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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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er selbst kein Jäger war, sondern lediglich ein Wächter. Was sich irgendwann ändern könnte …
    Er umschloss seine Beine mit den Armen und legte das Kinn auf die Knie. Ein Wächter, der sich verkroch wie eine Ratte. Armselig. Mit seiner Kraft hatte er das nicht nötig, er hätte es auf einen Kampf ankommen lassen können. Ganz sicher wäre er als Sieger hervorgegangen . Sie unterschätzen ihn. Alle. Er mochte noch jung, fast kindlich aussehen, aber seine enorme Kraft hatte selbst seinen Bruder beeindruckt. Er wäre ein mächtiger Kienshi … wenn er sich nur besser im Griff hätte.
    Das war der Grund, warum er Kämpfen auswich. Nach einem Gefecht würde er einem weiteren Menschen Kraft rauben müssen. Und je nachdem, wie viel Prana er benötigen würde, könnte ihm das rechtzeitige Aufhören zu schwer fallen. Im verletzten Zustand ein Opfer allein aufzusuchen, käme einem Mord gleich – einem weiteren Mord. Das durfte er nicht riskieren, keinesfalls.
    Ein weiteres Mal rief er in Gedanken seinen Bruder. Ein weiteres Mal antwortete nur Stille, die mit geduldiger Penetranz seine Nervosität schürte wie leichtes Pusten ein Feuer.
    Junias senkte die Stirn auf seine Knie. Verstecken, alles andere wäre dumm. Doch die Angst, dass Jamian etwas passiert war, fand ihn überall.

    *
    Langsam kam Jamian zu sich. Das Erste , was er wahrnahm, war das Brennen in den Lungen, dann folgte das Bewusstwerden einer Kraftlosigkeit, wie er sie nie zuvor erlebt hatte. Er hörte jemanden pfeifend atmen und kam erst nach einiger Zeit auf den Gedanken, dass er es selbst sein musste. Als er die Augen öffnete, blieb es schwarz.
    Ein entsetztes Röcheln entrang sich seinem Hals. Warum konnte er nichts sehen?
    Worauf auch immer sein Kopf lag, es war weich und bewegte sich. Jemand berührte sein Gesicht und strich ihm über die Haare. Eine helle Stimme sprach zu ihm. Beruhigende Worte. Weich. Beinah zärtlich.
    Er ließ die Schwere in seinem Kopf zu, schloss die Augen wieder und tat für eine Weile nichts, als zu atmen, zuzuhören und die Berührungen zu fühlen. Versuchte, sich nicht auf das Brennen in seinem Hals zu konzentrieren. Es fühlte sich an, als hätte er sich stundenlang übergeben. Nur schnell an etwas anderes denken. Die fremden Finger flüsterten über seine Kehle. Viel besser. Ganz nah hörte er Wasser rauschen; oder rauschte es nur in seinen Ohren?
    Verwundert fragte er sich, ob er vielleicht doch gestorben war. Aber das schien unwahrscheinlich, denn in der Hölle gab es sicher keine Engel, die einen im Schoß hielten, und im Himmel fühlte man sich vermutlich nicht wie dahingerotzt . Nein, im Paradies standen sie sicherlich auf Ästhetik. Er musste nichts sehen, um zu wissen, wie beschissen er gerade aussah.
    Kaffee wäre gut. Himmel, wie kam er denn darauf? Er war vielleicht nicht tot, aber ziemlich nah dran. Sein Hirn fühlte sich an wie püriert und in flüssiger Form wieder in seinen Schädel gefüllt. Ein seltsamer Moment, um sich Kaffee zu wünschen. Skurril. Eigentlich wollte er lieber einen Whisky.
    Irgendwann verstummte die Stimme und sofort versuchte er erneut, die Augen zu öffnen. Nichts zu machen – er war blind, sah nichts als Schwärze. Auch etwas zu sagen gelang ihm nicht, aus seinem Mund kam wieder nur dieses erbärmliche Röcheln. Das Geräusch erinnerte ihn an den angefahrenen Fuchs, den er als Kind mal gefunden und gemeinsam mit Junias gesund zu pflegen versucht hatte. Vermutlich war das kein so gutes Zeichen, der Fuchs war gestorben.
    „Nicht sprechen.“ Sie war direkt vor seinem Gesicht, als beugte sie sich über ihn. Er spürte ihren Atem auf der Schläfe. Etwas Kaltes schmiegte sich gegen die Wunde am Kopf, die sich zwar geschlossen hatte, aber immer noch pochte. Als woll t e sie aufbrechen; gegen die unnatürlich schnelle Heilung durch gestohlenes Prana rebellieren. Was immer sie gegen den Schmerz lehnte – vielleicht die Rückseite ihrer Finger? – es tat gut.
    „Komm“, sagte sie, die Stimme weich wie Seide und genau so unnachgiebig. „Versuch , etwas zu trinken.“
    Nässe benetzte zunächst nur seine spröden Lippen, dann bekam er aus einer hohlen Hand ein wenig Wasser eingeflößt.
    „Danke“, gelang es ihm danach zu wispern.
    Sie seufzte sanft. „Leider muss ich dir danken.“
    Er sinnierte darüber, aber fand nicht heraus, was sie meinte. Warum war er völlig durchnässt? Wie kam er hierher? Er konnte sich nicht erinnern. Es war kalt. Es war so verdammt kalt. Seine Hirnsynapsen

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