Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stuermischer Zauber

Stuermischer Zauber

Titel: Stuermischer Zauber
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
Gegenwart der Katze, setzte Gwynne sich an den Schreibtisch ihres Vaters und begann, die einzelnen Fächer nach persönlichen Dingen zu durchsuchen. In Bewegung zu bleiben schien ihr wichtig, um sich daran zu hindern, die Vergangenheit zu betrauern oder pausenlos über ihre Zukunft nachzudenken.
    Sie blinzelte die Tränen weg, als sie das Medaillon ihrer Mutter in der mittleren Schublade fand. Im Innern des ovalen Schmuckstücks befanden sich zwei gemalte Miniaturen ihrer Eltern, die aus ihrer Verlobungszeit stammten. Sie sahen jung und sehr verliebt aus. Ihr Vater musste das Medaillon hier aufbewahrt haben, um jederzeit das Bild seiner Frau betrachten und von glücklicheren Zeiten träumen zu können.
    Er hatte ein ruhiges Leben auf Harlowe Place geführt und war ein stiller, gelehrter Mann gewesen. Sein einziger Akt der Rebellion war es gewesen, Anna Wells gegen den Wunsch beider Familien zu heiraten. Ihre Familie hatte Gwynnes Mutter daraufhin verstoßen. Die Owens hatten die Verbindung akzeptiert, wenn auch widerstrebend. Die Wächter wurden dazu ermuntert, untereinander zu heiraten, und Anna war eine Irdische. Obwohl sie schön war und von sanftem Gemüt, trug sie keine Magie in ihrer Seele.
    Aber die Ehe war glücklich gewesen, und als Anna vor zwei Jahren an einem Fieber gestorben war, hatte dies die kleine Familie zerstört. Und nun war auch Robert gegangen, und Gwynne war allein. Sie bedauerte es, keine Geschwister zu haben, die mit ihr trauerten.
    Das letzte Fach war beinahe leer, als die Tür geöffnet wurde. Das Klopfen eines Gehstocks sagte ihr, dass Emery, Lord Brecon, eintrat. Sie richtete sich beim Anblick der vorzüglich gekleideten Gestalt auf. Er war groß, und sein Haar war so dicht und von natürlichem Weiß, dass er es nicht zu pudern brauchte. Der Earl war der Fixstern, um den sich ganz Harlowe drehte. Seine Großzügigkeit und seine Bildung waren legendär, und er war immer freundlich zu einem kleinen Mädchen, das Bücher liebte.
    Als er sie sah, sagte er ruhig: »Es ist getan, meine Liebe.«
    »Meine Eltern sind nun beisammen und haben ihren Frieden gefunden.« Als Gwynne sprach, hallte in ihr nach, wie wahr diese Worte waren. Hin und wieder hatte sie solche blitzartigen Eingebungen von absolut sicherem Wissen; es war das einzige Zeichen ihrer Wächterkraft. Natürlich war es nicht dasselbe, wie über die Winde zu gebieten, die Zukunft vorauszusagen oder die Kranken zu heilen.
    »Wir beide werden im blauen Salon erwartet. Aber ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich ein paar Minuten ausruhe, bevor wir nach unten gehen. Draußen bläst ein eisiger Wind.« Erschöpft sank der Earl in den ledernen Ohrensessel neben dem Kohlenfeuer.
    »Ich bin froh, dass es regnet. Ein schöner Tag wäre für eine Beerdigung nicht richtig gewesen.«
    »Es gibt keine guten Tage für Beerdigungen.« Sein Blick streifte den Weidenkorb, den sie mit den Habseligkeiten und Notizen ihres Vaters gefüllt hatte. »Du bist fleißig gewesen, wie ich sehe. Die Bibliothek wird ärmer sein, wenn du gehst.«
    Also wurde sie fortgeschickt! Der Schock darüber ließ sie die Frage stellen, die ihre einzige Chance war, ihren geheimen Traum zu verwirklichen. »Ich habe es immer geliebt, in der Bibliothek zu arbeiten. Tatsächlich ist es so, Mylord, ich … ich habe gehofft, Ihr könntet mich anstelle meines Vaters als Bibliothekar einstellen. Obwohl ich nicht seine Ausbildung habe, hat er mich gut unterrichtet. Ich habe mein ganzes Leben lang mit den Büchern gearbeitet. Mein Vater sagte, niemand sei besser darin, die Bücher zu konservieren, und ich habe eine feine, klare Handschrift, wenn ich anfällige Manuskripte kopiere. Oder wenn Ihr mich nicht als Bibliothekar wollt, kann ich vielleicht als Assistentin des neuen Bibliothekars bleiben?«
    »Du bist erst siebzehn, Kind«, sagte der Earl erstaunt. »Zu jung, um dich zwischen Büchern zu vergraben. Das Leben geht weiter, und nicht nur durch das Studium staubiger Seiten. Du wirst nie heiraten, wenn deine Verehrer dich nicht finden können.«
    Sie hätte beinahe laut aufgelacht. Seine Lordschaft hatte sie vermutlich nicht genauer angeschaut. Sonst hätte er sie nicht für heiratsfähig gehalten. Sie besaß weder ein Vermögen noch Schönheit, und nur wenige junge Männer hatten sie bisher überhaupt wahrgenommen. »Ich bin noch keinem jungen Mann begegnet, der mich so sehr interessiert hätte wie ein gutes Buch oder ein schnelles Pferd, Mylord.«
    Er zog die buschigen Brauen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher