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 Sturm im Elfenland

Sturm im Elfenland

Titel: Sturm im Elfenland
Autoren: Frances G. Hill,
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ganz zu schweigen.
    Ich trug seinen Vorschlag an Daina heran und sie reagierte erwartungsgemäß heftig und ablehnend darauf. Auberon, der große Anteilnahme an dem Schicksal der beiden jungen Elfen zeigte, mischte sich in unseren Disput und ergriff Partei für Sverres und meine Argumentation.
    »Alana leidet sehr unter ihrer Verstümmelung«, gab er zu bedenken. »Ich habe sie inzwischen recht gut kennengelernt und weiß, dass sie niemals jammern oder klagen würde, dazu ist sie zu tapfer und auch zu gescheit. Aber die Schmerzen, die sie erleidet, und der Anblick dieser verbrannten Hand sind etwas, das sie nur schwer ertragen kann. Sie ist sehr still geworden.«
    Daina senkte den Kopf. Ich ahnte die Tränen, die ihre Wangen netzten. »Denkst du, das weiß ich nicht alles?«, fragte sie. »Ich bin ihre Mutter, König Auberon.«
    Aber seine Worte schienen sie erreicht zu haben, denn sie erteilte die Erlaubnis, wenn auch schweren Herzens, dass Alana in Sverres Obhut zur Kronfeste reisen und sich in die Hände der dortigen Gelehrten begeben durfte.
    Sverre nahm Daina beiseite und sprach leise mit ihr. Ich hörte, wie er ihr versicherte, dass er Alana behüten würde wie seine eigene Tochter und dass er alles zu tun gedenke, das Leid der Elfe zu lindern und ihre Hand zu heilen.
    Daina erschien mir bedrückt und erleichtert zugleich. Bedrückt, weil sie Alana in fremde Obhut geben musste, aber auch erleichtert, weil sie nun nach Hause fahren und sich dort um ihre Familie kümmern konnte, die schon lange vor ihr auf das Gut zurückgekehrt war.
     
    Alana reiste zum Ende des Winters mit Sverre und im sicheren Geleit einer Schar Jäger ab. Sie konnte die Zügel nicht halten, deshalb sollte sie immer abwechselnd einer der Jäger vor sich in den Sattel nehmen. Der Anblick ihrer zerbrechlichen Gestalt in den Armen einer jungen Jägerin, als sie aus dem Hof ritten, und ihres schmal gewordenen Gesichts mit der beinahe durchsichtigen Haut, in dem groß und schmerzerfüllt ihre schönen, bernsteinfarbenen Augen lagen, brach mir beinahe das Herz. Sie war seit diesem Winter kein Kind mehr, sondern eine starke junge Elfe, die ihr Schicksal mit Tapferkeit und Würde zu tragen verstand.
    »Kehre gesund und stark zurück«, flüsterte ich einen Segenswunsch. Ich stand noch lange im schneidenden Wind auf einem der Türme und sah den Reitern nach, wie sie sich den Weg durch den schmelzenden Schnee bahnten, ehe der dunkle Wald sie verschluckte.
     
    Der Winter ging und der Frühling kehrte ein. Die letzten Dämonenreiter wurden vertrieben, getötet oder gefangen genommen. Erramun und seine Sippe warteten gebannt und hinter Riegeln und Schlössern auf ihre Verurteilung ‒ und dieses Mal würde ich mich für niemanden verwenden. Ob ihnen nun der Tod drohte oder die ewige Verbannung, ich wünschte ihnen keine Milde.
    Zu Beginn der Fliederblüte kehrte ich von einer längeren Unternehmung zurück, erstattete wie gewohnt meinem Herrn Bericht, wunderte mich ein wenig über seine schlecht verhohlene Freude, die ich kaum meiner Rückkehr zuschreiben konnte, und besuchte dann nach einer kurzen Ruhepause meinen Neffen, um mich nach dem Fortgang seiner Genesung zu erkundigen.
    Ich betrat das Gartenzimmer, in dem er untergebracht worden war, und fand ihn nicht allein. Eine junge Elfe saß an seiner Seite, hochgewachsen und schlank, mit einer Fülle dunkelblonden Haars, das weit über ihren Rücken fiel. Erst als sie sich zu mir umwandte, erkannte ich meine Nichte Alana. Sie sah mich an, und zum ersten Mal war da kein Misstrauen, keine Reserviertheit, sondern nur Sonnenschein und Lächeln, Freude, mich zu sehen.
    »Onkel Munir«, sagte sie mit ihrer melodiösen Stimme, »du bist zurück.«
    So hatte sie mich noch nie zuvor genannt. »Das Gleiche wollte ich gerade zu dir sagen«, erwiderte ich herzlich. Ich ging zu ihr, und sie hob mir ganz selbstverständlich ihr Gesicht entgegen, damit ich ihr einen Kuss auf die Wange drücken konnte. Es berührte mich eigenartig, das zu tun. Wie lange schon hatten meine Lippen niemanden mehr küssen dürfen?
    Ivaylo räusperte sich laut. »Ich bin auch noch da«, sagte er vorwurfsvoll. Ich sah ihm an, wie glücklich er war, mit Alana wieder vereint zu sein. Ihre Hände suchten und fanden sich, um sich ineinander zu verschränken. »Ich habe gerade zu ihr gesagt, dass wir ein schönes Pärchen sind«, fuhr er fort. Seine dunklen Haare sträubten sich ein wenig, wie immer, wenn ihn etwas bewegte. »Ich habe ein
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