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Stundenlohn für flotte Gangster

Stundenlohn für flotte Gangster

Titel: Stundenlohn für flotte Gangster
Autoren: Stefan Wolf
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eine
gigantische Verschwörung. Mit Verleumdung und Terror. Erstaunt macht uns der
riesige Aufwand, den Annas Feind betreibt. Die Mobbing-Anrufe bei Nachbarn und
im Kollegium sind ja noch leicht zu machen. Aber die Unfälle sind Kunststücke.
Die erfordern Vorbereitung und Planung. Und die Typen, die’s ausführen, sind
Könner. Erst beschafft man sich die nötigen Papiere. Die werden dann ein
bisschen frisiert — mit anderen Daten und den erfundenen Kfz-Kennzeichen. Dann
müssen alte Kleinwagen herhalten und Anna wird in die Unfälle verwickelt. Das
alles erfordert Mühe und Geld.“
    „Und Mittäter“, sagte Karl.
    „Dieser Benito Mugani muss
total irre sein“, stellte Klößchen fest.
    „Mir leuchtet nicht ein“,
sinnierte Gaby, „wozu das gut sein soll. Die verleumderischen Anrufe kann man
einordnen unter Rache. Aber die Unfälle? Was soll das? Es geschieht. Doch die
Zusammenstöße haben keine Folgen für Anna. Denn die Typen können Annas Versicherung
nicht zur Kasse bitten.“
    „Rätselhaft“, nickte Karl.
    „Wenn es darum ginge, Annas
Wagen zu beschädigen“, fuhr Gaby fort, „wäre das leichter zu bewerkstelligen.
Mit ‘nem Vorschlaghammer, zum Beispiel.“
    Eine Weile überlegten alle.
    „Ich glaube“, sagte Tim
schließlich, „Anna selbst hat das Stichwort geliefert. Sie sprach davon, dass
Mugani sie in einen Nervenzusammenbruch treiben will.“
    Gabys Blauaugen weiteten sich.
„Ja, das ist es. O Gott, wie gemein! Der Kerl will sie total vernichten. Klar
doch! Anna zweifelt ja jetzt schon an sich. Innerlich ist sie vom großen
Zittern befallen. Wenn jemand innerhalb einer Woche mit dem Wagen vier
Zusammenstöße verursacht, kann man ihn kaum noch als verkehrstauglich ansehen.
Dass die Unfallgegner dann nichts unternehmen, bliebe ohne uns vielleicht
unerforscht — fiele gar nicht auf. Anna könnte ja denken, dass die den Schaden
doch eigenhändig richten.“
    „Ja“, sagte Tim. „Es geht um
Vernichtung. Annas Persönlichkeit soll vernichtet werden.“
    „Und das ist sicherlich Muganis
Taktik“, rief Klößchen, „um doch noch bei ihr zu landen. Ich kann mir denken,
wie’s weitergeht: Anna bricht zusammen. Mit zerfransten Nerven wird sie in die
Klapsmühle (Nervenheilanstalt) eingeliefert. Und wer tanzt an mit ‘nem
Strauß roter Rosen am ersten Besuchstag — Benito Mugani. Der unerschütterlich
Liebende. Der treue Verehrer bis in den Wahnsinn. Und Anna ist total gerührt,
denkt er, und erhört ihn dann endlich.“
    „Hört sich grausam an“, Gaby
verzog das Gesicht.
    „Wie ein Psychothriller aus den
Siebzigerjahren“, meinte Karl.
    „Habt ihr ‘ne bessere
Erklärung?“, trumpfte Klößchen auf.
    „Entweder du hast Recht“, sagte
Tim, „oder Mugani selbst ist beim Kopfsprung im Trocknen gelandet. Will damit
sagen: Vielleicht hofft er nicht mehr auf Annas Gunst, lässt sich aber die
Zerstörung ihrer Persönlichkeit was kosten. Geld hat er ja. Und eine Rache
zelebrieren (feierlich begehen), kann für einen beknackten Psycho was
Tolles sein — ein seelisches Open-Air-Festival. Unsereins kann sich da zwar
nicht hineindenken, aber wir sind ja auch keine Muganis.“
    „Es macht mir Gänsehaut“, sagte
Gaby.
    Für Tim war das Anlass, ihr
sofort den Arm um die Schulter zu legen.
    „Liebe und Rache liegen
offenbar dicht beieinander“, meinte Klößchen düster und beobachtete, wie eine
Amsel einen Regenwurm aus dem Grünstreifen zerrte.
    „Wirkliche Liebe“, widersprach
Gaby, „hat niemals etwas mit Rache zu tun. Wirkliche Liebe verzeiht — und lässt
den andern in Ruhe, wenn’s vorbei ist. Aber leider gibt es hin und wieder die
total Wahnsinnigen, die nach ‘ner gescheiterten Beziehung Amok laufen. Sie
erschießen die Ehemalige, ihren neuen Macker und dann sich selbst. Aber das hat
mit Liebe nichts zu tun. Nicht mal mit Enttäuschung. Das ist Ausübung von
Macht. Der Psycho will sein Objekt der Begierde oder Zuneigung besitzen.
Besitzen wie einen Gegenstand. Gelingt das nicht, ist Vernichtung angesagt. Und
so einer ist Benito Mugani. Jungs, unsere Anna ist in großer Gefahr.“
    „Aber wir haben diese Gefahr
erkannt“, sagte Tim. „Und können ihr begegnen.“
    „Hoffentlich.“ Karl nahm seine
Nickelbrille ab und polierte die Gläser mit dem Taschentuch.
    „Von Anna“, sagte Tim,
„brauchen wir eine Personenbeschreibung der Ganoven — der Unfallgegner, meine
ich. Von denen, die als Kittvogel, Läutsälig und Neupott aufgetreten sind. Wie
Paul-Egon Flappe
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