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Stuermischer Zauber

Stuermischer Zauber

Titel: Stuermischer Zauber
Autoren: Mary Jo Putney
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Umarmung und goss ihm eine Tasse Tee ein. Als er durstig trank, fuhr sie fort: »Heute Morgen habe ich über jene freitägliche Versammlung nachgedacht, als ich verkündete, unsere Männer zum Prinzen zu führen. Erinnerst du dich an den Schutzzauber, den wir am Ende gemeinsam gewirkt haben?«
    Er nickte. Dieser Abend schien Ewigkeiten zurückzuliegen.
    »Mir ist nur heute bewusst geworden, dass jeder, der an diesem Abend dort war, den Feldzug überlebt hat. Und auch das Tal hat überlebt.« Sie atmete unsicher durch. »Ich wünschte nur, Robbie wäre auch da gewesen.«
    Er sprach ein stilles Gebet für die Seele von Robbie Mackenzie, der wie ein Held gehandelt hatte und ebenso gestorben war. »Es tut mir so leid, dass du ihn verloren hast, Jean.«
    »Er starb, ohne den Glauben an die Sache zu verlieren. Ich bin froh, dass er wenigsten das bis zum Ende hatte.« Jean trank von ihrem Tee.
    Er umschlang seinen Körper mit den Armen. »Ist Gwynne bereits aufgestanden?«, fragte er.
    Seine Schwester blickte überrascht auf. »Du weißt es nicht? Sie ist gestern abgereist. Hat Sheba gesattelt und sich auf den Weg nach England gemacht. Ich glaube nicht, dass wir sie wiedersehen werden.« Jean seufzte. »Ich weiß nicht, ob ich darüber glücklich sein soll oder nicht. Es fällt mir schwer, ihr das, was sie dir angetan hat, sowie die Konsequenzen ihres Handelns zu vergeben, doch sie hat so viel für uns getan.«
    Entsetzt überprüfte Duncan im Geiste die Festung. Keine Gwynne! Sie war längst fort.
    Er sollte erleichtert sein, denn sie hatte ihm damit eine hässliche Szene erspart. Zwischen ihnen standen so viel Wut und Schuldzuweisungen, dass es ihnen kaum möglich war, vernünftig miteinander zu reden, ohne sich noch mehr wehzutun. Doch statt Erleichterung spürte er nur … Leere.
    »Reitest du hinter ihr her?«, wollte Jean gleichgültig wissen.
    »Nein. Unsere Ehe ist zerbrochen und kann nicht wieder gekittet werden.« Sie hatte ihn verraten. Er konnte ihr nicht vergeben. Und doch … »Aber … sie ist zu schnell fort. Es gibt Dinge, die noch gesagt werden müssen.«
    Jean schwieg; sie beobachtete ihn nur mit großen, weit aufgerissenen Augen, als erwartete sie mehr von ihm. Sie wusste nicht, wie qualvoll es für ihn sein würde, der Frau gegenüberzustehen, die ihn verraten hatte. Natürlich war es ebenso schmerzvoll, nicht mit ihr zu reden.
    Widerstrebend akzeptierte er, dass er wirklich keine andere Wahl hatte. »Also gut, ich denke, ich muss ihr nachreiten. Nicht, um sie zurückzubringen, aber um … um all die unbeantworteten Fragen zu stellen. Um es offiziell zu Ende zu bringen.«
    »Das ist ein weiser Entschluss, denke ich.«
    Er fragte sich, ob seine kleine Schwester seine Erklärung ebenso lahm fand wie er. Vermutlich, aber in den letzten Monaten hatte sie ein Gefühl für Takt bekommen, und außerdem erfüllte sie eine gewisse Weisheit.
    Das war mehr, als er in dieser Zeit gelernt hatte.
    Gwynne wachte auf, als dunstiger Sonnenschein durch den offenen Eingang der Hütte fiel. Schläfrig gähnte sie, wickelte einen Plaid um ihre Schultern und schlenderte nach draußen. Himmlischer Nebel verlieh den dramatischen Bergen das Aussehen eines verzauberten Königreichs. Später würde die Sonne den Nebel und die morgendliche Kühle vertreiben. Der Frühling in Schottland war großartig, überall spross das Leben. Das alles beruhigte ihren erschöpften Geist.
    Die erste Nacht hatte sie in einem kleinen Gasthaus direkt an der Straße verbracht, aber am vergangenen Abend hatte sie sich in diese baufällige Hütte zurückgezogen. Sie bot ihr vielmehr die Illusion eines Obdachs, als tatsächlich Schutz vor den Elementen zu sein, aber sie hatte ihren Ansprüchen genügt.
    Zweimal schnippte sie mit den Fingern und entzündete damit das Holz unter ihrem kleinen Blechtopf. Kerzen waren einfacher zu entzünden. Während das Wasser sich erhitzte, tauchte Lionel mit einer noch zuckenden Maus auf, die er stolz im Maul trug. Gwynne verzog das Gesicht. »Mir wäre es lieber, du würdest das woanders fressen.«
    Zuvorkommend zog er sich ein paar Schritte zurück. Er war nicht so weit entfernt, dass sie nicht das Knacken der kleinen Mäuseknochen gehört hätte, doch abgesehen von seinen Fressgewohnheiten, war er ein angenehmer Reisegefährte. Sie hoffte, ihm würde England gefallen.
    Sie röstete ein Stück Käse an einem Stecken über dem Feuer, als Duncan so leise wie ein abendlicher Zephir auftauchte. Groß, dunkel und
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