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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe
Autoren: Alexander Kent
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Dancer richteten ihre Gläser auf die Anlegebrücke und beobachteten die plötzliche Aktivität bei der Jollenbesatzung, die dort seit mehr als einer Stunde wartete.
    »Bald werden wir es. wissen, Dick.« Dancers Stimme klang nervös.
    Bolitho senkte sein Teleskop und wischte sich den Regen aus dem Gesicht. Er war klatschnaß, aber genau wie Dancer und die meisten Besatzungsmitglieder der Avenge r hatte er keine Ruhe gefunden und erwartete ungeduldig seines Bruders Rückkehr.
    Das erste Entsetzen nach dem Auffinden des Mannes, der Vyvyans Beteiligung bei all diesen Verbrechen bestätigte, war schon abgeklungen. Colonel de Crespigny war selbst mit einem Dragonertrupp nach Vyvyan Manor geritten, mußte sich dort aber sagen lassen, daß Sir Henry in einer wichtigen Angelegenheit das Haus verlassen habe und man weder wisse, wohin er gefahren sei, noch wann er zurückkomme. Als der Butler des Obersten Unsicherheit spürte, hatte er noch kühl hinzugefügt, Sir Henry habe nichts hinterlassen, denn er sei es nicht gewohnt, daß sich das Militär für seine Schritte interessiere.
    Von dieser Seite war also keinerlei Schuldnachweis möglich. Außer der letzten, verzweifelten Anklage eines Sterbenden hatten sie nichts, aber auch gar nichts in der Hand. Man hatte in Vyvyan Manor weder gestohlene Ladung noch Gewehre oder Branntwein gefunden, lediglich zahlreiche Abdrücke im Boden, die auf die kürzliche Anwesenheit vieler Menschen hinwiesen. Huf- und Radspuren sowie Schleifspuren von Fässern und Kisten zeigten deutlich, daß eine Menge der verschiedenartigsten Güter in großer Eile beiseitegeschafft worden waren. Aber auch diese Spuren würden vom anhaltenden Regen bald weggewaschen werden. Auf keinen Fall konnten sie als Beweise dienen.
    Dancer bemerkte leise: » Morgen ist Weihnachten, Dick. Diesmal wird es vielleicht kein fröhliches Fest werden.«
    Bolitho sah ihn dankbar an. Dancer war vermutlich der einzige, dem die Untersuchungsverhandlung bis auf eine kurze Zeugenaussage erspart bleiben würde. Seine eigene Rolle, ganz zu schweigen von der Bedeutung seines Vaters in der City von London, würden dafür sorgen. Trotzdem fühlte er sich genauso betroffen wie die Brüder Bolitho, die ihn in die ganze Angelegenheit hineingezogen hatten.
    Der Bootsmaat der Wache rief: »Ko mmandantenboot hat abgelegt, Sir!«
    »Gut. Rufen Sie die Fallreepsgäste, und machen Sie alles klar zu seinem Empfang.«
    Vielleicht ist es das letzte Mal, daß Hugh als Kommandant empfangen wird, dachte Bolitho.
    Hugh kletterte an Bord und berührte grüßend seinen Hut.
    »Rufen Sie alle Mann an Deck, und setzen Sie die Boote ein.« Er warf einen Blick auf den lustlos schlagenden Toppwimpel. »Wir laufen sofort aus.« Nun sah er zum erstenmal die beiden Fähnriche an und fügte bitter hinzu: »Ich bin froh, wenn ich draußen auf See bin, Heimat oder nicht.«
    Bolitho erstarrte. Somit gab es also keine Hoffnung mehr, keinen Aufschub.
    Als Dancer und der Maat nach vorn eilten, sagte Hugh in etwas ruhigerem Ton: »Ich habe Befehl, sofort nach Plymouth zu segeln. Die Besatzungsmitglieder, die ich an Bord der Prise geschickt hatte, warten bereits dort, somit wirst du als mein Stellvertreter nicht mehr länger benötigt.«
    »Hast du etwas über Sir Henry Vyvyan gehört?«
    Sein Bruder zuckte mit den Schultern. »De Crespigny wurde genauso an der Nase herumgeführt wie wir alle. Du erinnerst dich an den Goldtransport, zu dessen Geleitschutz die Dragoner aus Bodmin plötzlich auf so geheimnisvolle Weise angefordert wurden? Wir haben inzwischen erfahren, daß es Vyvyans Beutegut war. Während also unsere Leute mit den Zöllnern dem brutalen Überfall seiner Privatarmee ausgesetzt waren, ließ Vyvyan seine Beute kaltlächelnd in Looe an Bord bringen und dabei von denselben Soldaten eskortieren, die jetzt nach ihm suchen!« Hugh wandte sich seinem Bruder zu und sah ihn an; sein Gesicht schien gealtert zu sein. »Während er also nach Frankreich entwischt, um dort möglicherweise weitere Waffen für seine Privatkriege zu kaufen, habe ich die Konsequenzen auszubaden. Ich habe versucht zu rennen, bevor ich gehen konnte, und dabei wurde ich übers Ohr gehauen, ohne es zu merken.«
    »Und man weiß genau, daß sich Sir Henry schon an Bord befindet?« Bolitho konnte sich den Mann genau vorstellen, noch während er diese Frage aussprach.
    Es würde ein großer Triumph für Vyvyan werden, der schon ein gefährliches, aber einträgliches Leben geführt hatte, bevor er
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