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Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Titel: Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
Autoren: Boje Verlag
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Freitag, 24. Juni

    Ich bin zu jung für einen Freund? Hallo??? Ich bin sechzehn! Shakespeares Julia war dreizehn, als sie sich in Romeo verliebte und ihn einen Tag später heiratete. Dreizehn!!! Genau wie Shakespeare musste Paps ein Drama daraus machen. Nur, das von Shakespeare war Weltliteratur, das von Paps voll daneben.
    18.00 Uhr  Man merkt’s, ich bin wieder zu Hause. Mensch, war das ein Absturz heute. Morgens noch Inselparadies mit Tom, abends schon wieder Alltagshölle. Rosarotes Schweben auf Wolke sieben und dann flatsch, Bauchlandung auf dem harten Boden der Tatsachen. Das. Ist. Nicht. Schön.
    18.08 Uhr  Ich bin zu jung? Rein biologisch betrachtet bin ich mit sechzehn auf meinem absoluten Leistungshoch. Mehr kommt nicht! Hirnzellen, Kondition, Fruchtbarkeit   – alles im Optimum, das kann man in jedem Bio-Buch lesen! Ab zwanzig geht es abwärts und mit fünfundvierzig, lieber Vater, befindet man sich kurz vorm Tiefpunkt, um es mal freundlich auszudrücken. Wären wir noch Höhlenmenschen, dann würde ichjetzt mit einem Festritual zur Kriegerin oder Stammesführerinernannt werden. Du aber, Papilein, hättest keine Zähne mehr und müsstest dir vorm Essen dein Mammut mit dem Faustkeil zu Brei zermanschen. Nur mit viel Glück hättest du noch ein paar Jahre als Medizinmann vor dir und könntest unserem Stamm die Zukunft aus Knöchelchen vorhersagen. Denk da mal drüber nach, bevor du anderen vorwirfst, zu jung zu sein.
    18.19 Uhr  Ja, das könnte ich Paps sagen. Aber ich lasse es lieber, in seinem Alter ist Aufregung nicht gut. Ich werde ihn einfach seine Laune ausmiefen lassen und inzwischen mein Ding durchziehen. Soll er ruhig im Wohnzimmer rummuffeln. Ich werde nachher mit Tom skypen und vielleicht treffe ich ihn auch noch. Ich vermisse ihn nämlich.
    18.23 Uhr  Tom.Fjonggg!!! Allein der Gedanke, und ich sause schon wieder hoch auf Wolke sieben.
    Als ich heute früh aufgewacht bin, lag Tom neben mir. (An dieser Stelle müssten Geigenklänge ertönen!!!)

    18.34 Uhr  Tom. Neben mir. (Ich musste das einfach noch mal hinschreiben.)
    18.35 Uhr  Er schlief noch tief und fest. Wir hatten nämlich alle nicht viel Schlaf bekommen in unserer letzten Nacht auf der Insel. Wir haben ewig lang am Lagerfeuer gesessen, denn wir hatten das Gefühl, es würde niemals Tag werden, wenn wir einfach sitzen bleiben würden. Aber leider hat das nicht funktioniert. Die Sonne ging trotzdem irgendwann auf und wir waren schließlich so müde, dass wir doch noch ins Hauswankten. Ich bin dann heimlich zu Tom gekrochen, um noch ein bisschen mit ihm zu reden, aber nach drei Wörtern bin ich eingeschlafen.
    In. Seinen. Armen. (Ein Orchester voller Geigen!!!)
    Drei Stunden später bin ich aufgewacht, es war schon fast Frühstückszeit. Tom schlief noch. Ich habe ihn eine Weile angesehen, seine schwarzen Wimpern, seine verwuschelten braunen Haare, das Grübchen in seinem Kinn.
    Er wurde unruhig, wahrscheinlich hat er meinen Blick gespürt. Also bin ich rausgegangen, an den Strand, um ihn nicht zu stören.
    Ich habe mich in den Sand gesetzt und versucht, mir das alles für immer einzuprägen: die kühle Morgenluft auf der Haut, das glitzernde Wasser, das Schilf, die Ente mit den Küken. (Harfenklänge!!!)
    Ich saß da ziemlich lang und irgendwann hörte ich Schritte. Tom. Er hatte nasse Haare, denn um wach zu werden, hatte er seinen Kopf unter den eiskalten Wasserstrahl am Brunnen gehalten. Ein T-Shirt trug er nicht, nur Shorts. Um die Schultern hatte er ein Handtuch gelegt.
    »Hey, da bist du ja. Die anderen suchen dich, es gibt gleich Frühstück«, sagte er und ließ sich neben mich fallen.
    »Hab keinen Hunger.« Ich legte mich zurück in den warmen Sand und betrachtete die Blätter der Trauerweide über mir, die so sommerlich im Morgenlicht flirrten und glirrten. Gibt es diese Wörter? Vermutlich nicht. Die Blätter taten es trotzdem.
    Tom runzelte die Stirn, beugte sich über mich und betrachtete meinen Mund. »Hunger habe ich auch nicht. Zumindest nicht auf Nahrung«, murmelte er.

    Dann küsste er mich gaaanz lange.
    »Das war unser letzter Kuss am Strand«, flüsterte er irgendwann. »Wir sollten jetzt packen, das Boot kommt bald.«
    »Nein«, meinte ich. »Das sollte auf keinen Fall unser letzter Kuss hier gewesen sein. Es wäre schade um ihn. Er bekommt dann rückwirkend so einen bitteren Beigeschmack.«
    »Das dürfen wir nicht zulassen«, sagte Tom und hatte dabei schon seinen Mund an meinem, was angenehm
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