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Stirb

Stirb

Titel: Stirb
Autoren: Hanna Winter
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ich dich genau da hatte, wo ich dich haben wollte: in der Höhle, ganz ohne Zeugen. Dort hätte ich mir so richtig viel Zeit mit dir lassen können.«
    Die Tachonadel kletterte unaufhaltsam nach oben. Hilfesuchend sah Lara aus dem Fenster. Straßenpfeiler, vereinzelte Bäume, alles zog rasend schnell vorbei. Hier draußen gab es nichts als Felsen, Meer und die steinige Straße.
    »Leider hat mir Arne gründlich die Tour versaut«, bedauerte Frank. »Dieser verdammte Amateur muss irgendwie an meine Karte gekommen sein, die den Seeweg zur Höhle beschreibt – der konnte’s ja nicht abwarten und musste unbedingt schon vor dem großen Tag hingehen! Anscheinend war die Vorstellung einer gefesselten Minderjährigen eine zu große Verlockung für ihn.« Verärgert schüttelte er den Kopf. »Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Emma ihn in der Höhle erkannt hätte.«
    Lara schluckte.
    »Aber jetzt hast du, was du willst! Lass Emma gehen!«, flehte sie ihn verzweifelt an, während sich ihre Tränen mit dem Blut in ihrem Schoß mischten.
    ***
    Lara war, als würde die Sonne die Temperatur im Wagen mit jedem weiteren zurückgelegten Kilometer ansteigen lassen.
    »Emma schläft und hat nichts mitbekommen – um Himmels willen, sie ist doch noch ein Kind!«
    Doch Frank ließ nicht mit sich reden.
    Lara konnte seinen Anblick nicht länger ertragen, stierte zum Fenster hinaus und suchte fieberhaft nach einem Ausweg, um diesem Wahnsinn doch noch zu entkommen, als ihr plötzlich ihr Elektroschocker in den Sinn kam. Mit etwas Glück lag er noch immer unter dem Beifahrersitz.
    Und während Frank weiter auf die Fahrbahn sah, sank Lara im Sitz zurück und versuchte, mit der rechten Hand unauffällig unter den Sitz zu gelangen.
    Plötzlich schlug Frank mit der Faust auf das Lenkrad und fuhr mit seiner Erzählung fort.
    »Dummerweise ist mir Hendrik vor einiger Zeit zur Höhle gefolgt … Habe ihn gerade noch rechtzeitig bemerkt, bevor er eine Ahnung davon bekam, was ich in dieser Höhle vorbereitet hatte. Er musste mir hoch und heilig versprechen, niemandem ein Sterbenswörtchen zu erzählen.«
    »Und woher hast du von dieser Höhle gewusst?«, fragte sie, um ihn gesprächig zu halten, während ihre Hand weiter nach dem Elektroschocker tastete.
    Komm schon, irgendwo muss dieses Scheißding doch sein!
    »Der alte Burlacher war ’n hohes Tier bei den Nazis und maßgeblich an den Sprengversuchen der Höhle beteiligt. Auf dem Dachboden des Hofs bin ich auf diese verstaubten Pläne gestoßen, durch die ich die Höhle gefunden habe.« Er wandte den Kopf zu Lara. »Zu guter Letzt hat mich noch die Hausmann auf dem Weg zur Höhle abgepasst. Da blieb mir nichts anderes übrig, als den Retter zu spielen.«
    Den Retter.
    »Ich wollte keinesfalls riskieren, dass du unter den Trümmern in dieser Höhle begraben wirst!«, grinste Frank.
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Lara, einen Anflug von Mitleid in seinen Worten vernommen zu haben. Doch sie irrte.
    »Du sollst durch meine Klinge sterben, nach meinen Regeln – schlimm genug, dass mir deine Mutter damals entkommen ist!«
    Durch meine Klinge sterben.
    Lara hatte nicht die geringste Ahnung, wohin sie fuhren. Und wenn sie ehrlich zu sich war, wollte sie es auch gar nicht wissen, allein die Vorstellung, was ihr und Emma blühte, sobald diese Fahrt endete, ließ sie frösteln.
    Die Tachonadel schlug jetzt bis zum Anschlag aus.
    »Aber wie kam Kern an das Tranchiermesser?« Sie musste es einfach wissen.
    Frank fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Wer sagt denn, dass es ein Tranchiermesser war? Die Höhle war schließlich nicht gerade erleuchtet wie ein Baseballstadion.«
    Sie rasten immer dichter an den Klippen entlang, hinter denen es steil bergab ging, während Lara ihre Finger vergeblich nach dem Elektroschocker ausstreckte. Er ist weg!
    Und damit auch ihre letzte Chance, ihrem Schicksal doch noch zu entkommen.
    Lara wich im Sitz zurück.
    »Warum erst jetzt?«, fragte Lara, mehr um Zeit zu gewinnen. »Du hättest mich schon viel früher –«
    »Töten können?«, kam Frank ihr zuvor. »Glaub mir, das hätte ich liebend gerne getan. Genau genommen habe ich Tag und Nacht an nichts anderes denken können. Hast du eine Vorstellung davon, wie viel Überwindung es mich gekostet hat, ausgerechnet mit dem Menschen, den ich am meisten verachte, eine Beziehung zu führen?« Er wischte sich mit dem Ärmel seines Jacketts den Mund ab und schüttelte sich. »Es hat mich
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