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Die Sterne rücken näher

Die Sterne rücken näher

Titel: Die Sterne rücken näher
Autoren: Robert Silverberg
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PROLOG
    Der Lexman-Raumantrieb veränderte nicht nur die Geschichte der Menschheit, sondern prägte maßgeblich die soziokulturelle Entwicklung der Erde. Was wäre erst mit dem Cavour-Hyperdrive zu erreichen gewesen, hätte man ihn je praktisch verwerten können?
    Der Cavour-Hyperdrive wäre wohl der großartigste wissenschaftliche Fortschritt der ganzen Ära, könnte man ihn in die Tat umsetzen. Er würde eine Revolution des gesamten Transportwesens bewirken. Mit dem heute angewandten Lexman-Raumantrieb erreicht man Alpha Centauri, die nächstgelegene Sonne mit bewohnbaren Planeten, in viereinhalb Jahren. Mit dem Cavour-Hyperdrive dagegen wäre, ließe er sich praktisch verwirklichen, eine solche Strecke in wenigen Tagen zurückzulegen.
    Leider war James Hudson Cavour einer jener tragischen, selbstzerstörerischen Menschen, deren Persönlichkeit den Wert ihrer Arbeit zunichte macht. Ein einsamer, rechthaberischer, dogmatischer Mann, ein Wirrkopf in den Augen der meisten Menschen, zog sich völlig von den Menschen zurück, um seinen Hyperdrive zu entwickeln. Seine selbstgewählte Einsamkeit durchbrach er nur gelegentlich einmal zur Ankündigung, er sei auf dem besten Weg zum Erfolg.
    Im Jahr 2570 gab Cavour ein absolut rätselhaftes Bulletin heraus, das besagte, er habe sein Ziel erreicht oder stehe unmittelbar davor. Unfreundliche Menschen taten es als Hirngespinst ab. Aber nun spielte es keine Rolle mehr, welche Auslegung die richtige war, denn kein Mensch hörte mehr etwas von J. H. Cavour.
    Aber eine kleine Gruppe von Menschen ließ sich in der Überzeugung nicht beirren, er habe tatsächlich einen Raumantrieb entwickelt, der Überlichtgeschwindigkeit ermöglichte, so daß die Menschheit in unglaublich kurzer Zeit unglaublich weite Räume überbrücken und zu den Sternen reisen konnte. Sie wurden ausgelacht, und die Sterne waren und blieben weit entfernte, kaum erreichbare Objekte.
    Nicht ganz unerreichbar. Der Lexman-Raumantrieb bewies es.
    Nach Jahrzehnten der Entwicklung setzten Lexman und seine Gefährten im Jahre 2337 ihren Ionenantrieb ein. Dieser ermöglichte es den Menschen, die theoretische Geschwindigkeitsgrenze des Universums, die Lichtgeschwindigkeit, zwar nicht ganz zu erreichen, aber ihr in etwa nahezukommen. Zum erstenmal waren damit die Sterne in die Reichweite der Menschen gerückt.
    Aber selbst bei dieser phantastischen Geschwindigkeit dauerte eine Reise zum nächsten Stern mit kurzem Aufenthalt und der Rückkehr zur Erde neun Jahre. Bellatrix, ein weiter entfernter Stern, erforderte zweihundertfünfzehn Jahre, und dazu kam dann noch die Rückreise. Trotzdem war es ein ungeheurer Fortschritt, denn mit den alten Raumantrieben hatte man schon zum Pluto viele Monate gebraucht, und an Reisen zu den Sternen hatte man nicht einmal zu denken gewagt.
    Der Lexman-Raumantrieb bewirkte grundlegende Änderungen. Er schenkte der Menschheit die Sterne. Fremde Wesen besuchten die Erde, fremde Produkte und Sprachen wurden eingeführt.
    Ein Faktor konnte dabei allerdings nicht übersehen werden; er ergab sich zwangsläufig bei Reisegeschwindigkeiten knapp unterhalb der Lichtgeschwindigkeit – die Fitzgerald-Kontraktion. An Bord der großen Sternenschiffe, die durch die Leere des unendlichen Raumes pflügten, schrumpfte die Zeit. Die Hin- und Rückfahrt nach Alpha Centauri dauerte für die Schiffsbesatzungen nur sechs Wochen.
    Die Ergebnisse waren kurios, in einigen Fällen sogar tragisch. Eine um sechs Wochen gealterte Mannschaft kehrte auf eine um neun Jahre gealterte Erde zurück. Sitten und Gebräuche hatten sich verändert, neue Slangworte machten die Sprache beinahe unverständlich.
    Die natürliche Folge davon war die Entwicklung einer eigenen Gilde der Raumfahrer, jener Männer, die ihr Leben damit verbrachten, von Sonne zu Sonne zu »springen«, die praktisch nichts mehr gemein hatten mit den an den Planeten gebundenen Menschen. Raumfahrer und Erdbewohner – die unerbittlichen mathematischen Gesetze der Fitzgerald-Kontraktion trennten sie und machten sie fast zu Feinden.
    Jahrhunderte vergingen, und die vom Lexman-Raumantrieb verursachten Veränderungen prägten sich immer mehr aus. Nur ein Raumantrieb, der die Lichtgeschwindigkeit überschritt, konnte die immer breiter werdende Kluft zwischen Raumfahrern und Erdenmenschen überbrücken, aber der Überlichtgeschwindigkeits-Raumantrieb blieb ebenso ein Traum der Menschheit, wie er es in den Tagen von James Hudson Cavour gewesen war.
    Sociocultural
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