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Stuermischer Zauber

Stuermischer Zauber

Titel: Stuermischer Zauber
Autoren: Mary Jo Putney
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haben.
    Duncan atmete langsam aus und erinnerte sich daran, dass er keine sechzehn mehr war. Die Lady könnte ein Hausdrache sein, oder sie würde ihn ebenso beunruhigend finden wie die meisten Frauen. Man konnte sich ein Pferd kaufen, das man sich wünschte, doch bei Frauen war es weitaus komplizierter.
    »Wenn sie Brecons Frau war, dann ist sie eine Wächterin?«
    »Ja, sie ist eine der Owens. Sie hat keine nennenswerte Macht, aber sie wuchs in der Bibliothek von Harlowe auf und ist eine bemerkenswerte Gelehrte unseres Wissens. Seit dem Tod ihres Mannes lebt sie hier in Richmond bei Lady Bethany.« Simon grinste. »Schwer zu glauben, dass die beiden Schwägerinnen sind. Die verwitwete Countess sieht eher aus wie Lady Bethanys Enkelin.«
    Wenn die Lady belesen war, zeigte sie es nicht. Von den gepuderten Haaren bis zu ihren anmutigen Schuhen war sie wie ein köstliches Konfekt, das nur hergerichtet war, um die hohe Tafel zu schmücken.
    Erneut grollte Donner, diesmal schon näher. Duncans Augen verengten sich. Direktheit gehörte nicht in die adeligen Kreise Londons, aber es war der einzige Weg, den er kannte. »Stell mich der Lady vor, Simon. Ich will herausfinden, ob sie so perfekt ist, wie sie aussieht.«
    Gwynne lächelte. Das Sonett, das Sir Anselm White vortrug, war erstaunlich schlecht. Obwohl er das Herz am rechten Fleck hatte, waren seine Verse Welten entfernt von einem guten Rhythmus. »Ihr schmeichelt mir, Sir Anselm. Meine Augen sind hellbraun und nicht ›von einem Saphir, blauer als der Sommerhimmel‹.«
    Sein gelangweilter Blick konzentrierte sich kurz auf ihre Augen. »Goldene Münzen, die die Sonne überstrahlen!«
    Sie vermutete, dass ein Regen aus Metaphern auf den Kopf des Mannes niedergeprasselt war, als er ein Kind gewesen war. Vermutlich hatte er sich davon nie erholt. Da schon ein kleiner Teil von Sir Anselms Dichtkunst viel Zeit raubte, war sie froh zu hören, wie Bethany sagte:
    »Lord Falconer, wie schön, Euch wiederzusehen.«
    Sie schenkte Sir Anselm ein letztes Lächeln, bevor sie sich abwandte. Gwynne begrüßte den Neuankömmling herzlich. »Simon, mein liebster Geck!« Sie streckte die Hand aus. »Ihr habt mich vernachlässigt, Ihr seid mir ein rechter Lump.«
    Als einer der am besten aussehenden Männer Londons war Falconer es immer wert, bewundert zu werden. Heute hatte er sein volles Haar mit einem blauen Band zusammengebunden, das denselben Farbton hatte wie sein Brokatmantel. Beides passte perfekt zu seinen azurblauen Augen. Die bestickte, silberne Weste verdiente es mehr, dass Sonette darauf gedichtet wurden, als Gwynnes Körper. Falconer konnte Sir Anselm so manche Lektion in lässiger Eleganz erteilen. Und unter der Eleganz war er wie ein glänzendes Schwert, das von Seide umhüllt wurde.
    »Ein Geck?« Simon seufzte dramatisch. »Ihr verletzt mich, Mylady.« Er beugte sich mit vollendeter Anmut über ihre Hand. Doch er wirkte nicht ernstlich verletzt. »Erlaubt mir, meinen Freund Lord Ballister vorzustellen. Ihr werdet von ihm gehört haben, denke ich. Aber er hat einige Zeit im Ausland verbracht und sagt, Ihr hättet noch nicht die Gelegenheit gehabt, einander kennenzulernen.«
    Alle Wächter hatten von Lord Ballister gehört. Er war das Oberhaupt der Macraes of Dunrath. Unter den Familien der Wächter war er als der beste Wettermagier ganz Englands bekannt. Einige sagten, er sei sogar mächtiger als sein Vorfahre Adam Macrae, der einst den großen Sturm heraufbeschworen hatte, der die spanische Armada zerstörte.
    Da er mit der Sonne im Rücken vor ihr stand, konnte sie wenig erkennen außer der Silhouette einer großen, eindrucksvollen Gestalt. »Es ist ein Vergnügen, Euch kennenzulernen, Lord Ballister.«
    »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.« Ballister verbeugte sich.
    Eine Wolke verdunkelte die Sonne und erlaubte Gwynne, sein Gesicht zu erkennen, als er sich aufrichtete. Der sturmgraue Blick traf sie wie ein Blitz. Bestimmung … Das Wort hallte in ihrem Kopf wider, zusammen mit einem verwirrenden Gefühl, dass die Welt sich in diesem Augenblick unwiderruflich verändert hatte.
    Sie schalt sich selbst für ihre ausschweifende Fantasie. Die Welt war noch genauso wie vorher. Auch Ballister wirkte recht normal auf sie. Obwohl seine Größe und die breiten Schultern die Aufmerksamkeit auf sich zogen, waren seine Gesichtszüge zu schroff, um ihn gut aussehend zu nennen, und der marineblaue Mantel und die gelbbraune Weste waren schlicht, wenn man sie mit dem
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