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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality
Autoren: Jennifer Benkau
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waren schockgefrostet – ja, das musste es sein.
    „Wer bist du?“, fragte er.
    „Ich bin ein Traum. Und gleich wieder verschwunden.“
    Mühsam schüttelte er den Kopf. Nein, nicht weggehen. Er wollte nicht allein sein, nicht in dieser Kälte. Er wollte das Gesicht zu der Stimme sehen, doch alles blieb schwarz. Auch sein Geruchssinn versagte ihm den Dienst, und in seinen Ohren war fast nur dieses Rauschen.
    „Ich kann nichts sehen“, flüsterte er und fasste mit zitterndem Arm nach seinem Gesicht. Er griff sich direkt ins offene Auge und hatte seine Hand doch nicht kommen sehen.
    „Weil es zu dunkel ist.“ Sie hielt seine Hand fest, um sie zurück auf seine Brust zu legen. „Ganz ruhig. Bald geht die Sonne auf, dann kannst du wieder sehen.“
    Ihre Worte beruhigten ihn kein Stück. Im Gegenteil. Er konnte in der Dunkelheit so gut sehen wie am Tag, aber das konnte sie natürlich nicht wissen. Bei der Vorstellung, seine Augen könnten auf Dauer blind bleiben, hätte er sich am liebsten die Schwärze von den Pupillen gekratzt, in der Hoffnung, darunter Licht zu finden.
    „Ist schon gut.“ Sie sprach wie zu einem verängstigen Kind, und die kühle Hand strich tröstend über seine angespannten Gesichtszüge. „Hab keine Angst.“
    Die Präzision der Berührungen verstörte ihn. „Du kannst sehen, auch wenn es dunkel ist.“
    Sie lachte leise. „Natürlich. Ich gehöre ja zu diesem Traum, hast du das schon vergessen?“
    Für einen weiteren Moment gab er sich ihrer Ruhe hin, ehe seine Gedanken langsam wieder Konturen annahmen und in unterschiedlichen, abgehackten Szenarien wirr vor ihm abgespielt wurden. Was immer davon ein Traum gewesen war, sie war keiner.
    „Was ist passiert?“, fragte er, da sie auf die entscheidende Frage, wer sie sei, nicht geantwortet hatte. „Warum kann ich mich nicht erinnern?“
    „Du musstest vergessen.“
    Und damit hatte er genug gehört. Er wusste nun, was sie war. Und als er das Wort Vampir in Gedanken aussprach, konnte er sich schemenhaft wieder an die vergangenen Ereignisse erinnern.
    „Du hast mein Blut getrunken“, stellte er fest und wunderte sich, wie trocken man eine derartige Aussage formulieren konnte. „Ziemlich viel, würde ich vermuten.“
    „Ja.“ Ihre streichelnde Hand zögerte nicht einen Augenblick. „Woher weißt du denn das?“
    Er hatte schon zu viel gesagt und bemühte bloß die Schultern um ein schwaches Zucken. Es war offensichtlich: die kühle Haut, ihre Sicht im Dunkeln. Nur ein Vampir oder ein Kienshi konnte n Menschen dazu bringen, mehrere Minuten des Lebens einfach zu vergessen. Menschen, aber nicht ihn. Menschen wussten nichts von diesen Geheimnissen. Jedes Wort der Erklärung würde ihr offenbaren, wer er war. Es schien, als wüsste sie es nicht. Nach ihren schweren Verletzungen war es ihr offenbar nicht einmal an seinem Blut aufgefallen. Vermutlich war das sein großes Glück. Für einen Vampir musste es ein erhabenes Gefühl sein, einen Wächter hilflos im Arm liegen zu haben. Katzen fühlten sich vermutlich ähnlich, wenn der verhasste Hund sich in seiner Leine verwickelt und bis zur Bewegungslosigkeit verheddert hatte.
    Seine Situation war ausgesprochen aussichtslos. Aber Angst hatte er nicht; vielleicht war er einfach zu schwach, um Angst zu haben. Angst würde ihm auch nicht helfen. Er konnte nicht mal seinen Kopf heben und all seine Sinne schienen geschwächt oder nicht mehr vorhanden.
    „Wie ist dein Name?“ Dass er diese Vampirfrau nicht kannte, war nicht ungewöhnlich. In Glen Mertha tauchten häufig fremde Vampire auf, durchstöberten die Wälder, blieben eine Weile und zogen weiter.
    Sie atmete tief durch, zum ersten Mal schien sie zu zögern. „Laine.“
    Jamian fragte sich, ob er riskieren konnte, seinen Namen zu verraten. Doch an diesem würde sie ihn erkennen, er sollte einen anderen nennen. Sie fragte allerdings nicht danach. Schweigend strich sie Strähne für Strähne seiner Haare glatt.
    Er musste ständig an diesen toten Fuchs denken.
    „Ich frage mich, warum du nicht gestorben bist“, sagte sie unvermittelt, ohne dass ihre Hände ihre Tätigkeiten unterbrachen. „Ich habe zu viel Blut genommen, weil ich verletzt war. Viel zu viel. Du müsstest tot sein.“
    „Entschuldige bitte.“ Er zwang sich ein Grinsen ins Gesicht. „Aber ich bin ganz froh, dass ich es nicht bin.“
    „Oh, ich auch! Der Moment, in dem ich dich für tot hielt, hat mich bekümmert.“
    „Ich nehme an, das hätte Ärger gegeben,
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