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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe
Autoren: Alexander Kent
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nach Cornwall gekommen war. Wenn über alles Gras gewachsen war, würde er zurückkehren, und es war unwahrscheinlich, daß er dann noch immer von den Behörden gesucht wurde.
    Hugh nickte. »Aye. Das Schiff ist die Virago , eine neue, handliche, ketchgetakelte Schaluppe. Vyvyan ist anscheinend schon seit einem Jahr ihr Eigner.« Er wandte sich brüsk ab, das Regenwasser lief ihm unbeachtet übers Gesicht. »Die Virago kann jetzt schon sonstwo sein. Meine Segelorder vom Admiral in Plymouth sieht vor, daß ein Kriegsschiff zur Untersuchung angefordert werden soll, mehr nicht.« Er schlug resignierend und verzweifelt die Hände zusammen. »Aber die Virag o ist schnell und kann bei diesem Wetter jedes andere Fahrzeug ausstechen.« Gloag kam an Deck gepoltert, noch an einem zähen Stück Salzfleisch kauend. »Sir?«
    »Wir wollen gleich auslaufen, Mr. Gloag. Nach Plymouth.«
    Kein Wunder, daß Hugh hier so rasch wie möglich weg wollte. Gefahr, die von einem Feind drohte oder bei einem Duell, konnte ihn nicht erschüttern, sie ertrug er leicht; Verachtung und Hohn dagegen nicht.
    Bolitho beobachtete das Einschwingen der tropfenden Boote, die nassen Gestalten der arbeitenden Seeleute schimmerten in dem heftigen Regen wie Metall.
    Nach Plymouth und vor ein Untersuchungsgericht! Keine angenehme Art und Weise, das Jahr zu beenden.
    Er dachte an die greifbare Nähe des Erfolges, an die Gefühllosigkeit, mit der Vyvyan die Plünderung der gestrandeten Schiffe und den Tod der Besatzungen arrangiert hatte. Er dachte auch an Dancers Gesicht, als die beiden Dragoner ihn ins Haus führten, an die Striemen auf seiner Schulter, an die Drohung seiner Wärter, ihm die Augen auszubrennen. Die ganze Zeit über waren sie dicht vorm Ziel gewe sen, aber nun war alles umsonst gewesen, und sie rannten wieder gegen Mauern an.
    Hugh sagte: »Ich gehe nach unten. Laß mich rufen, wenn der Anker kurzstag ist.«
    Sein Kopf war schon fast im Niedergang verschwunden, als Bolitho ihn noch einmal anhielt. »Was ist?«
    Bolitho erklärte leise: »Ich habe noch einmal überlegt, was wir erreicht haben, was wir wirklich wissen.« Er sah, wie sich seines Bruders Züge glätteten, und fuhr eilig fort: »Nein, ich sage das nicht, um dir die bittere Pille zu versüßen. Aber was wäre, wenn all die anderen unrecht hätten, de Crespigny, der Hafenkommandant, alle?«
    Hugh stieg die Niedergangstreppe langsam wieder nach oben, die Augen fest auf seinen Bruder gerichtet.
    »Sprich weiter.«
    »Vielleicht haben wir Sir Henrys Selbstsicherheit überschätzt. Oder vielleicht hatte er schon länger vor, England zu verlassen?« Er sah das Begreifen auf seines Bruders Gesicht und fuhr rasch fort: »Dann würde er sicherlich nicht nach Frankreich segeln!« Hugh stieg über den Lukensüll und blickte über den dunklen Hafen, die weißen Schaumkronen, zu den glitzernden Lichtern der Stadt.
    »Nach Amerika?« Er packte des Bruders Schulter, bis dieser sich ihm entwand. »Bei Gott, du magst recht haben! Möglicherweise segelt die Vigar o in diesem Augenblick kanalabwärts, mit keinem Hindernis zwischen sich und dem Atlantik als -«, er blickte über sein stabiles, breites Schiff -, »meiner Avenger !«
    Bolitho tat beinahe leid, was er gesagt hatte. Vielleicht war es wieder nur eine falsche Hoffnung? Ein weiterer Stachel, um den Admiral noch mehr zu verärgern und das Kriegsgericht wegen Unbotmäßigkeit zu beschleunigen?
    Gloag beobachtete ihn gespannt. »Es steht grobe See draußen, Sir, auch wird es Nebel geben, wenn der Regen aufhört.«
    »Was wollen Sie, Mr. Gloag? Daß ich jetzt aufgebe? Meinen Mißerfolg eingestehe?«
    Gloag strahlte. Er hatte erreicht, was er wollte, und war zufrieden.
    »Ich schlage vor, daß Sie ihn verfolgen, Sir. Bringen Sie diesen Satan zurück zum Henker.«
    Wie um die letzten Zweifel zu zerstreuen, kam vom Bug der Ruf: »Anker ist kurzstag, Sir!«
    Hugh Bolitho biß sich auf die Lippen. Er berechnete seine Chancen, sein Blick glitt vom Mann am Ruder zu den Leuten an den Brassen und Fallen, von seinem grauäugigen Bruder zu Gloag, Pyke und den anderen.
    Dann nickte er. »Los, Mr. Gloag! Laufen Sie aus und setzen Sie einen Kurs ab, der so dicht wie möglich unter Land führt.« Dancer blickte Bolitho an und grinste schief. Weihnachten war nur noch ein schöner Traum.
    Bolitho wartete darauf, daß die Avenge r eine ihrer taumelnden Talfahrten beende, und überquerte dann schnell das Deck, um einen Blick auf den Kompaß zu werfen. Der starke
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