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Stundenlohn für flotte Gangster

Stundenlohn für flotte Gangster

Titel: Stundenlohn für flotte Gangster
Autoren: Stefan Wolf
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heute ohnehin gestorben ist — samt seiner Walderdbeeren
— , machen wir’s sofort.“

6. Schmelzofen als Sparschwein?
     
    Die Weichröder Landstraße
verläuft schnurgerade und besteht aus Wohnblöcken, die in den 60er-Jahren des
vorigen Jahrhunderts erbaut wurden.
    Vermutlich, dachte Tim, hat man
sich schon damals dafür geschämt. Keine Gärten, kein Grün, eine Wohnwabe wie
die andere, alles lieblos und hässlich. Dass man hier billig wohnt, ist als
Entschädigung zu wenig.
    Sie stoppten vor dem
Hauseingang von Nr. 71. Das war ratsam. Flappe kannte die Kids. Natürlich würde
es ihm auffallen, wenn sie vor seiner Adresse antanzten. Erst mal, das hatten
sie beschlossen, wollten sie ihn heimlich beobachten.
    Tim nahm seine Sonnenbrille ab
und spähte voraus.
    „Wenn mich nicht alles täuscht,
parkt dort hinten sein BMW. Ziemlich genau vor Nummer 79. Den Eindruck eines
Spaziergängers macht Flappe eigentlich nicht. Also muss er zu Hause sein.“
    „Jetzt nicht mehr“, sagte Gaby.
„Wir haben Glück. Keine Minute hätte es später sein dürfen.“
    Auch die Jungs sahen den klotzigen
Typ mit dem blonden Bürstenschnitt. Der Mann kam schlurfend aus einer
überdachten Hofeinfahrt zwischen zwei Wohnblöcken.
    Ohne herzublicken, wandte er
sich in die andere Richtung.
    Tim und seine Freunde waren
abgestiegen und hatten sich hinter einen parkenden Lieferwagen geduckt —
möglichst unauffällig, damit’s nicht aussah wie ein Räuber-und-Gendarm-Spiel im
Kindergarten.
    „Er ist doch ein
Spaziergänger“, meinte Klößchen. „Er fährt nicht, er geht.“
    „Dann hat er’s nicht weit!“, mutmaßte
Tim. „Wahrscheinlich holt er sich Zigaretten aus dem Automaten. Oder er tritt
nur mal rasch einen Nachbarn vors Schienbein.“
    Beides traf nicht zu. Flappe
stiefelte bis zur nächsten Ecke und bog rechts ab. Das Eckhaus war ein
Wirtshaus und nannte sich ZUR SCHWEMME. TKKG lugten um die Ecke.
    Flappe stand vor einem
Bahnübergang. Die Schranken waren geschlossen. Zwei Gleise verliefen hier,
kamen vom nahen Westbahnhof und führten — wenn die Phantasie wollte — in
unendliche Ferne.
    Flappe hatte die Hände in die
Hosentaschen getaucht und wartete brav. Mit ihm warteten zwei Pkw, ein Lastzug
und drei Rennradler in knalligen Trikots, die futuristischen (zukünftelig) Schutzhelme in die Sonne gereckt.
    Ein Güterzug rumpelte vorbei.
Die Schranken öffneten sich. Flappe marschierte bis zu der ehemaligen
Eisengießerei hinterm Westbahnhof.
    Eisengießerei und Walzwerk
hatten vor Jahren aufgehört. Das Gelände war jetzt so tot wie Eisbein in Aspik,
wurde von brüchiger Mauer umgeben und durfte nicht betreten werden — wie Schilder
an Toren und Eingängen mahnten. Eltern hafteten für ihre Kinder. Was mit dem
Gelände geschehen sollte, darüber waren sich die Stadtväter seit Jahren nicht
einig. Zunächst einmal geschah also gar nichts. Denn jede Veränderung würde
Geld kosten. Standen hier doch riesige Geräte, zum Beispiel die gewaltigen,
jetzt völlig kalten Kuppel- oder Schmelzöfen mit Windleitung, kippbarem Vorherd
und fahrbarer Trommelpfanne. Diese Öfen aus dem Schmelzbetrieb besaßen einen
beträchtlichen Durchmesser. Die umgebenden Gebäude waren inzwischen verfallen.
An dem rostigen Altmetall hatte niemand Interesse.

    Flappe war durch ein Tor
geschlüpft, das mit einem Bretterzaun verbarrikadiert wurde, aber an der Seite
eine Lücke hatte.
    „Höchst verdächtig!“, meinte
Tim. „Ich schleiche ihm nach. Ihr versteckt euch am besten hinter der Ecke
dort.“
    Als sich Tim durch die Lücke
quetschte, sah er, wie Flappe auf eine baufällige Werkshalle zueilte. Er lief
hinein, ohne sich umzusehen.
    Dann stand Tim dort am Eingang,
machte sich schmal und beobachtete.
    Früher hatte man hier an
Schmelzöfen gearbeitet, jetzt verbreitete sich Rost in dicken Schichten, ebenso
Staub, Dreck und Ruß von damals.
    Flappe stand vor einem
Schmelzofen, zögerte und wandte plötzlich den Kopf. Vielleicht machte er das
immer vor einer wichtigen Handlung oder sein Instinkt hatte warnend mit dem
Glöckchen gebimmelt.
    Tim zuckte gerade noch
rechtzeitig hinter den Mauervorsprung zurück.
    Hatte Flappe die Bewegung
bemerkt?
    Tim hörte, wie er mit
Schleichschritten kam, und krebste schleunigst im Rückwärtsgang zur Schmalseite
der Werkshalle. Hier verlief die Gebäudewand bis zur Ecke — das waren
sicherlich 50 Meter — ohne Fenster und Tür.
    Kein Versteck. Außer einem
hüfthohen Schutthaufen, der an der Seitenfront
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