mortimer S. Craigh - S. wie in Septimus -, hatte gegen das sechste Gebot verstoßen. Er hatte Septimus' Mutter geschwängert, hatte seine schwere Sünde bereut, war der Vergebung des Herrn teilhaftig geworden und war umgehend in seine Heimatgemeinde, ein kleines Dorf namens Great Dunsford in Hampshire, zurückgekehrt, das im Übrigen in einer überaus pastoralen Gegend lag. Am Donnerstag, dem 15. Mai, um fünf nach sechs Uhr morgens, hatte Septimus Akofeli die Leiche des ermordeten Karl Danielsson, 68, in der Diele seiner Wohnung im ersten Stock des Hasselstigen 1 in Solna gefunden. Die Tür zur Wohnung stand weit offen, und der Tote lag nur einen Meter hinter der Schwelle. Septimus Akofeli hatte das Exemplar des Svenska Dagbladet, das er bei dem Abonnenten Danielsson gerade noch in den Briefkastenschlitz in der Tür hatte stecken wollen, beiseite gelegt. Er hatte sich vorgebeugt und den Toten genau betrachtet. Er hatte sogar seine starren Wangen berührt. Dann hatte er den Kopf geschüttelt und auf seinem Handy den Notruf gewählt.
    Um sechs Minuten nach sechs war er mit der Einsatzzentrale der Polizei Stockholm auf Kungsholmen verbunden worden. Der Mann in der Zentrale hatte ihn gebeten, am Telefon zu warten, während er gleichzeitig einen Streifenwagen alarmiert hatte, der sich auf dem Frösundaleden nur wenige hundert Meter vom Hasselstigen entfernt befunden hatte. »Verdacht auf Mord im Hasselstigen eins.« Außerdem hatte er den Anrufer als verdächtig gefasst beschrieben, was nicht nur darauf hindeuten konnte, dass sich jemand mit der Polizei einen Spaß erlauben wollte, sondern dass der Anrufer »ernsthaft gestört« sein könnte...
    Der Mann in der Zentrale hatte nicht wissen können, dass Septimus Akofeli für diese Art von Entdeckungen außerordentlich geeignet war. Schon
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